Blackout (German Edition)
Sven Frick heißt und der Sicherheitsverantwortlichefür die Operation Countdown ist, steht bei der Tür. Sein prüfender Blick bleibt an mir hängen. Kalte graue Augen schauen mich an wie einen langweiligen Gegenstand. Ich bin sicher, dass diese scheinbare Interesselosigkeit antrainiert ist. Frick nimmt jedes Detail von mir wahr und speichert es auf einer inneren Festplatte. Was er nicht weiß: Ich kann das auch.
Knapp unter zwei Meter, Mitte dreißig, kurz geschnittene blonde Haare, durchtrainiert. Befehlsempfänger mit guter Bezahlung und dem Traum von Führerschaft. Ich will diesem Mann nicht den geringsten Anlass geben, sich intensiver mit mir zu beschäftigen, und senke meinen Blick. Frick wird das als Zeichen der Unterwerfung verstehen.
Die Gespräche verstummen. Nur zwei Hip-Hopper lassen sich in ihrer Diskussion Eminem versus Wu-Tang Clan nicht stören.
»Sind alle scheiße!«, brüllt Frick.
Die Hip-Hopper fahren herum, den Mund offen zum Widerspruch, doch bevor sie etwas antworten können, das ihnen Probleme einbrocken würde, tritt Rahel Huber neben Frick.
»Ich würde gerne anfangen.«
Fricks Kopf zuckt in einer Art militärischem Nicken auf und ab. Zackig geleitet er die Projektleiterin zu einem Podest am Ende des Raums. Während Rahel Huber die kleine Bühne betritt, stellt sich Frick mit verschränkten Armen daneben. Er überragt die Projektleiterin auch so immer noch um einen halben Kopf.
»Ich begrüße Sie recht herzlich in der Militäranlage Praditsch.« Rahel Huber versucht sich an einem Lächeln. »Ich kann mir vorstellen, wie gespannt Sie auf das sind, was Sie erwartet. Erst einmal ist das eine Art Registrierung in Form eines Eintrittschecks. Danach erhalten Sie weitere Informationen.«
»Können Sie uns erklären, wie dieser Check funktioniert?« Mos Stimme ist nicht mehr ganz so heiser wie bei der Pressekonferenz.
»Wir haben zwei Schleusen eingerichtet, eine für die weiblichen Projektteilnehmerinnen und die andere für die männlichen Projektteilnehmer.«
»Projektteilnehmerinnen sind immer weiblich«, sagt Yuki so leise, dass nur ich sie hören kann.
Ich habe andere Sorgen. Schleusen? Was für Schleusen? Wozu?
»Keine große Sache. Ein Arzt wird Sie kurz anschauen und Sie gegen FSME, oder einfacher gesagt, gegen Zeckenbisse impfen. Dann ziehen Sie die Kleider an, die wir für Sie bereitgelegt haben.«
»Zecken?«, fragt Mo. »Ich denke, wir sollen zocken. Nicht in einem Wald herumkriechen.«
Der Mund der Projektleiterin wird zum Strich.
»Und warum andere Klamotten? Mir gefallen meine.«
»Es gibt eine Ausstiegsklausel im Vertrag.« Rahel Hubers Stimme klirrt vor Kälte. »Möchten Sie davon Gebrauch machen?«
Das Lachen, das Mos Sprüche ausgelöst haben, bricht ab. Alle starren ihn an. Mal sehen, ob er Mut hat.
»Ja«, antwortet er.
»Wollen Sie so eine folgenschwere Entscheidung nicht lieber erst mit Ihrem Team besprechen?«, fragt Rahel Huber. »Wenn Sie jetzt aussteigen, ist Ihre ganze Gruppe aus dem Spiel.«
»Er bleibt«, verkündet Tessa, die lässig an der Wand lehnt und aussieht, als gehe sie all das nichts an.
Niemand bewegt sich. Ich höre den Atem der Leute um mich herum, warte mit den anderen auf Mos Antwort.
»Wenn sie es sagt.« Er zuckt mit den Schultern.
Wenn sie es sagt? Er ist also doch nicht so mutig, wie er mit seinen provokativen Fragen vorgibt.
Rahel Huber verschränkt die Arme und schaut in die Runde.
»Möchte sonst noch jemand etwas wissen?«
Ich schweige, wie alle anderen auch. Keiner fragt nach den Kameras. Keiner erkundigt sich, warum wir von einer halben Armee bewacht werden. Keiner will Näheres über die Schleusen wissen. Zu lange haben wir diesem Moment entgegengefiebert, um jetzt einfach aufzugeben.
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Als E - Book ebenfalls im Thienemann Verlag erschienen:
Alice Gabathuler
Matchbox Boy
Ab 13 Jahren
ISBN 978 3 522 62078 9
Jorina, Dany und Leonie langweilen sich. Der Sommer ist zu heiß, das Wasser im Pool nicht wirklich erfrischend, die Laune bald im Keller. Da kommt der attraktive Ersatzmann für den Gärtner gerade recht. Schnell sind sich die drei Freundinnen einig: Er wird für ihr fehlendes Sommervergnügen sorgen! Immer schamloser werden ihre Attacken, immer verwirrter reagiert ihr Opfer. Dann ist er plötzlich verschwunden, dafür sind die drei bald das Top-Thema in ihrer Internet-Community. Jemand verbreitet ihre intimsten Geheimnisse, im Netz tobt der Mob. Wer
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