Hornblower 11 - Zapfenstreich
Hornblowers Plan
Hornblower during the crisis (1967)
1. Kapitel
Hornblower hatte schon erwartet, daß es klopfen würde, denn er hatte durch sein Kajütenfenster genug gesehen, um zu erraten, was draußen vor sich ging.
»Wasserleichter kommt längsseit«, meldete Bush mit dem Hut in der Hand. »Danke, Mr. Bush.« Hornblower war innerlich aus dem Gleichgewicht und darum etwas gereizter Stimmung.
Jedenfalls war er nicht geneigt, Bush das Leben leichter zu machen.
»Der neue Kommandant ist an Bord, Sir.« Bush war sich über Hornblowers schlechte Stimmung völlig im klaren, aber er besaß nicht genug geistige Wendigkeit, um damit fertig zu werden.
»Danke, Mr. Bush.« Es war einfach grausam, einen armen Teufel geflissentlich hochzunehmen, der sich so gut wie gar nicht wehren konnte. Hornblower gab sich Rechenschaft, daß sein Verhalten ihm selbst keine Freude machte und Bush nur in Verlegenheit brachte. Er nahm sich vor, der Unterhaltung wenigstens etwas von ihrer dienstlichen Steifheit zu nehmen.
»Nun, Mr. Bush, haben Sie jetzt vielleicht ein paar Minuten für mich übrig?« sagte er. »Nach Ihrer eifrigen Tätigkeit während der letzten zwei Tage ist das vielleicht eine Abwechslung für Sie.«
Das war weder anständig noch freundlich. Bush verriet ihm durch seinen Ausdruck deutlich genug, was in ihm vorging. »Ich hatte meine Pflicht zu tun, Sir«, murmelte er.
»Natürlich, Sie mußten ja die Hotspur für den neuen Kommandanten tiptop in Schuß bringen.«
»Ja - jawohl, Sir.«
»Natürlich, ich habe ja hier nichts mehr zu sagen und zähle daher nicht mehr mit.«
»Aber Sir!«
Obwohl Hornblower nichts ferner lag, konnte er doch nicht umhin zu lächeln, als er Bushs unglückliche Miene sah.
»Ich freue mich, Ihnen anzusehen, Mr. Bush, daß Sie doch nur ein Mensch sind wie andere auch. Zuweilen habe ich ernstlich daran gezweifelt. Ich hätte mir keinen besseren Ersten Offizier denken können.« Bush brauchte ein paar Sekunden, um mit dieser unerwarteten Anerkennung fertig zu werden.
»Ich danke Ihnen sehr für dieses Urteil, Sir. Das ist mehr als ich mir erwarten durfte. Aber schließlich war doch alles Ihr eigenes Werk.« Jetzt drohte die Gefahr, daß sie im nächsten Augenblick auf den schlüpfrigen Pfad der Gefühlsduselei gerieten. Das durfte nicht sein, er hätte es nicht ertragen.
»Zeit, daß ich an Deck gehe«, sagte Hornblower, »das beste ist, wir verabschieden uns gleich hier, Mr. Bush. Ich wünsche Ihnen unter Ihrem neuen Kommandanten Glück und Erfolg.«
Er gab der Stimmung des Augenblicks so weit nach, daß er Bush die Hand reichte, die dieser dankbar ergriff. Es war ein Glück, daß er vor Rührung nur ein: »Leben Sie wohl, Sir« über die Lippen brachte. Hornblower eilte im Geschwindschritt durch die Kajütentür hinaus, und Bush folgte ihm auf dem Fuße.
Als der Wasserleichter jetzt längsseit der Hotspur anlegte, gab es sofort eine Menge Ablenkung. Wohl war die Bordwand des Leichters von vorn bis achtern mit aufgerollten alten Segeln und mit Sandsäcken als Fendern geschützt, dennoch war es auch in dem geschützten Winkel dieser kleinen Bucht eine knifflige Aufgabe, eine Leinenverbindung zwischen beiden Schiffen herzustellen und sie zusammenzuholen. Von dem Wasserleichter wurde unter lautem Geklapper eine Stelling herübergeschoben, um die Lücke zwischen den beiden Decks zu überbrücken; dann machte sich ein stämmiger Mann in großer Uniform als erster daran, diesen unsicheren Steg zu überqueren.
Er war sehr groß, mindestens einen Meter neunzig, und schwer gebaut. Anscheinend stand er in mittleren Jahren, womöglich schon darüber, das verriet sein grauer Haarschopf, als er jetzt seinen Hut lüftete. Die Bootsmannsmaate pfiffen laut Seite, und die beiden Trommler des Schiffs schlugen dazu einen nicht ganz sauberen Wirbel. »Willkommen an Bord, Sir«, sagte Hornblower.
Der neue Kommandant zog ein Papier aus der Tasche, faltete es auseinander und begann zu lesen. Ein Ruf Bushs bewirkte, daß jedermann an Deck die Mütze zog, so daß der Akt mit der gebotenen Feierlichkeit ablief. »Der nachfolgende Befehl wurde von uns, William Cornwallis, Vizeadmiral der roten Flagge, Ritter des ehrwürdigsten Bathordens und Befehlshaber Seiner Majestät Schiffe und Fahrzeuge der Kanalflotte, an James Percival Meadows Esquire -«
»Ja glaubt ihr denn, ich habe den ganzen Tag Zeit?« ertönte da eine Stentorstimme vom Deck des Leichters. »Wer nimmt hier denn endlich die Schläuche wahr? Herr
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