Black Dagger 01 - Nachtjagd
irgendeiner Weise als unrein empfunden hatte.
Nun, da sie ihn verlassen hatte, würde ihr jegliche weitere Schmach erspart bleiben. Und er hatte so ein Gefühl, dass niemand überrascht wäre, wenn es sich herumsprach.
Seltsam, er hatte nie darüber nachgedacht, wie er und Marissa einmal auseinander gehen würden. Vielleicht hatte er nach all diesen Jahrhunderten geglaubt, sie würden sich niemals trennen. Mit Sicherheit hatte er nicht damit gerechnet, dass er den Grund dafür liefern würde, weil er Gefühle für eine andere Frau entwickelte.
Genau das geschah aber gerade. Mit Beth. Nachdem er sie vergangene Nacht gekennzeichnet hatte, konnte er nicht mehr so tun, als wäre sie ihm gleichgültig.
Er fluchte laut. Er wusste genug über männliches Vampirverhalten
und Psychologie, um klar und deutlich zu sehen, wie tief er schon in dieser Sache steckte.
Ein Mann, der sich gebunden hatte, war ein gefährlicher Mann.
Besonders, wenn er seine Frau verlassen musste.
Um sie in die Hände eines anderen zu geben.
Er versuchte, den Gedanken zu verscheuchen und griff nach dem Telefon. Er brauchte etwas zu essen. Als Fritz nicht abhob, nahm er an, er müsse in den Supermarkt gefahren sein.
Gut. Wrath hatte die Brüder gebeten, später am Abend vorbeizukommen, und sie aßen gern viel. Es wurde Zeit, weitere Erkundungen einzuholen und ihre Ermittlungen voranzutreiben.
Das Verlangen, Darius zu rächen, loderte in ihm.
Und je näher Wrath Beth kam, desto heißer brannte das Feuer.
23
Butch kam aus dem Büro des Captains. Sein Halfter war zu leicht ohne die Waffe, und die Brieftasche ohne die Dienstmarke viel zu flach. Er fühlte sich nackt.
»Was ist passiert?«, fragte José.
»Ich mache Urlaub.«
»Was zum Teufel soll das bedeuten?«
Butch ging an ihm vorbei. »Haben die Kollegen aus New York irgendwelche Infos über diesen Flüchtigen?«
José packte ihn am Arm und zog ihn in ein Vernehmungszimmer. »Was ist los?«
»Ich bin mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert, bis die interne Untersuchung abgeschlossen ist. Die, wie wir beide wissen, zu dem Ergebnis kommen wird, dass ich mit unangemessener Härte reagiert habe.«
José vergrub die Hände in den Haaren. »Ich hab dir gesagt, du sollst die Finger von den Kerlen lassen.«
»Dieser Riddle hätte noch viel Schlimmeres verdient.«
»Darum geht es nicht.«
»Komisch, genau das hat der Captain auch gesagt.«
Butch ging zu der Beobachtungsscheibe und betrachtete sich im Spiegel. Gott, er wurde wirklich alt. Oder vielleicht hatte er auch nur den einzigen Beruf, für den er sich je interessiert hatte, satt.
Polizeibrutalität. Scheiß doch drauf. Er war der Beschützer der Unschuldigen, kein egomanischer Schläger, den es anmachte, wenn ihn alle für einen harten Typen hielten. Das Problem war, dass es viel zu viele Regeln zugunsten der Verbrecher gab. Wenn man die Opfer, deren Leben durch die Gewalt zerstört wurde, doch nur halb so gut schützen würde.
»Ich gehöre hier sowieso nicht her«, sagte er leise.
»Was?«
Es gab einfach keinen Platz mehr in der Welt für Männer wie ihn, dachte er.
Butch drehte sich um. »Also. Die New Yorker Kollegen. Was hast du herausbekommen?«
José sah ihn lange an. »Vom Dienst suspendiert, was?«
»Zumindest, bis sie mich offiziell feuern.«
José stützte die Hände in die Hüften und sah auf den Boden. Er schüttelte den Kopf, als sei er mit seinen Schuhen unzufrieden. Als er antwortete, klang seine Stimme grimmig.
»Nada. Als wäre er aus dem Nichts gekommen.«
Butch fluchte. »Diese Wurfsterne. Ich weiß, dass man sie im Internet bestellen kann, aber man kann sie doch auch so kaufen, oder?«
»Ja. In Kampfkunststudios zum Beispiel.«
»Hier in der Stadt gibt es doch auch welche?«
José nickte langsam.
Butch nahm die Schlüssel aus der Tasche. »Bis demnächst. «
»Warte mal — wir haben schon jemanden losgeschickt, um
sich umzuhören. Beide Schulen gaben an, sie könnten sich an niemanden erinnern, auf den die Beschreibung passt.«
»Vielen Dank für den Hinweis.« Butch ging zur Tür.
»Butch. Hey, O’Neal.« José hielt Butch am Arm fest. »Verflucht noch mal, wartest du gefälligst mal eine Minute?«
Butch sah ihn über die Schulter an. »Kommt jetzt die Stelle, wo du mir rätst, mich aus den laufenden Ermittlungen heraus zu halten? Dann kannst du dir nämlich den Atem sparen.«
»Himmel, Butch, ich bin nicht dein Feind.« Josés dunkelbraune Augen blickten ihn durchdringend an. »Die
Weitere Kostenlose Bücher