Bitte sagen Sie jetzt nichts
Gemeinschaft zu leben. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Riesenaufmärsche nicht und habe auch keinerlei Verständnis für Kundgebungen, die irgendeine Gemeinschaft unterstreichen sollen. Wenn die Leute auseinandergelaufen sind, brüllen sie sich doch wieder an, erzwingen die Vorfahrt oder stellen ihr Radio nicht auf Zimmerlautstärke. Ich verstehe unter Gemeinschaft einfach das Zusammenleben von Menschen, die miteinander auskommen, ohne sich gegenseitig auf die Füße zu treten. Und ein Mann, der seinen Mitmenschen auf die Füße tritt, womöglich auch noch berufs-und regelmäßig, der würde mich als neues Familienmitglied enttäuschen.
Das Magazin Würden Sie ihm das Haus verbieten?
Loriot Nein, denn damit täte ich meiner Tochter ja keinen Gefallen. Sie würde unter ihrem Mann genug zu leiden haben, so dass ich sie nicht auch noch verärgern müsste.
Das Magazin Was wollen Sie mit Ihrem Publikum, wollen Sie es ärgern, amüsieren oder anregen ...?
Loriot Ich möchte amüsieren, unterhalten. Aber damit möchte ich die Leute zugleich nachdenklich und kritikfähig machen. Ich halte gar nichts von Agitation. Ich glaube, dass Agitation in der Form des Kabaretts und der Demonstration tot ist. Was die Studenten über viele Jahre getan haben, war sehr sinnvoll, weil es die Leute einmal durchgeschüttelt hat. Aber jetzt beginnen sie sich einen Panzer anzuziehen und ihr Visier zu schließen, weil sie dann weniger angreifbar und verletzlich sind. Wenn man ihnen aber in der Form der Unterhaltung, des Witzes vorbeikommt, dann bleibt das Visier offen, und man kann viel besser zuschlagen und treffen.
Das Magazin Sind Sie ein Optimist oder ein Pessimist?
Loriot Ein Optimist! Was allerdings die eben angesprochene Erziehbarkeit der Menschen betrifft, bin ich ein Pessimist.
Das Magazin Warum machen Sie trotzdem weiter?
Loriot Weil man vielleicht doch kleine Fortschritte erzielt. Ich glaube, dass man gerade Menschen, bei denen nur etwas verschüttet oder verdeckt ist, kriegen kann. Aber die wirklich Dummen, von denen wir anfangs sprachen, bei denen ist Hopfen und Malz verloren. Die werden dereinst den Bienenstaat, auf den wir zugehen, bevölkern. Die wird man einordnen können, die werden dazu erzogen werden, dass sie funktionieren und nicht gegen die Gemeinschaft leben, aber kapieren werden diese Menschen nichts.
Das Magazin Was halten Sie für Ihre guten und was für Ihre schlechten Eigenschaften?
Loriot Also, da fange ich gleich mal mit den guten an. Ich glaube, ich bin sehr verlässlich. Es gibt keine Termine, die ich nicht einhalte, und zu Verabredungen erscheine ich pünktlich. Dann versuche ich, wenn möglich, immer bei der Wahrheit zu bleiben - und das grenzt auch schon an eine negative Eigenschaft. Ich neige nämlich zu absoluter Objektivität.
Das Magazin Wieso ist das schlecht?
Loriot Das bedeutet, dass ich mich nicht einseitig engagieren kann. Ich sehe bei einem Studenten, der in unverantwortlicher Weise die öffentliche Ordnung gefährdet, Warenhäuser anzündet und Sprengbomben legt, genauso den Funken Berechtigung wie bei einem Rechtsextremisten, der sagt, wir können diese Menschheit nur mit Knüppeln und Polizeigewalt zurechtbiegen. Beide sind mir gleich unangenehm, aber beide haben in einem bestimmten Punkt recht. Und dieses »etwas Richtige in allem« kann ich nicht übersehen. Ich halte das ebenso für einen Vorteil wie für eine Schwäche.
Das Magazin Es ist doch menschlich ein Vorteil...
Loriot Ja, aber in der Effektivität natürlich nicht; denn ich gehöre damit zu den sogenannten Liberalen, die gar nichts bedeuten. Sie spielen höchstens das fatale Zünglein an der Waage. Persönlich engagiere ich mich natürlich für eine Seite, aber beruflich nicht, und das bringt mir gelegentlich Misstrauen und Feindschaft ein. Heute neigt man dazu, extrem zu denken. Es ist chic, und das finde ich eigentlich charakterlos.
Das Magazin Wofür engagieren Sie sich beruflich?
Loriot Mich interessieren menschliche Eigenschaften. Die liebenswerten, aber auch die unangenehmen Schwächen. Unabhängig davon, ob die Menschen rechts oder links sind. Darum habe ich ja auch einen Typ geschaffen, der so extrem durchschnittlich ist, dass er für alle Menschen steht: das Männchen mit der Knollennase. Aber Sie wollten meine negativen Eigenschaften kennenlernen ...
Das Magazin Haben Sie noch mehr?
Loriot Ja, ich bin vielleicht ein bisschen zu empfindlich. Wenn ich mir große Mühe gegeben habe, und dann kommt eine
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