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Bizarre Beziehungen - V 1.0

Bizarre Beziehungen - V 1.0

Titel: Bizarre Beziehungen - V 1.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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In den meisten davon hatte er allein gelegen. In anderen ... Eine Erinnerung an bleiche Haut, smaragdfarbene Augen und exotische grünschwarze Haare stieg in ihm auf. Clive blinzelte die Erinnerung davon, und in den Augen standen ihm plötzlich die Tränen. Er konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart.
    Eine ältere Person lag im Bett, den Rücken an die Wand gestützt. Dünne Strähnen grauweißen Haars lagen auf dem nahezu kahlen Kopf. Ein Backenbart von gleicher Farbe wuchs an den Wangen entlang, die ihrerseits papiertrocken und blaß waren. Diese Todesgestalt hob einen weißgekleideten Arm und zeigte mit zitterndem Finger auf Clive.
    »Er ist's!« Die Stimme war schwach und zitterte, aber die Worte waren deutlich. Das ausgemergelte Gesicht wandte sich zur Seite, und der alte Mann sagte erneut:
    »Er ist's!«
    Clive folgte der Blickrichtung des alten Mannes. Zum erstenmal wurde er sich einer zweiten Gestalt im Zimmer bewußt: eine hohe schlanke Frau, die von Kopf bis Fuß in ein Gewand von mitternachtsblauer Farbe gehüllt war. Als Clive sie näher betrachtete, fiel ihm auf, daß das Haar, obwohl streng zu einem Knoten im Nak-ken zurückgekämmt, lang und füllig und von schimmerndem Schwarz war, das in dem schwachen Lampenlicht wie das Messing auf dem Schreibtisch leuchtete. Die Gestalt, wenngleich schlank, war gleichwohl anmutig und hätte unter anderen Umständen sogar als sinnlich gelten können.
    Ihm fiel auf, daß das Gewand nicht völlig schwarz, sondern mit purpurroten Streifen verziert war, die fast ins Magentarot übergingen.
    Und das Gesicht... Selten hatte er in ein derart bezwingendes, derart exotisches und dennoch so menschliches Gesicht geblickt! Vielleicht -er ließ die Gedanken zu den zahllosen Frauen zurückschweifen, denen er auf Erden und im Dungeon begegnet war -, vielleicht konnte nur die atemberaubend schöne exotische Frau Nrrc'kth mit dieser Frau verglichen werden.
    »Beruhigen Sie sich, Herr du Maurier. Ich sehe ihn. Aber -wer ist er?« Die Stimme war kühl und weich, ein Mezzosopran, der etwas im Innern von Clives Wesen zum Schwingen brachte.
    »Es ist Clive Folliot -oder sein Sohn, denn er ist an die zwanzig Jahre jünger, als es Folliot sein kann!«
    »Ich bin Clive Folliot, ja, Sir. Aber da sind Sie mir etwas voraus, Sir.«
    »Ich bin Ihr Freund du Maurier. George du Maurier. Sie müssen mich erkennen, Folliot!«
    Clive tat ein paar zögernde Schritte quer durch den Raum. Er erwartete schon, daß ihm das auftauende Seewasser aus der vollgesogenen Kleidung tropfen werde, aber er sah an sich hinab und bemerkte, daß er trocken war. Und statt der zerlumpten Fetzen, die er zuletzt in Chang Guafes zusammengebasteltem Eisboot getragen hatte, war er mit der angemessenen Uniform der Fünften Herrschaftlichen Horse Guards Ihrer Majestät ausgestattet -karminrotes Tuch, glitzernde Metallepaulet-ten, dunkelblaue Hosen, durchwirkt mit Goldfäden, polierte Lederstiefel.
    Er starrte in das Gesicht des alten Mannes. Ja, es war George du Maurier. Aber es war ein George du Maurier, den die Jahre und vielleicht auch andere Faktoren, von denen Clive nichts weiter wußte, gezeichnet hatten. Der George du Maurier, den Clive zuletzt in London gesehen hatte, war ein vitaler Mann von fünfzig Jahren gewesen, ein anerkannter Karikaturist, ein Musiker von zumindest halbprofessionellem Standard und ein strebsamer Novellist.
    Dieses bedauernswerte Wesen, das gegen die Kissen gelehnt dalag, gewickelt und gewärmt wie ein Baby -dies konnte kaum sein Freund du Maurier sein.
    »Welches Jahr schreiben wir, du Maurier?«
    »Es ist das siebenundfünfzigste Jahr der Regentschaft unserer huldvollen Monarchin und das eintausendacht -hundertundsechsundneunzigste Jahr des Herrn.«
    »1896!«
    »Sagte ich das nicht?«
    »Wann?«
    »Als wir zuletzt miteinander sprachen. Sie segelten auf einem sehr seltsamen Boot, in der Begleitung zweier noch seltsamerer Gefährten.«
    »Ja«, gab Clive fast unhörbar zu. Ihm schwirrte der Kopf. »Ja, ich erinnere mich. Aber ich dachte, es sei eine Halluzination, ein Phantasiegebilde, ein Delirium gewesen.«
    »Nichts davon, Folliot. Es war Realität.«
    »Und ist dies hier real?« Die Geste umfaßte den Raum und dessen Bewohner. »Ist diese Frau real?«
    »Auf dem Sterbebett lassen mich die Manieren im Stich, Folliot. Doktor, darf ich Ihnen Major Clive Folliot von den Fünften Herrschaftlichen Horse Guards Ihrer Majestät vorstellen, meinen ältesten und teuersten Freund? Folliot, darf ich

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