Blacklist - Blacklist - Blacklist
behauptet, es heißt so etwas wie ›Lindern‹ oder ›Heilen‹. Sie kann von ihrer Wohnung aus Larchmont Hall sehen, eines der großen Anwesen dort. Es steht seit einem Jahr leer - früher gehörte es der Familie Drummond. Die Erben haben es vor drei Jahren verkauft, aber die neuen Besitzer gingen bankrott. Felitti hat verlauten lassen, er wolle es kaufen, um die Makler aus der Gegend rauszuhalten, aber daraus ist bislang nichts geworden.«
Er verfiel in Schweigen. Ich wartete, dass er zur Sache kam, wofür er sonst nicht lange braucht, aber nachdem eine Minute verstrichen war, sagte ich: »Und nun wollen Sie, dass ich einen Krösus auftreibe, damit es nicht an ordinäre Reiche verschachert wird?«
Er blickte finster. »Ich habe Sie nicht hergebeten, damit Sie sich über mich lustig machen. Mutter meint, dass dort nachts Leute ein und aus gehen.«
»Und sie will nicht die Polizei rufen?«
»Die Polizei war schon mehrmals da, hat aber niemanden gefunden. Die Grundstücksverwaltung, die sich für die Holding um das Objekt kümmert, hat eine Alarmanlage installieren lassen. Sie ist vollständig intakt.«
»Haben die Nachbarn was beobachtet?«
»In dieser Gegend kann man die Nachbarn nicht sehen, Vic. Da sind die Häuser, umgeben von hundert Jahre alten Bäumen und Gärten und so fort. Man könnte die Nachbarn natürlich fragen.« Er wies erneut auf die Karte, um mir die Entfernungen zu zeigen, aber er klang unsicher - was ihm gar nicht ähnlich sah.
»Worum geht es für Sie bei der Sache, Darraugh? Wollen Sie das Anwesen kaufen?«
»Großer Gott, nein.«
Mehr sagte er nicht dazu, sondern trat ans Fenster und blickte hinunter auf die Bauarbeiten am Wacker Drive. Ich starrte verblüfft seinen Rücken an. Selbst als er mich vor einigen Jahren darum gebeten hatte, seinen Sohn aus einer Anklage wegen Drogenbesitz rauszuhauen, hatte er nicht so um den heißen Brei herumgeredet.
»Mutter hat schon immer ihre eigenen Regeln aufgestellt«, murmelte er am Fenster. »Natürlich werden Leute aus ihrem - unserem - sozialen Umfeld von der Polizei meist besser behandelt als Leute - nun ja, andere. Aber sie ist konsterniert, weil keiner sie ernst nimmt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie sich etwas einbildet - sie ist schließlich über neunzig -, aber sie ruft mich inzwischen jeden Tag an und beklagt sich darüber, dass die Polizei nichts unternimmt.«
»Ich schau mal, ob ich irgendwas finde, was die Polizei übersieht«, sagte ich ruhig.
Seine Schultern entspannten sich, und er wandte sich zu mir um. »Ihr übliches Honorar, Vic. Den Vertrag bekommen Sie von Caroline. Und die genaueren Angaben über Mutter.« Er brachte mich hinaus zu seiner Assistentin, die ihm mitteilte, seine Konferenzschaltung nach Kuala Lumpur warte auf ihn.
Dieses Gespräch hatte an einem Freitagnachmittag stattgefunden, am ersten März, einem grauen, trüben Tag. Am Samstagmorgen machte ich meine erste Tour nach New Solway, der viele weitere folgen sollten. Bevor ich aufbrach, fuhr ich im Büro vorbei, um meine Generalstabskarten von den westlichen Vororten zu holen. Ich blickte auf meinen Computer und wandte ihm dann entschieden den Rücken zu: Ich hatte mich seit gestern Abend um zehn schon dreimal eingeloggt und keine Nachricht von Morrell vorgefunden. Ich fühlte mich wie eine Alkoholikerin mit der Flasche in Reichweite, aber ich schloss das Büro ab, ohne meine E-Mails zu checken, und machte mich auf, um siebzig Kilometer ins Land der Reichen und Mächtigen zu reisen.
Wenn ich in Chicago Richtung Westen unterwegs bin, komme ich mir immer vor wie auf Himmelfahrt, zum Kapitalistenhimmel jedenfalls. Zuerst kommt man durch die verqualmten Industriegegenden, durch Arbeiterviertel, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne - kleine Häuschen, in denen die Frauen mit vierzig alt aussehen und die Männer sich durch Maloche und schlechtes Essen frühzeitig ins Jenseits befördern. Dann fährt man in die gnadenlosen Vororte am Stadtrand - Cicero, Berwyn, wo es einem immer noch passieren kann, dass man wegen einem Dollar zusammengeschlagen wird. Wenn man diese Orte hinter sich lässt, wird die Luft sauberer, und der Wohlstand mehrt sich. Als ich in New Solway ankam, schlingerte ich quasi auf dicken Polstern aus Wertpapieren dahin.
Ich verließ die Mautstrecke und inspizierte meine Karten. Coverdale Lane war die Hauptstraße, die durch ganz New Solway führte. Sie fing im Nordwesten des Ortes an und führte in einem großen Bogen auf die Dirksen Road
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