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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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eine Zigarette haben?«
    Ihre Hand zitterte zwar, als sie sie aus der Packung zog, aber insgesamt wirkte Melanie wie befreit. Die Wirkung der Beichte, dachte Lorinser. Und die Sorge, ihre Mutter könnte über ihn von der Liaison mit Böse erfahren, war ihr nach seinem Versprechen jetzt auch genommen. Dennoch blieb unbeantwortet, wieso sie die Offenlegung fürchtete. Weil sie ahnte oder wusste, dass sie ihre Mutter als Gespielin Böses abgelöst hatte?
    Er betrachtete ihr Gesicht, auf dem der Alkohol und die Tränen ihre Spuren hinterlassen hatten. Ihre Augen, in denen noch immer die Schatten der Furcht dräuten, ihre unkontrollierten Handbewegungen, als sie die Flasche absetzte, sich die Zigarette zwischen die aufgesprungenen Lippen klemmte und sich mit zitternden Händen Feuer gab. Eingehüllt in die Decke, erschien Melanie ihm wie ein gehetztes Tier, das sich in letzter Not in eine Höhle geflüchtet hatte, aber nicht überzeugt war, gerettet zu sein. Sie tat ihm leid. Dennoch entschloss er sich, seinen Pfeil ins Blaue abzuschießen.
    »Sie wussten natürlich, dass die Beziehung Ihrer Mutter zu Thorsten keine rein geschäftliche war?«
    Melanie biss sich auf die Lippen. Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Likörflasche, senkte dann den Kopf und blickte angestrengt auf ihre Füße. Steinbrecher, der mit verschränkten Armen an der Hauswand lehnte, nickte, auf den Lippen ein wissendes, geradezu siegesgewisses Lächeln.
    Sie weiß es, dachte auch Lorinser eher ernüchtert als triumphierend. Und wahrscheinlich auch, dass sie lediglich der Illusion ihrer großen Liebe begegnet ist. Und als sie schließlich den Kopf hob, an ihm vorbei in den Garten sah und eingestand, schon in Freiburg Zeuge des mütterlichen Liebesrausches geworden zu sein, verspürte er nichts weiter als Mitleid mit diesem unseligen Menschlein, dessen Leben dazu bestimmt zu sein schien, unentwegt in Scherbenhaufen zu landen. Er suchte nach Worten, um ihr wenigstens den Hauch eines Trostes zu spenden. Aber was er herausbrachte, war lediglich die Wiederholung der Versicherung, ihr Geheimnis zu wahren. So hohl das Versprechen in seinen Ohren klang, für Melanie war es erneut Anlass, sichtlich befreit aufzuatmen.
    »Danke«, sagte sie erleichtert. »Kann ich jetzt hineingehen?«
    »Nur eine Frage noch«, sagte Steinbrecher, Lorinser mit verschwörerischem Blick und einer abweisenden Handbewegung auffordernd, sich nicht einzumischen. »Wenn ich richtig liege, befand sich im Haus eine Porzellanfigur … Ich meine den arabischen Reiter mit Pferd, in etwa vierzig Zentimeter hoch … Sie wissen, welche ich meine?«
    »Ein Reiter mit Pferd?« Melanies dünne Brauen trafen über der Nasenwurzel zusammen. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, weiß ich nicht. Wo soll sie denn sein?«
    Steinbrecher stieß sich von der Hauswand ab. Ziemlich frustriert, fand Lorinser, weil Melanie nicht die erwartete Antwort gegeben hatte. »Sie kennen sie also nicht? Haben Sie nie gesehen?«
    »Nicht, dass ich wüsste, nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Vielleicht bei Ihrer Mutter oder bei Ihrem Bruder?«
    »Nein!«, sagte sie entschieden. »Aber wenn Sie wollen, können Sie reingehen und nachsehen.« Sie riss die Terrassentür auf. Der Hund schoss hinaus und sprang an ihr hoch. »Lass das, Aisha!«, blaffte sie und stieß ihn mit dem rechten Knie von sich.
    »Das muss nicht sein«, sagte Steinbrecher mit einem Achselzucken, während der Hund erneut zum Sprung ansetzte. »Wann kommen denn Ihre Mutter und Ihr Bruder zurück?«
    Melanie zwang den Hund am Halsband zu Boden. »Die holen einen Anhänger ab, weil Moritz ein paar Sachen nach Freiburg bringen soll. Und wie ich sie kenne, werden sie dann erst mal groß essen gehen. Das kann dauern. Zehn, elf? So um den Dreh, würde ich sagen.«
    »Wo sie den Anhänger leihen, wissen Sie auch?«
    »Keine Ahnung«, sagte Melanie und schob den widerstrebenden Hund ins Haus zurück. »Ich weiß nur, dass sie nach Diepholz gefahren sind. Wenn Sie wollen, gucke ich im Telefonspeicher nach, welche Nummer die angerufen haben. Wollen Sie?«
    »Gerne«, sagte Steinbrecher und zog sein Notizbuch, um sie aufzuschreiben. Melanie ging ins Haus, schloss sie Tür, um sie wenig später noch einmal zu öffnen. Sie kam heraus, reichte Steinbrecher ohne Kommentar einen Zettel, nahm die Flasche und ging, ohne ein Wort zu sagen, zurück. Sie drehte sich um, blickte Lorinser an und hob die Flasche.
    »Die kommt in die Tonne«, sagte sie, ehe sie die Tür hinter

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