Black Jack: Bei Anruf Mord!
Kopf, und die beiden Frauen gingen wieder hinunter. In der gemütlichen, gelb gestrichenen Küche machte sich Victoria sofort daran, Kaffee zu kochen.
„Soll ich das tun?“ bot Kelly an.
Victoria schüttelte den Kopf. „Ich muss mich ablenken.“ Mit kontrollierten Handgriffen, die wie mechanisch wirkten, öffnete sie den Kühlschrank, nahm ein kleines weißes Paket heraus und gab einige Löffel in den Kaffeefilter. Kurz darauf füllte sich die Kanne, und Victoria nahm gegenüber von Kelly an dem runden Ahorntisch Platz.
„Was glaubst du – wie lange müssen wir noch auf den Anruf des Polizisten warten?“
„Schwer zu sagen. Miami ist eine große Stadt. Es dauert, bis sie sich in den Krankenhäusern und Gefängnissen erkundigt haben.“ Kelly erwähnte die Leichenhallen nicht, aber der Blick in Victorias Augen verriet ihr, dass sie auch daran gedacht hatte.
Auf dem Tisch stand ein drehbares Tablett, das aus dem gleichen Ahornholz gemacht war. Geistesabwesend begann Victoria, damit zu spielen. „Das sieht Jonathan überhaupt nicht ähnlich.“ Ihr Blick blieb an dem rotierenden Tablett haften. „Er macht keinen Schritt aus seinem Büro, ohne mir zu sagen, wo er hingeht. Und wir bleiben immer in Kontakt.“
Das stimmte. Jonathan war einer der zuverlässigsten Männer, die Kelly kannte. Er wusste auch, wie sehr Victoria sich sorgte und wie schnell ihre Ängste in nackte Panik umschlagen konnten. Er hätte nie absichtlich etwas getan, das diesen Zustand heraufbeschwören würde.
Die Möglichkeit, dass er wegen einer Affäre die Zeit vergessen haben könnte, war zu abwegig, um daran auch nur einen Gedanken zu verschwenden. Jonathan und Victoria beteten einander an und zeigten es auch auf alle möglichen Arten.
Als ob sie Kellys Gedanken lesen könnte, blickte Victoria ihr forschend ins Gesicht. „Du kennst ihn doch fast genauso lange wie ich. Glaubst du, er macht das absichtlich? Weil er sich über irgendetwas geärgert hat?“
„Daran habe ich auch schon gedacht“, gab Kelly zu. „Deshalb habe ich dich ja gefragt, ob ihr euch gestritten habt. Aber selbst wenn, kann ich mir nicht vorstellen, dass Jonathan so hinterhältig wäre. Das ist nicht seine Art.“
Als das rote Licht an der Kaffeemaschine aufleuchtete, stand Victoria auf, füllte zwei Becher und setzte sich wieder hin. Kelly nahm ein paar Schlucke und lauschte auf das Geräusch von Jonathans Schlüssel an der Haustür und seine fröhliche Stimme, mit der er seine Frau begrüßte. Aber im Haus blieb es stumm bis auf den Gong der alten Standuhr im Wohnzimmer, der jede Viertelstunde die Stille unterbrach.
Während der nächsten Stunden, die wie Jahre erschienen, rief Kelly noch zweimal bei Officer Brown an, aber er hatte nichts herausgefunden. Die Nachforschungen dauerten noch an.
Um vier Uhr morgens klingelte Kellys Handy. Diesmal meldete sich ein Detective Quinn von der Polizei in Miami. Als sie seinen offiziellen Tonfall vernahm, verschwand Kellys Zuversicht. „Haben Sie Jonathan gefunden?“ fragte sie.
„Kann ich bitte Mrs. Bowman sprechen?“
Kelly reichte ihr das Handy. „Detective Quinn von der Polizei in Miami. Er möchte mit dir sprechen.“
Victoria schüttelte nur den Kopf. Ihr Gesicht war aschfahl, und in ihren Augen lag Angst.
„Ich bin Kelly Robolo, Victorias beste Freundin“, sagte Kelly rasch. „Ich fürchte, sie ist im Moment nicht in der Verfassung, mit Ihnen zu sprechen. Können Sie mir nicht sagen, was Sie herausgefunden haben?“
Der Detective zögerte, wenn auch nur kurz. „Nun gut. Um 1.52 Uhr heute Morgen ist eine Bombe im Encantado explodiert, einem Motel neben der Bundesstraße 95.“ Er hielt inne. „Mr. Bowmans Name stand im Gästebuch, und daneben die Zeit seiner Ankunft – 11.45 Uhr am Montagmorgen.“
Als Kelly die Bedeutung der Nachricht erkannte, griff sie sich an den Hals. „Ist Jonathan verletzt?“
„Alle Verletzten sind registriert – aber der Mann Ihrer Freundin war nicht dabei.“ Der Detective räusperte sich. „Die Bombe lag in Zimmer 116 – Mr. Bowmans Zimmer …“
„Oh mein Gott!“ Kelly verfluchte sich insgeheim, weil sie so unbeherrscht reagiert hatte. Auf der anderen Seite des Tisches sah Victoria aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen.
„Die Explosion hat das halbe Gebäude zerstört“, fuhr Detective Quinn fort. „Die Trümmer sind in einem Umkreis von sechzig Metern verteilt. Es ist ein Wunder, dass nicht noch mehr Menschen getötet worden
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