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Bizarre Beziehungen - V 1.0

Bizarre Beziehungen - V 1.0

Titel: Bizarre Beziehungen - V 1.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Hang hinab-läuft oder über eine Klippe stürzt. Haben Sie niemals die großen Wasserfalle in Ostafrika gesehen?«
    »Habe ich gesehen, Madame.«
    »Also! Und dennoch kann derselbe Strom in einer Ebene ganz langsam dahinfließen. Er mag sogar innehalten und einen See bilden. Er mag sogar an einer Mündung in ein Meer, das den Gezeiten unterworfen ist, zögern -sich ängstlich annähern, wenn die Flut ausströmt, und zurückkehren, wenn die Flut zurückkehrt.«
    »Ein paar nette Bilder, Madame. Ich gratuliere Ihnen zu Ihren poetischen Fertigkeiten. Aber was hat das mit dem Dungeon zu tun -und mit du Maurier und mir?«
    »Ich habe mitnichten ein Analogen benutzt, Major Folliot.« Sie lächelte ihn an.
    »Zeit ist kein Wasser, und ihr Verstreichen ist nicht das Fließen eines Stroms. Es gibt keine Zeitschnellen, keine Zeitfälle, Zeitseen oder Zeittiden. Ihre Bilder sind anrührend, aber sie sind absolut falsch. Völlig, absolut falsch.«
    Er wollte ihr die Hände auf die Schulter legen, aber ein Blick aus den großen Augen und ein Kräuseln des Mundwinkels hielten ihn davon ab. Er wandte sich ab und wandte ihr den Rücken zu, während er die Ellbogen mit den Händen umfaßte und nachdenklich die bleiche Gestalt ansah, die in den Kissen lag.
    »Lassen Sie für diesmal Ihre Theorien beiseite. Was soll das Ganze? Solange ich durch das Dungeon reiste -und seine Ebenen und Regionen, seine Bewohner und Gefahren liegen weit jenseits aller beschreibbaren Möglichkeiten -, versuchte ich, mit George du Maurier Verbindung aufzunehmen.«
    Er nahm die gebrechliche, verschrumpelte Hand, die auf der Bettdecke lag, und hielt traurig die Finger in den eigenen.
    »Oftmals glaubte ich -glaubte lediglich -, daß ich ihn erreicht hätte. Da war ein Gefühl, ein Prickeln unter der Kopfhaut, ein Flüstern im Bewußtsein, das mir Hoffnung machte, er hätte meine mentale Botschaft gehört und würde mir eine eigene Botschaft als Antwort senden.«
    Er fuhr erneut herum.
    »Aber ich war mir dessen niemals sicher. Was ich als Antwort auf meine Botschaften erhielt, war niemals mehr als nur die leiseste Andeutung eines Kontakts. Dann, vor wenigen Stunden -wie es mir vorkommt -, sprach du Maurier ganz deutlich. Ha!«
    Er durchquerte den Raum und trat zu einem steinernen Herd, wo alles für ein Feuer bereitlag, das jedoch niemals entzündet worden war. Er sah sich nach Feuerstein und Stahl um, fand statt dessen eine große Schachtel mit langen Schwefelhölzern, und ohne die Erlaubnis von du Maurier oder Madame Mesmer abzuwarten, setzte er das Stroh in Brand. Er sah zu, wie die Flamme vom Stroh zu den Zweigen übersprang, von den Zweigen zu den dickeren Ästen und dann zu den Holzscheiten, die auf einem schweren Eisengitter aufgeschichtet lagen.
    »Im Dungeon gibt es ein wunderbares Ding, eine Art Zug, der sich nicht auf Gleisen bewegt wie ein normaler Zug, sondern auf einem Kurs nach Wahl. Er fährt auf dem Land, auf dem Wasser, selbst durch die Luft. Und seine Waggons sind nicht nur Wagen mit Sitzen und Reisenden. Jeder Wagen stellt eine verschiedene Epoche oder Örtlichkeit in Raum und Zeit dar. Diesen Zug hatte ich einmal zuvor gesehen, und ich hatte ein überraschendes Erlebnis in einem römischen Bad. Das ist lange her und weit von hier entfernt.«
    Er sah Clarissa Mesmer an, die seinen Worten offenbar fasziniert und begierig folgte.
    »Heute betrat ich erneut diesen Zug, betrat einen Wagen und fragte mich dabei, wo ich mich wiederfände, in welcher Ära und welchem Land. Als allerletztes hätte ich an George du Mauriers Schlafzimmer gedacht!«
    Er stand mit gesenktem Kopf da und musterte die polierten Spitzen seiner Stiefel. »Ich könnte gehen, nehme ich an.«
    Er durchquerte den Raum, zog den schweren Vorhang mit einer Hand beiseite und spähte durch das hohe Fenster auf die Londoner Straße. Es war tatsächlich Nacht -über der Stadt lag völlige Dunkelheit, und die Straßen draußen waren verlassen, abgesehen von einem unangenehm feucht wirkenden Nebel; sie wurden lediglich von den Gaslaternen und einigen schattenhaften Fenstern in anderen Häusern erleuchtet, Fenstern, die hinter den durchsichtigen Scheiben orangefarben glommen.
    »Ich könnte weggehen und den Landsitz meiner Familie aufsuchen oder zu meiner Einheit zurückkehren. Ich könnte meine Geliebte, Miß Leighton, aufsuchen -wenngleich sie jetzt, verflucht noch mal!, alt genug wäre, um meine eigene Mutter zu sein! Verflucht! Entschuldigen Sie, Madame Mesmer. Ich könnte eine

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