036 - Im Verlies der Verdammten
Pallggar hatte Erkundigungen eingeholt und erfahren, daß man sich vor Roxane und ihrem Freund, dem Ex-Dämon Mr. Silver, vorsehen mußte. Und dann sollte es noch jemanden geben.
Einen Menschen. Tony Ballard war sein Name. Ein mutiger Kämpfer, ausgerüstet mit starken Waffen, die es ihm ermöglichten, immer wieder über Mitglieder der schwarzen Macht zu triumphieren.
Aber nicht über mich! meinte Pallggar. Mein Vorteil ist, daß sie ahnungslos sind. Sie wissen nicht, was ihnen bevorsteht, und wenn sie’s erfahren, geht es mit ihnen schon zu Ende.
Der Silberstreif zog seine Bahn über das dunkle Firmament. Er fegte in das alte Gemäuer eines Schlosses, das vor den Toren Londons gewaltig und düster aufragte.
Ein Großteil des Gebäudes war verfallen, und niemand stellte die Mittel für einen Wiederaufbau zur Verfügung. Für den Besitzer war das Schloß ein Fluch, an den er nicht erinnert werden wollte.
Er hatte dort seine ganze Familie bei einem Brand verloren. Niemand konnte später die Ursache des Feuers einwandfrei feststellen.
Jene, die dem Schloßbesitzer, Lord Vincent Matterburgh, nicht wohlgesonnen waren, behaupteten, er selbst habe den Brand gelegt.
Angeblich hatte er mit seiner Frau damals nicht in Frieden gelebt. Es sollte von Scheidung die Rede gewesen sein, und da sich Lord Vincent einen solchen Skandal nicht leisten wollte…
Aber das war ein böses Gerücht.
Tatsache war, daß der Brand ausbrach, als der Lord mit seiner Frau und den beiden 12jährigen Töchtern – Zwillingen – schlief.
Das Feuer überraschte die Familie. Lord Vincent erwachte durch den beißenden Rauch. Schlaftrunken weckte er seine Frau, stürzte aus dem Zimmer, um seine Töchter zu holen, aber der Weg wurde ihm durch meterhohe Flammenwände versperrt.
Die Hitze fraß sich durch morsches Holz und brachte Decken zum Einsturz. Um ein Haar wäre Lord Vincent erschlagen worden.
Verzweifelt brüllte er die Namen seiner Töchter in das Flammeninferno, und ihm war, als bekäme er von dünnen Stimmen Antwort.
Das machte ihn halb wahnsinnig. Er versuchte das Zimmer seiner Töchter von außen zu erreichen. Auf einem schmalen Sims tastete er sich einige Meter weit, dann brach es, und Lord Vincent stürzte ab.
Was weiter geschah, wußte er nicht, denn er brach sich beim Sturz nicht nur beide Beine, sondern verlor auch für lange Zeit das Bewußtsein.
Als er zu sich kam, kämpften Löschmannschaften verbissen gegen das Feuer. Die Frau des Lords und die beiden Mädchen konnten nur noch tot geborgen werden.
Sechs Wochen behielt man Lord Vincent in einem großen, vornehmen Sanatorium. Als er entlassen wurde, umlagerten Reporter das Gebäude, und er erzählte ihnen seine furchtbare Geschichte. Ein gebrochener Mann, einsam, gramgebeugt.
Er verließ England und kehrte nicht mehr in seine Heimat zurück.
Es hieß, er würde irgendwo im fernen, weiten Indien leben. Manche behaupteten, er wäre zum Buddhismus übergetreten, habe sich völlig von der Welt abgekehrt und in ein armseliges Kloster zurückgezogen.
Fest stand nur, daß er nicht mehr an sein Schloß dachte und es dem Verfall preisgegeben war.
In diesem Schloß materialisierte Pallggar. Die Luft flimmerte.
Winzige Partikelchen fanden sich um einen dunklen Kern und wurden zu einer Einheit des Bösen.
Soltaffs Neffe war da!
Ein großer blonder Mann, der irdische Kleidung trug, um nicht aufzufallen. Soltaff hatte ihm viel beigebracht. Starke Kräfte der Magie konnte Pallggar entfesseln.
Er war ein gelehriger Schüler seines Onkels gewesen. Von Kindheit an hatte er mit Soltaff zusammengelebt. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, als er in die Hütte des Mord-Magiers kam.
Er trug seinen Wunsch vor, und Soltaff, das dürre alte Männchen, dem niemand die tödlichen Kräfte zugetraut hätte, derer er sich bedienen konnte, nickte bedächtig.
»In die Geheimnisse der schwarzen Magie soll ich dich einweisen.«
»Ja«, sagte Pallggar mit fanatisch glänzenden Augen. »Ich möchte so werden wie du. Ich möchte wissen, wie die Macht schmeckt.«
Soltaff hob die Hand. »Es ist manchmal gefährlich, sich dem Bösen zu verschreiben.«
»Ich bin mutig. Ich habe keine Angst.«
»Und du wirst ein einsames Leben führen, wenn deine Ausbildung abgeschlossen ist, denn Mord-Magier haben keine Freunde, niemand liebt sie.«
Pallggar grinste. »Das ist es, was ich erreichen möchte. Gefürchtet will ich sein. Ich werde wie du durch Coor ziehen, alle täuschen, ihr Vertrauen gewinnen und
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