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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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    Ein kühler Wind vom Pazifik wischte schon seit achtundvierzig Stunden an der Küste entlang und wirbelte den Dreck und die Abgase hinauf nach Pasadena. Mein Haus liegt in den Hügeln, direkt nördlich von Bei Air, am höchsten Punkt eines alten Saumpfads, - der sich um den Beverly Glen windet - dort, wo höchster Luxus und Reichtum einem eher selbstbewußten Schick weichen. Es ist eine Gegend mit Porsches und Kojoten, mit schlechter Kanalisation und zurückgezogen lebenden Erfolgsmenschen.
    Das Haus ist aus silbergrauem Redwoodholz, insgesamt an die sechshundert Quadratmeter davon, mit verwitterten Dachschindeln und Rauchglasfenstern. Unten in den Vororten wäre es eine Hütte gewesen; hier oben in den Hügeln ist es ein rustikales Heim, eine Zuflucht- nichts Ausgefallenes, dafür mit vielen Terrassen, Sonnenplätzen, schönen Winkeln und optischen Überraschungen. Dieses Haus hatte sich ein ungarischer Künstler entworfen, der dann pleite ging, als er versuchte, übergroße polychromatische Dreiecke an die Galerien in der La Cienega zu verhökern. Der Schaden der Kunst war mein Gewinn, unter Mitwirkung des Vollstreckungsgerichts von Los Angeles. An einem schönen Tag - wie eben an diesem - hatte man von hier oben sogar Blick auf den Ozean: ein himmelblauer Fleck, der etwas schüchtern jenseits von Pacific Palisades hervorlugte.
    Ich hatte allein geschlafen, bei offenen Fenstern - die Einbrecher und die neuen Irren in der Manson-Nachfolge sollten zum Teufel gehen-, und wachte gegen zehn Uhr vormittags auf, nackt, nachdem ich die Bettdecke, vermutlich in einem vergessenen Traum, auf den Boden geworfen hatte. Ich fühlte mich wohlig faul und ausgeschlafen, stützte mich auf die Ellbogen, zog die Decke wieder nach oben und starrte dann etwas benommen auf die karamelfarbenen Streifen des Sonnenlichts, das durch die Terrassentür hereindrang. Was mich schließlich doch aus dem Bett trieb, war die Invasion einer Fliege, die abwechslungsweise auf meiner Decke nach Nahrung suchte und meinen Kopf für Landemanöver benutzte. Ich schlurfte ins Bad und ließ mir eine Wanne einlaufen, dann ging ich in die Küche, um nach etwas Eßbarem zu suchen, wobei mir die Fliege folgte. Ich setzte Kaffeewasser auf, dann teilte ich ein Zwiebelbrötchen mit der Fliege. Zehn Uhr zwanzig an einem Montagmorgen: Ich mußte nirgends hin und hatte nichts zu tun. Gesegnete Dekadenz. Es war nun schon fast ein halbes Jahr her, seit ich mein Frührentnerdasein begonnen hatte, und ich wunderte mich immer noch, wie leicht mir der Wechsel vom zwanghaften Erfolgsmenschen zum sich gehenlassenden Penner gefallen war. Aber vermutlich hatte das schon immer in mir gesteckt.
    Ich ging zurück ins Badezimmer, setzte mich auf den Rand der Wanne, mampfte und überlegte mir einen alles andere als verbindlichen Plan für den Tag: ein ausgiebiges warmes Bad, ein oberflächlicher Blick in die Morgenzeitung, vielleicht ein bißchen Joggen den Canyon hinunter und wieder zurück, dann eine Dusche, und ein Besuch bei -
    Die Haustürklingel riß mich aus meinen Träumen.
    Ich wand mir ein Handtuch um die Blößen und ging zur Tür, gerade rechtzeitig, um Milo zu erblicken, der einfach hereinkam, ohne meine Antwort abzuwarten.
    »Es war nicht abgesperrt«, sagte er, zog die Tür zu und warf die Los Angeles Times auf das Sofa. Dann starrte er mich an, und ich band mein Handtuch etwas fester. »Guten Morgen, Naturkind.«
    Ich deutete mit einer Handbewegung an, daß er mir folgen sollte.
    »Du mußt wirklich nachts deine Bude absperren, mein Lieber. Ich habe eine Kartei auf der Station, die sehr beeindruckend illustriert, was mit den Leuten geschieht, die das versäumen.«
    »Guten Morgen, Milo.«
    Ich ging in die Küche und schenkte zwei Tassen Kaffee ein. Milo folgte mir wie ein drohender Schatten, öffnete die Kühlschranktür und nahm einen Teller mit kalter Pizza heraus, von deren Existenz ich gar nichts gewußt hatte. Dann ging er mit mir in den Wohnraum, ließ sich auf mein altes Ledersofa fallen - ein Reststück aus meiner ehemaligen Praxis am Wilshire Boulevard-, stellte sich den Teller auf die Oberschenkel und streckte dazu die Beine aus.
    Ich drehte das Badewasser ab und ließ mich dann Milo gegenüber auf einer Ottomane nieder, die mit Kamelhaut bezogen war.
    Milo ist ein Riesenkerl - einsfünfundachtzig und knapp zwei Zentner- mit der Eigenschaft vieler Riesenkerle, sich in schlaksige, lockere Einzelteile aufzulösen, wenn sie sich bequem niederlassen. Heute

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