Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
einem schwarzen Nachtclub in St. Martinville, zog dann nach New Orleans und gründete ein Trio. Sie spielen regelmäßig in Cletes Bar oder in einem der Clubs meines Bruders. Eines Abends ging ich unten an der Decatur an Cletes Laden vorbei, als die Tür offenstand. Ich sah Dixie hinten neben der Tanzfläche am Klavier sitzen, und seine weiße, straßbesetzte Jacke und das rosa Hemd funkelten im Licht der Bodenstrahler. Ich hörte ihn singen:
»When they lay me down to rest,
Put a rose upon my breast.
I don’t want no evergreens,
All I want is a bowl of butter beans.«
Vor drei Wochen war ich im ersten Licht draußen im Sumpf. Um diese Tageszeit hört man in der Marsch allerlei seltsame Sachen: einen Alligatorbullen, der nach seiner Gefährtin ruft, einen Frosch, der von einem Zypressenstumpf ins Wasser hüpft, den Schrei einer Nutria, der wie das Kreischen einer hysterischen Frau klingt. Der Nebel hängt so dicht über dem toten Wasser und zwischen den Baumstämmen, daß man die Hand nicht vor den Augen sieht. Aber ich weiß, was ich an diesem Morgen sah, und ich weiß auch, was geschah, und ich habe keinerlei Bedürfnis, es einem Psychologen zu verraten. Ich holte gerade die Fangleine ein, die ich am Abend zuvor zwischen den Bäumen ausgelegt hatte, als die ersten Regentropfen auf das Blätterdach über mir fielen, und plötzlich schritten Annie und mein Vater durch den Dunst und standen auf einer Sandbank kurz vor dem Bug meines Einbaums.
Sie war barfuß, trug ein weißes Nachtgewand und hatte ein Halsband aus violetten Wunderblumen angelegt.
»Diesmal heißt es aber wirklich Abschied nehmen, Dave. Es war etwas Besonderes«, sagte sie, dann watete sie ins Wasser, und ihr Gewand bauschte sich um sie. Sie küßte mich auf Augen und Mund, wie es vermutlich meine Mutter getan hätte.
Mein Vater hatte seinen Schutzhelm schief auf dem Kopf sitzen, und er hatte ein Streichholz im Mundwinkel klemmen und grinste mir zu, hob den Daumen und zwinkerte. Dann schritten sie tiefer in die Marsch hinein, und der Nebel wurde so weiß und dicht und kalt, daß ich mit dem Paddel ausholen und an eine Zypresse schlagen mußte, damit ich wußte, wo ich mich befand.
Weder den Schlaf noch nächtliche Gewitter bringen sie nun wieder, und ich erwache jeden Morgen im Licht der durch die Pecanobäume in meinem Vorgarten fallenden Sonne. Aber in der Abenddämmerung, wenn die Farmer die Zuckerrohrstoppeln auf ihren Feldern abbrennen und Asche und Rauch aufsteigen und sich auf den Bayou senken, wenn haufenweise rote Blätter an meinem Landungssteg vorbeitreiben und die Luft kalt und bittersüß ist vom Geruch des verbrannten Zuckers, denke ich manchmal an Indianer und an Wassermenschen, an Stimmen, die durch den Regen sprechen können und uns in die Vergangenheit locken, und in solchen Augenblicken setze ich Alafair auf meine Schulter, und wir galoppieren durch die Eichen hindurch die Straße hinunter wie Roß und Reiter auf mein Haus zu, wo Batist auf der Galerie gaspago grillt und Papierlampions in den erleuchteten Fenstern hängen, und die Drachen verwandeln sich in ausgestopfte Spielzeugtiere, die weggeworfen werden und in Vergessenheit geraten wie die Schatten auf unserer Seele, die eines schönen Morgens mit dem Sommer verschwunden sind.
Copyright dieser Ausgabe © 2013 by Edel eBooks,
einem Verlag der Edel Germany GmbH, Hamburg.
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel Black Cherry Blues
Copyright © 1989 by James Lee Burke
Ins Deutsche übertragen von Ulrich von Berg
© der deutschen Übersetzung 2007 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
© der deutschen Übersetzung 1992 by Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München
Erschienen im Ullstein Verlag
Covergestaltung: Agentur bürosüd°, München
Konvertierung: Datagrafix
Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.
ISBN: 978-3-95530-355-6
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