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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Riehl
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geschnappt. So ungefähr ist Fügung.«
    Ralf fühlte sich schlecht, richtig schlecht. Und seine Erklärungen klangen bescheuert. Es gab einfach keine guten Worte dafür. Er fröstelte. Sie jetzt umarmen, fest an sich drücken und nie wieder loslassen, schoss es ihm durch den Kopf. Die Bürsten nahmen einen neuen Anlauf, Miriam starrte wütend aus dem Fenster.
    »Hast du mal drüber nachgedacht, dass Fügung jemanden braucht, der sich fügt? Du lebst nicht in der Fernsehwiederholung, sondern jetzt. Du hast eine Wahl. So einen beschissenen Film wie unseren würdest du doch nicht mal ansehen wollen, warum spielst du dann mit?«
    Ralf wusste keine Antwort.
    »Und warum suchst du dir nicht wenigstens eine Rolle, bei der du andere nicht wie Müll behandeln musst?«
    Wieder sah sie aus dem Fenster. Oh Mann, sie hatte ja so Recht, nie hatte irgendjemand so Recht gehabt. Ralfs schlechtes Gewissen hatte kontinentale Ausmaße, aber was sollte er tun? Am liebsten hätte er sie geküsst.
    »Miriam?«
    Er wartete, bis sie ihren Kopf drehte, doch fiel der Kuss etwas unbeholfen aus - verzeih mir, sollte er bedeuten und Ausdruck für die Hoffnung sein, dass sie ihn vermisst hatte wie er sie: den warmen Klang ihrer Stimme, der ihm dieses Zuhausegefühl gab; ihre Berührung, ihren Kuss. Tatsächlich suchte auch sie seinen Mund und - biss ihn in die Lippe. Ziemlich heftig, es tat richtig weh, aber um nichts in der Welt sollte sie aufhören. Sie krallte sich in seinen Nacken, biss ihn in die Schulter, in die Brust, in den Arm, in den Bauch.
    Als sich die Bürsten zurückzogen, war sein Oberkörper mit Bisswunden übersät. Mechanisch fuhr er hinaus, stellte das Auto ab und ging bezahlen. Blicke vom Mann an der Kasse, verwundert bis neidisch - Ralf registrierte sie kaum. In Gedanken war er mit Miriam unterwegs in eine andere Galaxis. Nie wieder würde er irgendetwas tun, nur weil er glaubte, es sei Schicksal - nie wieder mit Hilda nachts am Strand frieren und vor allem nie wieder Bungee mit Kristine, wenn er doch bei Miriam sein wollte. Bei ihr - alles andere war egal. Wie konnte er so blind gewesen sein? Kristine sollte sein Lebensweg sein, Miriam eine Abzweigung? Kristine war eine heiße Dusche, Miriam dagegen der See, tief und weit, mit Wasser, das ihn umgab, umspülte und liebkoste, das ihn sicher trug und in das er eintauchen konnte, um von der Welt zu verschwinden.
    Euphorisch ging Ralf auf das blitzsaubere Auto zu, nie hatte er so klar gesehen: Alle Zweifel, was tun, waren verschwunden. Kristine das Auto zurückbringen, seinen Rucksack nehmen, mit Miriam auf und davon und sie nicht mehr verlassen, bis sie alt und runzlig sein würden und dann auch nicht.
    Nur - Miriam saß nicht drin.
    Nach ein paar Sekunden kroch ein Gedanke durch Ralfs Körper: Sie war weg. Er sah seine Blutergüsse an, tiefrote Abdrücke, jeder einzelne Zahn war zu sehen. Das war Absicht - so konnte er nicht zu Kristine zurück. Aber das wollte er doch auch gar nicht mehr. Er lief in das Gebäude zurück und fragte den Mann an der Kasse und einen Mechaniker, ob jemand sein Mädchen gesehen habe. Sie blickten ihn entgeistert an, als ob er Schaum vor dem Mund hätte. Ralf war elend zumute - sein Inneres fühlte sich zusammengequetscht an, als hätte er sich in eine Schrottpresse gelegt. Jetzt hatte Miriam ihn sitzen lassen, so wie er sie zuvor.

    Er fuhr die Straße ab. Ob auf der falschen oder richtigen Seite - er fuhr einfach da, wo Platz war. Immer wieder sah er in Parks, Seitenstraßen und Cafés nach, Miriam war wie vom Erdboden verschluckt. Das war die Quittung: Wie hatte er sie allein lassen können in Crocodylus? Er war genauso bescheuert wie ihr Freund von damals, der nicht den Mut hatte, sie zu Hause zu besuchen, als sie schwanger war. Bescheuert, einfach total bescheuert.
    Also gut: vorbei. Kristine würde weiter durch Australien touren, und er bliebe hier zurück, in Gesellschaft seiner Schuld und des Gelds seiner Eltern, das er jetzt in Souvenirs eines komplett verpfuschten Urlaubs anlegen konnte.
    An einem Marktplatz hielt er an. Es war längst dunkel, aber hier wurden bis tief in die Nacht für Touristen Bumerangs angeboten, Plüschkängurus, -koalas und -wombats, merkwürdige röhrenartige Musikinstrumente namens Didgeridoo, Crocodile-Dundee-Buschhüte, Schmuck, Essen und Kleidung aller Art. Kleidung! Er hatte fast schon vergessen, dass er mit nacktem Oberkörper herumlief.
    Ein Stand mit alternativen Klamotten bot Leinenhemden an, mit Tiermuster

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