Bitte Zweimal Wolke 7
bist du noch wach?« Es klopft. Papa.
Nixe: Wenn man vom Teufel spricht. Mein Vater will was von mir. Ich mache hier mal aus. Cu.
Damian17: Alles klar. War nett, mit dir zu plaudern. Cu und bis bald mal.
»Ja, komm rein, ich bin noch wach.« Hektisch klappe ich mein Notebook zu und drehe mich zu ihm. Irgendwie sieht er ein bisschen verloren aus und müde, denke ich plötzlich und vergesse fast, dass ich immer noch sauer auf ihn bin.
»Na, Große, wie war dein Tag?«
Nanu, was soll das denn für ein Gespräch werden? Ich zucke mit den Schultern. »Ging so. Ich war mit Kim in der Stadt. Wir haben einen Badeanzug gekauft.«
»Ah, schön. Was hat er gekostet? Ich bezahl ihn dir.« Papa zieht seine Brieftasche aus der Jeans und sieht mich erwartungsvoll an. Hallo? Ich nehme gerne jeden Cent von ihm, aber was soll das denn werden? Ein Bestechungsversuch? Oder das pure schlechte Gewissen?
»Wolltest du eigentlich was Bestimmtes von mir?« Angriff ist oft die beste Verteidigung.
»Karo, es tut mir leid, dass ich so wenig Zeit für dich habe.« Papa wischt sich mit der Hand über die Stirn.
»Ach, schon okay. Ich komme klar. Ich hab ja Kim.«
»Wegen heute Morgen, das tut mir auch leid.«
»Mhm.«
»Ich hätte nicht so schimpfen sollen. Aber Anna war so außer sich. Und Frauen, die weinen, machen mich immer schrecklich hilflos.«
Gegen meinen Willen muss ich grinsen. »Mich auch.«
Papa lacht.
»Aber sie hätte ja auch nicht gleich so ausrasten müssen. Ich habe doch nur ein paar Tampons gesucht.« Da muss erjetzt durch. Bevor er glaubt, mit einem blöden Spruch ist alles wieder gut.
»Tampons? Wieso? Ach so, ja. Aber du hättest doch fragen können.«
»So was fragt Frau halt nicht so gerne. Und ich kenne Anna ja gar nicht.«
»Hm, ich weiß. Anna hat auch schon mit mir geschimpft, weil ich dir so wenig von ihr erzählt habe. Aber weißt du, ich hatte einfach Angst, dass du nicht verstehen würdest, wie wichtig Anna für mich ist.«
Irgendwie wird mir dieses Gespräch gerade zu viel. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Die Wahrheit ist, dass ich die wichtigste Person in seinem Leben sein will. Ich schaffe es nicht, in Anna das zu sehen, was mein Vater in ihr sieht: ein neues Mitglied unserer Familie. Für mich ist sie einfach eine Person zu viel in dieser Wohnung.
»Ich verstehe, dass du sie magst. Aber muss sie deswegen gleich hier einziehen?«
»Karo, ich möchte mit Anna zusammenleben. Es ging mir schon lange nicht mehr so gut wie mit ihr. Schau, du wirst nach den Ferien wieder zurückfahren nach Frankfurt. Dann wäre es ohne Anna sehr einsam hier in der Wohnung.«
»Du hättest ja gar nicht erst nach Hamburg ziehen müssen«, platzt es aus mir heraus.
»Ach, Karo.« Papa drückt mir einen Fünfziger in die Hand und steckt seine Brieftasche ein. »Versuch, ein bisschen nett zu Anna zu sein, ja? Bitte. Mir zuliebe. Für sie ist es auch nichtleicht, plötzlich eine so große Stieftochter zu haben. Sie ist ja gerade mal fünfzehn Jahre älter als du.«
Womit die Frage geklärt wäre, wie alt Anna eigentlich ist. 15 Jahre. Damit ist unser Altersunterschied exakt so groß wie bei Damian und seiner Schwester Lilli. Anna könnte meine große Schwester sein. Ist sie aber nicht. Und meine Stiefmutter ist sie schon gar nicht.
Mein Handy klingelt. Ein Blick auf mein Display zeigt mir, dass es Kim ist. Ich drücke den Anruf weg.
»Das war Mama. Ich soll ihr erzählen, wie Anna ist.«
Seufzend verlässt mein Vater das Zimmer.
Ich werfe mich auf mein Bett und wähle Kims Nummer.
»Viel Spaß heute! Was sagt man beim Tauchen? Gut Gluck?« Papa reicht mir lachend meine Badetasche aus dem Auto. Zum ersten Mal seit ich in Hamburg bin, fühlt sich mein Vater wieder so an wie früher. Aber wir waren während dieser kurzen Autofahrt von der Wohnung zum Schwimmbad auch zum ersten Mal allein.
Mit Kim bin ich vor dem Eingang verabredet, aber sie ist noch nicht da. Überhaupt ist es ungewohnt ruhig hier vor dem
Kaifu
. Aber wer geht auch in den Sommerferien freiwillig morgens um 9:00 schwimmen? Ich finde es auch nicht so prickelnd, dass Markus und Stefan den Tauchkurs so früh angesetzt haben, aber Kim meinte, dass wir den kompletten Bereich unter dem Sprungturm brauchen und es dort später zu voll wird, um ihn einfach abzusperren. Der Name Kaifu kommt übrigens von Kaiser-Friedrich-Ufer. Das
Kaifu
ist das älteste Bad Hamburgs. 115 Jahre hat es schon auf dem Buckel, aber das sieht man ihm nicht an. Eigentlich ist
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