Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte
Postkarte, 1993, gez. »Sascha«)
»An den Müllhaufen FC Total tote (Sau) Hosen. Tote Hosen sollen verrecken und dann ab nach Ausschwitz. FC Bayern Fans gegen links, FC Bayern Hooligan Front. Im Namen von Hunderten Rechtsradikalen + Nationalen FC Bayern Fans + Hools werden wir Euch bekämpfen, bis die letzte Tote Hosen Sau fällt. Rotfront verrecke, ihr bleibt alle auf der Strecke. Passt bloß auf. Wir kriegen Euch alle, ihr linken Zecken-Bastarde.« (Anonyme Postkarte, 1995, gez.
»Skins, Hooligans + Deutsche Kameraden gegen linke Zek-ken«)
»Wenn ihr schon zu stinkreichen Hitparadenstürmern geworden seid, dann nennt euch bitte nicht eine Punkband. Ihr verarscht und verkauft damit den ganzen Punk! Legt euch mit Nina Hagen in ein Grab und fickt sie bis ihr nicht mehr könnt...« (Brief, 1990)
Der große Campino.. .Wenn ich es darauf anlegte, könnte ich mich inzwischen von Promi-Buffets und Talkshow-Drinks ernähren.Jede Woche faxt uns irgendeine Kopfjäger-Agentur die Einladung zu irgendeiner neuen Laberrunde irgendeines Fernsehsenders. Bei den Heimspielen der Fortuna habe ich meine ganz persönliche Sitzschale auf der Tribüne. An der Brehmstraße sehe ich meinem Freund Uli Hiemer und dem Rest der DEG immer als Gast zu. Für das Staatstheater in Bonn dürfen wir Bühnenmusik machen, für das Goethe-Institut verstreuen wir deutsches Kulturgut in die Welt. Wir haben Fans von Buenos Aires bis Budapest, und jeder zweite Sekundaner und jede Sekretärin mit einem Rest von Pep sagt unsere Songtexte auf. Im Büro sortiert ein Hardcore-Hosen-Fan, Brigitte, die uns nur allzuoft in unserer ganzen, breitwandartigen Durchschnittlichkeit erlebt, die tägliche Flut von Briefen, Kassetten, Fotos, gestrickten Pullovern, Maskottchen, Bonbons und Kondomen in allen möglichen Farben und Stachelformationen.
Ist es ein völliges Scheißamt, Aushängeschild zu sein? Nochmal ein paar O-Töne.
»Lieber Andreas,... in meinem letzten Brief habe ich Dir etwas verschwiegen - und das ist das ich dich liebe, ich habe am Anfang gar nicht gewußt, das Du ein Star bist, meine Freundin hat mir von dir ein Original-Foto gezeigt, da war ich grad mal 11 Jahre alt mit 12 Jahren wußte ich erst wer du wirklich bist nämlich Campino vorher wußte ich nur das du Andreas Frege bist...« (Brief, 1995)
»Halli Hallo! Na wie geht es euch mir geht es echt super nur vor ein paar Wochen hatte ich Windpocken das war doof. Und was macht ihr so. Ich finde es schade das es in der Bravo keine Poster von euch gibt wie ich gesehen habe noch gar keine wieso denn nicht?...« (Brief, 1988)
»Leck mich, fick mich, und laß mich deine Liebe spüren...« (Brief, 1993)
«... Meine Freundin glaubt mir einfach nicht, daß Eure bisherigen Antworten auf meine Briefe echt sind. Sie sagt, Ihr hättet bestimmte Leute dafür, die die Briefe schreiben und setzen nachher noch irgendeine gefälschte Unterschrift darunter. Unglaublich, oder!?« (Brief, 1992)
»Hallo Campino! Ich würde mich freuen von Dir ein Autogramm zu erhalten. Ich bin ein großer Fan von den »Toten Hosen«, doch besonders gefällt mir Eure Werbung für Ero-tim Superdry feucht, den Germania Sprachkurs und die Kettensäge ...« (Brief, 1993 - nach der Veröffentlichung der CD »Kauf mich!«)
»Bananenkuchen für zwei Personen.. .Zubereitung: man nehme die gutgeformten Beine auseinander...« (Brief, 1991) »Lieber Andreas!... Eigentlich will ich dich gar nicht mit meinen Problemen nerven, aber ich muß dir einfach schreiben !... Ich bin so unten und fall immer tiefer! Kannst Du mir nicht irgendwie helfen, denn ich sehe langsam keinen Sinn mehr in dem ganzen Scheiß! Du würdest mir so helfen wenn Du mir vielleicht schreiben könntest (Briefmarken habe ich mit reingelegt!)...« (Brief, 1994)
Wer ist das eigentlich, dieser »Liebe Andreas« ? Soll ich das sein? Dieser lange Typ mit dem kleinen, vorne irgendwie zerknautschten Schädel, der vor dem ersten Kaffee sowieso nicht ganz durchblickt und danach versucht, das Niveau zu halten? Zehn Jahre lang haben Andi, Kuddel, Breiti, ich und die anderen unsere Fanpost ausschließlich selbst beantwortet, bevor wir auch diesen Vorgang etwas industrialisierten. Das Recht dazu haben wir uns hart erarbeitet. Man kann einfach nicht sechzehnmal mit der gleichen Ehrlichkeit und Überzeugung auf die Briefe einer Vierzehnjährigen aus Haselünne bei Oldenburg reagieren, die einem von den Freundinnen in ihrer Klasse erzählt. No way! Und es wäre staatstragende Hühnerkacke
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