Noras Erziehung
1
Ich saß rittlings auf ihm, die Augen geschlossen, aber bereit, jede noch so kleine Empfindung wahrzunehmen: das Gefühl von Ewans festen Schenkeln zwischen den meinen, seine großen Hände, die meine Hüften umfassten, meine Haare, die über meinen Rücken und meinen Po strichen. Und am wunderbarsten das, was ich in mir spürte. Etwas, das nicht nur mein Geschlecht, sondern meinen gesamten Körper ausfüllte, während ich mich auf ihm zum Orgasmus ritt.
Nach seinem breiten, schiefen Grinsen zu urteilen, war es auch Ewan gekommen. Und wie immer war es mir unmöglich, sein Lächeln nicht zu erwidern, während ich mich schwer nach vorn fallen ließ und den Kopf an seine Brust schmiegte. Seine Arme umschlangen mich in einer Umarmung, die zwar zärtlich, aber dennoch weit von der Liebkosung entfernt war, die ich gern gespürt hätte. Nur allzu deutlich war sein Wunsch zu erahnen, ich möge endlich von ihm heruntersteigen. Ich gab ihm nach, merkte aber im selben Moment den Anflug einer unausweichlichen Traurigkeit, die durch das Bewusstsein entstand, dass sich unsere Körper wahrscheinlich für längere Zeit zum letzten Mal voneinander trennten. Ich hörte noch seine Stimme hinter mir, während ich ins Badezimmer eilte.
«Erzähl den Jungs bloß nie, dass ich dich oben sitzen lasse, sonst passiert was. Und das meine ich ernst.»
Ganz so ernst meinte er es trotz seines Macho-Images zwar nicht, und es war auch äußerst unwahrscheinlich,dass ich seinen Freunden intime Details über unser Sexleben verraten würde, aber seine Worte bescherten mir dennoch eine altbekannte, köstliche Erregung. Der starke Mann, der seine Freundin voller Strenge behandelt – das hatte mir schon immer gefallen. Und ich kann auch damit umgehen.
Während ich mich wusch, zog er seinen Slip und die Jeans hoch. Die Male, die ich ihn in den letzten zwei Jahren nackt gesehen hatte, konnte man an einer Hand abzählen. Und das, obwohl er mich am liebsten bereits auszog, wenn ich zur Tür reingekommen war. Das gehörte alles zu dem Spiel. Einem Spiel, das ich wegen der Gefühle, die es in mir auslöste, sehr genoss. Für ihn schien seine Dominanz etwas völlig Selbstverständliches zu sein. Er war sich seiner Männlichkeit ganz und gar sicher. Genau wie er sich seines Status als Nummer eins unter den jungen Männern der Stadt sicher war.
Meine Kleider lagen über den ganzen Flur verteilt, und er folgte mir aus dem Schlafzimmer, während ich sie einsammelte. Als ich mich bückte, um meinen Slip aufzuheben, gab er mir einen Klaps auf den Po.
«Und pass bloß auf die Milchbubis und Aushilfszuhälter an der Uni auf! Du bist mein Mädchen, Nora! Vergiss das nicht!»
Wäre in seiner Stimme auch nur die leiseste Spur von Unsicherheit herauszuhören gewesen, hätte ich wahrscheinlich die Nerven verloren, aber seine bloße Arroganz ließ mich allen Mut zusammennehmen und ein längst überfälliges Thema ansprechen.
«Darüber wollte ich sowieso noch mit dir reden, Ewan.»
«Worüber?»
«Über uns. Und darüber, dass ich auf die Universität gehe.»
«Was gibt’s denn da zu bereden?»
«Na ja, wir werden sehr weit voneinander entfernt sein, und ich will nicht, dass du hier allein rumsitzt und auf mich wartest …»
«Hey, mach dir um mich mal keine Sorgen. Ich komm schon zurecht.»
Da war ich mir sicher. Es gab ungefähr ein halbes Dutzend Mädchen, die schon in der Schlange standen, um meinen Platz einzunehmen, und während unserer Beziehung war er bestimmt mit mindestens zwei von ihnen im Bett gewesen. Das war nicht das Thema. Aber jetzt war keine Zeit für die Wahrheit – oder zumindest nicht für die ganze.
«Da bin ich mir ganz sicher. So soll es ja auch sein. Und wenn Nikki oder Carrie oder sonst jemand hier vorbeikommen will, dann musst du auf mich keine Rücksicht nehmen.»
Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich hatte eine unausgesprochene Regel gebrochen: Ich gab zu, dass ich ahnte, was geschehen war, ohne deshalb sofort durchzudrehen. Und damit konnte er ganz und gar nicht umgehen.
«Es gab immer nur dich und mich, Kleines.»
Ich hatte während unseres Gesprächs angefangen, mich anzuziehen, und schlüpfte noch schnell in meine Jeans, bevor ich etwas erwiderte.
«Bitte, Ewan, wir sind doch keine Teenager mehr. Na ja, du zumindest nicht. Lass uns die Sache wie Erwachsene klären. Wir werden dreihundert Kilometer voneinander entfernt sein. Du hast deinen Job, und jedes Mädchen von hier bis Exeter will dich. Ich möchte
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