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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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klagende. Dazu sangen sie ihre Knacki-Litanei.
    Ich war’s nicht.
    Irgend so ein Arsch hat mich in die Pfanne gehauen.
    Ich bin unschuldig. Ich hab mich nur um meinen eigenen Kram gekümmert, und dann …
    Dort oben, in meiner kalten Kiste, weit weg von den Schalthebeln der Macht, schien es mir angebracht, nicht in diesen Chor einzustimmen. Aber ich wusste, dass ich es nicht getan hatte. Ich wusste, dass ich Geneviève nicht umgebracht haben konnte, sogar dann noch, als ich langsam zu befürchten begann, ich könnte es doch getan haben.
     
    Chic war selbstverständlich als Erster gekommen, sobald man ihn vorgelassen hatte.
    Man führte mich durch einen grell beleuchteten, nach Ammoniak stinkenden Korridor zu einem privaten Gesprächszimmer, das für Gefangene benutzt wurde, die man zu ihrem eigenen Schutz abseits von den anderen hielt. Ein von Kampfspuren gezeichneter Holzstuhl, eine Trennwand aus Plexiglas, Obszönitäten, die man mit dem Finger auf die metallene Tischplatte geschmiert hatte – man fühlte sich in die Highschool zurückversetzt.
    Die Wache sprach seinen Namen falsch aus, wie die französische Beurteilung einer Frisur, obwohl Chic alles andere ist als das. Er trug dieselben Klamotten wie immer, als wäre er zum ersten Mal ohne seine Mutter einkaufen gegangen. Jeans-Shorts, die ihm bis kurz unters Knie gingen. Ein riesengroßes olivgrünes Seidenhemd, das über seinem breiten Brustkasten zugeknöpft war. Eine glänzende, protzige Goldkette, passend zu dem Goldklunker am Ringfinger seiner linken Hand.
    Er bewegte seinen massigen Körper und versuchte, eine bequeme Position auf dem Stuhl zu finden, der nicht für professionelle Sportler entworfen worden war. Als ich ihn sah, stiegen mir die Tränen hoch, denn mir wurde bewusst, wie gründlich mein Leben in Stücke gegangen war, seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Vor einer Woche? Vor acht Tagen?
    Chic legte eine überraschend weiße Handfläche auf das Plexiglas. Ich legte meine dagegen – es fühlte sich irgendwie surreal an, eine Geste nachzuahmen, die ich nur aus Filmen kannte.
    »Was brauchst du?«, fragte er.
    Meine Stimme, die ich in letzter Zeit so selten benutzt hatte, klang so heiser wie die, die sonst zu meiner Zelle hochstiegen. »Ich hab das nicht getan.«
    Er machte eine beruhigende Geste mit gespreizten Fingern, legte den Kopf auf die Seite und senkte ihn leicht. »Nicht weinen, Drew-Drew«, sagte er sanft. »Nicht hier. Gib ihnen nicht diese Genugtuung.«
    Ich wischte mir mit dem Saum meines Gefängnishemds die Augen ab. »Ich weiß.«
    Chic sah aus, als würde er am liebsten durch die Glasscheibe brechen und ein paar Kämpfe für mich ausfechten, um sicherzustellen, dass die Tyrannen hier drinnen respektvollen Abstand zu mir hielten. »Was kann ich tun?«
    »Einfach nur hier sein.«
    Das war nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Ich nahm an, dass er sich nach einer Aufgabe sehnte, irgendetwas, womit er mir besser helfen konnte. Chic, der aus Philadelphia stammt, hat diese typische Loyalität der Ostküstenbewohner und stellt sie gerne unter Beweis. Wie ich später erfahren sollte, hatte er geschlagene viereinhalb Stunden unten gewartet, bis er hinein durfte und mich besuchen konnte.
    Er ballte seine starken Hände. »Das ist wie eins von deinen Büchern. Nur noch schlimmer.«
    »Das nehme ich jetzt mal als Kompliment.«
    Meine Finger waren wieder an meinem Kopf zugange, glitten über den Rosenkranz meiner Wundnaht. Als ich merkte, wie Chic mich beobachtete, nahm ich die Hand herunter.
    Er sah besorgt aus. »Wie geht’s dir hier drinnen?«
    Ich blickte an die Decke, bis meine Augen nicht mehr ganz so wässerig waren. »Ich scheiß mir in die Hosen vor Angst.« Eine Welle von Panik schnürte mir die Kehle zusammen und erinnerte mich daran, warum es besser war, sich der Angst nicht frontal zu stellen.
    Er sah aus, als würde er seine nächsten Worte sehr vorsichtig wählen. »Ich war auch schon im Gefängnis, aber das war nicht mit dem hier zu vergleichen. Dein Schatten muss ja schon Angst vor seinem eigenen Schatten haben.«
    Ich rieb mir die Augenlider, bis mein Herzschlag sich nicht mehr wie der Trommelwirbel am Schafott anhörte. Dann sagte ich: »Vergewissere dich bitte, dass es April gutgeht. Sie hat mich nicht besucht. Weder im Krankenhaus noch hier.«
    »Ihr wart noch nicht besonders lange zusammen.«
    »Wahrscheinlich ist das alles ein bisschen zu viel verlangt.«
    Chic hob die Augenbrauen als wollte er

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