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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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heute hat sie sich standhaft geweigert, sich unseren »Krach« vor Ort anzutun. Und ich weiß, daß Breiti dafür alle Hochachtung empfindet.
    Hat sie etwas verpaßt? Ich weiß nur, daß ich etwas verpaßt habe auf dieser Tour. Wir hatten im Mai die Olympiahalle in München gespielt und wollten nach Neumarkt, als wir vor der Abfahrt noch eine Gaststätte anliefen, um zu essen und zu pinkeln. Ich war der letzte Pisser in der Mannschaft, aus irgendeinem Grund, und als ich wieder auf der Straße stand, war der Hosen-Bus verschwunden. Was dann folgte, hatte sich ein Arschloch von Schicksal ausgedacht.
    Ich hielt einen Wagen auf, um den Bus wieder einzuholen, aber der Kerl da drin rief »Schleich di!« und drohte mir Prügel an. Ich rief nach einem Taxi, aber es kam keins. Als ich nach einer halben Stunde doch eines erwischte, ließ ich mich zur Autovermietung fahren. Aber es war der letzte Bundesliga-Spieltag und ein Heimspiel für Bayern München, und gleichzeitig fand irgendeine große Messe statt. Es gab keinen Leihwagen, keinen Leihtransporter, es gab nichts, was Räder hatte und fuhr. Und als ich mir gerade vorstellte, wie die Jungs auf der Bühne stehen und einer sagt »Wo ist Wölli?«, genau da kam ein Japaner mit einem Autoschlüssel in das Sixt-Büro -das war der Weihnachtsmann.
    Es wäre vielleicht wirklich so gekommen, daß bis zum ersten Takt vom Set niemand was gemerkt hätte. Als ich in Neumarkt eintraf und mir den Ärger über das Intermezzo aus dem Leib brüllte, verstand man mich einfach nicht. Keinem aus dem Bus war bis jetzt aufgefallen, daß ich gefehlt hatte! Bis heute gehört deshalb die Frage »Kommt Wölli mit?« zum Standard-Extro an allen Raststätten, wenn wir auf Tour sind. Bestimmte Geschichten bleiben an einem kleben.
    Dabei ging es mir noch gold. »Napp«, unser holländischer Light-Rigger, der Klettermann in der Licht-Traverse, hat den gleichen Film einmal in ganz anderem Outfit mitgemacht. Er war nachts in Unterhose und auf Badelatschen, eine Decke um die Schultern, zum Pinkeln ausgestiegen - so stand er nachher da und sah die Rücklichter vom Crewbus in der Novembernacht verschwinden...
    Es gab Abende, wo ich mich einfach großartig fühlte; wo ich fand, daß alles aufs Beste aufgegangen war, was wir in all diesen Jahren durchgezogen hatten. Die beiden Gigs in der Berliner Deutschlandhalle absolvierte ich fünf Zentimeter über meinem Hocker. Ich schwebte, angesichts dieser gewaltigen, enthusiastischen Menge. Dafür fand die Tour dann in Koblenz einen schwachen Abgang. Es war so, als würde man gleich nach der Meisterschaft sofort in die zweite Liga abstei-gen, denn das Gros der Kids in der Koblenzer Sporthalle stand uns ziemlich reglos und stumm gegenüber.
    Immer wieder mal gibt es solche Abende, und wer öfter auf Konzerte geht, weiß, daß es so nicht funktioniert. Es reicht nicht, sich ein Ticket zu kaufen und darauf zu warten, daß jetzt irgendwas passiert. Du solltest dir wetterfeste Kleidung anzie-hen und dich selbst einbringen, wenn du Spaß haben willst bei den Hosen. Sonst kann die Party einfach nicht steigen.
    Ein paar Wochen später hätten sie sehen können, wie es geht. Wir waren nach Istanbul eingeladen und hatten keine großen Erwartungen. Wer kannte uns da schon, wer würde kommen ? Aber dann waren es dreitausend, die völlig außer sich gerieten und nicht mehr zu halten waren. Wir standen auf einer Freilichtbühne, vom pogenden Pulk durch einen Wassergraben getrennt, wie Elefanten auf einer Insel im Zoo. Die türkischen Kids begannen, mit Sand und kleinen Steinen zu werfen, ping-ping! machte es auf meinen Becken. Es war nicht böse gemeint, es war einfach so. Und dann war Campi so vorlaut, alle auf die Bühne zu rufen, denn im nächsten Moment drängelten und drückten sich wirklich alle über diese kleinen Holzstege auf die Insel und drehten völlig durch.
    Es war Wahnsinn. Sie nahmen uns in Beschlag und unsere Anlage, um ein paar Souvenirs zu ergattern, sie schraubten alles auseinander und verschwanden damit ins Irgendwo. In dem allgemeinen Chaos gelang es mir einmal, eine Gitarre in Sicherheit zu bringen, doch genau in diesem Moment montierten sie an meinem Schlagzeug die Becken ab. Es war der Angriff einer Riesenheuschreckenart, die sich offenbar von Euphorie und Musikinstrumenten ernährte und deren Weg nun einmal genau über unsere Plantage lief. Und daran waren wir nicht unschuldig, denn wir hatten diese Schwärme schließlich selber angelockt.
    Aber es war

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