Black CATS - Parrish, L: Black CATS
ausschaltete. Die jähe Dunkelheit blendete ihn fast ebenso sehr wie das Licht, doch sie löste unendlich mehr Panik in ihm aus. Denn Jason brauchte nicht zu sehen, wie der Mann in den Leerlauf schaltete; er brauchte auch nicht zu hören, wie er die Handbremse löste – er wusste genau, was geschah. »Oh Gott, bitte nicht !«
Langsam rollte der Wagen die Böschung hinunter, kam dem vereisten Weiher, auf dem Jason und Ryan gefangen waren, immer näher. »Warum tun Sie das ?« , rief Jason und zerrte am Klebeband, während die Vorderreifen auf dem zugefrorenen Ufer aufsetzten.
Hinter sich spürte er eine Bewegung. Ryan kam langsam wieder zu sich.
»Leb wohl, Jason « , rief die Stimme. »Ohne dich ist die Welt besser dran. Schade um deinen Freund. Du hättest wirklich allein kommen sollen .«
Die schemenhafte Gestalt setzte sich in Bewegung und verschwand im Schneegestöber. Im nächsten Moment heulte ein Motor auf. Dann entfernte sich das Geräusch. Jason hörte es kaum, während das Auto immer näher kam und über das schneeglatte Eis schlitterte. Ein riesiger Haufen Metall … mit mehreren Tonnen Gewicht.
Knack.
Wie tief ist das Wasser? Wie dick wird das Eis wohl sein? Werden wir erfrieren oder ertrinken?
»Jase ?«
»Ryan, es tut mir leid, dass ich dich in diese Sache mit reingezogen habe « , schluchzte er.
Ryan bewegte den Kopf, sein gefrorenes Haar kratzte über Jasons Rücken. »Schon okay. Der treue Freund steht dem Helden immer zur Seite .«
»Es tut mir so leid !« , heulte Jason. Er versuchte, ruhig zu sitzen, obwohl er sich am liebsten losgerissen hätte. Aber bevor er irgendetwas unternehmen konnte, bevor er sich auch nur von seinem besten Freund verabschieden konnte, knackte es noch einmal, und die Eisdecke brach unter ihnen ein. Eiskaltes Wasser spülte ihm über Füße und Knöchel, erweckte sie wieder zum Leben, nur damit sie diesen Schmerz spürten.
Jason und Ryan stürzten abwärts, bis Schwärze ihre Köpfe bedeckte und ihnen das Eis die Lungen verbrannte. Und während das Wasser die Welt über ihm in ein frostiges Grab verwandelte, konnte Jason nur noch an seine Eltern denken.
Gott, wie sehr wünschte er sich, er wäre mit ihnen nach Florida gefahren.
1
Neun Tage später
Von außen sah das J. Edgar Hoover Building genauso aus wie alle anderen Regierungsgebäude in Washington, D.C., die in den Sechzigern gebaut worden waren. Eckig und kastenförmig, die Betonmauern hellgrau wie Kalkstein – nicht zu vergleichen mit der frischen weißen Pracht der Bauten, die weiter unten an der Pennsylvania Avenue standen oder die National Mall umgaben.
Für Alec Lamberts müde Augen wirkte das Gebäude sogar fast wie ein Gefängnis.
Da er sich an diesem kalten Wintermorgen eher wie ein Häftling vorkam als ein Special Agent, war dieser Vergleich nicht ganz unpassend. Denn als er am ersten Tag in seiner neuen Dienststelle über die Schwelle des FBI -Hauptquartiers trat, hatte er das Gefühl, eine Strafe für ein abscheuliches Verbrechen absitzen zu müssen.
Genau. Ein abscheuliches Verbrechen: Er hatte der falschen Frau vertraut. Und war obendrein noch angeschossen worden.
Das war eine schmerzhafte Lektion gewesen, aber er hatte eindeutig daraus gelernt. Denn seine Fehleinschätzung hatte nicht nur dafür gesorgt, dass er mit einigen Kugeln im Körper im Krankenhaus gelandet war; sie hatte noch einen weitaus höheren Preis gefordert.
Das Leben eines anderen Agenten.
Der Vorfall in Atlanta hatte ihn körperlich verwundet – und emotional zerstört. Lambert hatte dadurch die Chance verpasst, dieses Schwein von einem Serienmörder dranzukriegen, das er seit drei Jahren schnappen wollte – denn der Zwischenfall hatte ihn auch seinen Posten bei der Behavioral Analysis Unit gekostet. Und einen Freund: Dave Ferguson, mit dem er schon zusammen auf der Polizeiakademie gewesen war.
Das war es, was ihm nachts den Schlaf raubte.
Eigentlich hätten sie ihn hochkant aus dem FBI rauswerfen müssen. Aber vielleicht hatten irgendwelche hohen Tiere sich überlegt, dass es besser wäre, ihn in der Nähe zu behalten, damit ihn sein Arbeitsumfeld ständig an seine Tat erinnerte und er sich umso mehr quälte. Buße nonstop.
Und vielleicht hatte er sich auch deswegen so sehr um diesen Job bemüht.
»Deine letzte Chance. Vermassel sie nicht « , ermahnte er sich immer wieder, während er sich seinen Weg durch die Sicherheitskontrollen bahnte. Schließlich erreichte er den vierten Stock. Es war an der Zeit,
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