Bitte Zweimal Wolke 7
es richtig schick, mit Hallenbad und beheiztem Außenpool, Wellness- und Saunabereich und viel Platz zum Faulenzen. Vor allem aber hat es einen 10-Meter-Sprungturm und dazunatürlich ein Sprungbecken. Und das braucht man zum Tauchen, damit man tief genug runterkann. Sagt jedenfalls Kim. Von der ist nach wie vor nichts zu sehen. Hoffentlich lässt sie mich nicht hängen. Sie war gestern Abend am Telefon schon so komisch. Schlecht drauf irgendwie. Ich habe sie gefragt, ob sie Stress mit ihrem Chat-Lover hat, aber sie wollte nicht darüber reden.
Ich habe dann nach unserem Gespräch endlich Mama angerufen. Lust hatte ich überhaupt keine, schon gar nicht nach der Diskussion mit meinem Vater. Aber zum Glück war meine Mutter ziemlich in Eile. Ich hatte sie wohl kurz vor irgendeinem nächtlichen Imbiss erwischt. Die scheinen in diesem Hotel echt nur zu essen.
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, was die hier alles auftischen. Heute gab es zum Dessert sieben verschiedene Sorten Schokoladenmousse, unglaublich«, erklärte sie mir euphorisch.
»Na, dann brauchst du ja bald neue Klamotten«, zog ich meine stets auf ihre Figur bedachte Mutter auf.
»Ich hoffe, nicht. Wir arbeiten tagsüber ja auch ordentlich und zwischendurch machen wir ausgedehnte Wanderungen über die Insel. Da läuft sich das wieder ab. Sag mal …« Ich höre Schranktüren klappern und Wasserrauschen im Hintergrund. »Soll ich das kleine Schwarze oder das Rote mit dem tiefen Rückenausschnitt anziehen? Was meinst du?«
»Äh … keine Ahnung. Mama, es ist schon 23:00 Uhr. Willst du noch mal weg?«
»Aber Schatz, es ist Sommer! Carpe diem!«, zwitscherte meine Mutter ins Telefon.
»Mama, hast du was getrunken?«
Meine Mutter lachte so laut, als hätte ich den besten Witz des Tages gemacht. Das Wasserrauschen im Hintergrund hörte auf.
»Meine große vernünftige Tochter. Du hättest mitkommen und auf mich aufpassen können.« Sie lachte immer noch.
Ja, das hätte ich vielleicht. Wenigstens hat sie mich nicht mehr nach Anna gefragt.
»Ich nehme das Schwarze, für das Rote bin ich noch nicht braun genug.« Stoffrascheln.
Und eine Stimme. »Ich bin fertig. Können wir los?« Eine männliche Stimme.
»Mama??!!«
»Kannst du mir mal eben den Reißverschluss …? Ja, Schatz?«
»Mama, wer ist da bei dir im Zimmer?«
»Schatz, ich muss jetzt los. Wir kommen zu spät. Ich ruf dich morgen wieder an, okay?«
»Mama, wer war das eben?«
»Nur ein Kollege. Mach dir keine Sorgen. Ich melde mich. Viel Spaß in Hamburg.« Aufgelegt.
Mein Vater verliebt sich in Schweinemedaillons, meine Mutter schleppt einen Kollegen ab und ich knutsche mich durch die Cyberwelt. Irgendetwas hat mein Leben gründlich aus der Umlaufbahn geschossen!
»Hallo, Karo! Träumst du? Dann sag mir gleich, von wem!« Kim hat sich von hinten angeschlichen und hält mir die Augen zu.
»Frag besser nicht. Mein Leben ist gerade der reinste Albtraum.«
»So schlimm?«
»Schlimmer. Komm, gehen wir rein. Bestimmt sind die anderen schon im Wasser.«
Als ich in meinem neuen Badeanzug die Damenumkleide verlasse, fühle ich mich nackt. Sehr nackt. Und ziemlich dick. Die Idee, Stefan in einem Tauchkurs anzubaggern, kommt mir plötzlich völlig idiotisch vor. Ich wickele mir noch schnell ein großes Badehandtuch um und folge Kim nach draußen.
Auf der Wiese vor dem Außenbecken sitzen 15 Leute und schauen uns erwartungsvoll entgegen. Ein paar kenne ich. Meike ist da, Chiara auch, weiter hinten sehe ich Pascal, neben ihm Kessi. Das Gesicht, das ich suche, ist aber nicht dabei.
»Hallo, Kim, hallo, Karo! Da seid ihr ja endlich. Gut, dann können wir anfangen.« Am Beckenrand steht ein Typ Marke Bademeister, allerdings nicht in weißen, sondern in blauen Sportklamotten. Sein Alter kann ich schlecht schätzen, auf jeden Fall älter als wir alle hier. So 25 vielleicht oder 30. Auf dem Kopf trägt er eine Baseballkappe mit dem Emblem des Tauchvereins. Das weiß ich, weil das gleiche Emblem auch auf der Anmeldung zum Kurs war. Das muss Markus sein, unser Tauchlehrer. Unter dem Arm hat er ein Klemmbrett mit einer Namensliste. Jetzt weiß ich auch, woher er unsereNamen kennt. Weil wir zu den Letzten gehörten. Jetzt fehlt nur noch Stefan.
Mein Herzschlag setzt aus, als ich ihn den Weg entlangkommen sehe – nur mit einer schwarzen Badehose bekleidet. Er schleppt zwei riesige prallvolle Sporttaschen und stellt sie genau vor unseren Füßen
ab. Ich starre auf seinen nackten braun gebrannten
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