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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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sagen,
ach, findest du wirklich?
    Wenn ich meine Fassung bewahren wollte, konnte ich nicht darüber sprechen, dass ich April verloren hatte, also fragte ich stattdessen: »Was gibt’s Neues an der Front?«
    »Den üblichen Scheiß. Gerichtsfernsehen, dreiminütige Zusammenfassungen auf dem Fünften, fünfminütige Zusammenfassungen auf dem Dritten. Die Reporter kommen sich weiß Gott wie korrekt vor, weil sie immer schön dran denken, das Wörtchen
mutmaßlich
zu benutzen.«
    Ich wusste bereits, dass die Version des Staatsanwalts die Sichtweise der Medien stark beeinflusst hatte und umgekehrt. Das Opfer war fotogen gewesen, und die Öffentlichkeit hatte sie so gesehen, wie sie wollte, und mich so, wie sie es brauchte. Die Geschichte hatte ein Eigenleben bekommen, und mir war prompt die übelste Rolle zugefallen.
    Er blinzelte mir zu. »Kriegst du ab und zu ein bisschen Schlaf?«
    »Klar.«
    Aber ich bekam eigentlich kaum Schlaf. In der letzten Nacht war ich wach gewesen und hatte meine Hände angestarrt wie Lady Macbeth, bestürzt über ihre geheime Geschichte. Ein kleiner Fleck getrocknetes Blut hielt sich hartnäckig unter meinem rechten Daumennagel, und ich pulte daran herum und pulte weiter, bis meine Frustration in Grauen überging und ich den vorderen Teil des Nagels mit den Zähnen abriss. Später träumte ich dann von Geneviève – ihre blasse Pariser Haut, ihre einladenden, gepolsterten Hüften, wie sie auf meinem Liegestuhl saß und mit einem Löffel geringelte Avocadostückchen aus der dunklen Schale schabte und sie mit Mayonnaise aus der Höhlung garnierte, in der vorher der Avocadokern gesessen hatte. Sie sah mich an und lächelte versöhnlich, und ich wachte auf. Das eine Ende meines dünnen Kissens hatte ich völlig durchgeschwitzt. Der Polyesterbezug war dünn, und ich wusste, dass ich hier in der Dunkelheit einen jämmerlichen Anblick bieten musste, wie ich schauderte und zitterte vor irgendetwas, das ich nicht wirklich benennen konnte.
    »Kannst du Genevièves Familie mein Beileid übermitteln?«, bat ich leise. »Sag ihnen, dass ich es nicht getan habe.«
    »Bei allem Respekt, aber die wollen im Moment bestimmt nichts von dir wissen.« Er hob eine Hand, als ich anhob zu protestieren. »Wie sind die Rechtsanwälte, die dein übereifriger Verleger für dich gefunden hat?«
    »Sie scheinen zu wissen, was sie tun.«
    »Wollen wir’s hoffen.« Er holte ein zusammengetackertes Dokument aus der Tasche und legte es in die Durchreiche.
    Die Wache stürzte an den Tisch und blökte los: »Wenn ich das bitte mal kurz sehen darf, Sir.«
    Chic wartete ungeduldig, während der Mann das Dokument durchblätterte, um die darin versteckte Lötlampe zu finden. Um sich zu rechtfertigen, entfernte er sogar die Heftklammer.
    Okay, damit war Plan B also auch gestorben – ich würde also nicht auf einer magischen Heftklammer hier hinausfliegen.
    Sobald das Dokument vom Sicherheitsdienst freigegeben war, schob Chic es zu mir durch. Es war eine umfassende Handlungsvollmacht über meine finanziellen und legalen Angelegenheiten.
    »Umfassend«, sagte ich. »Hast du dann nur den Röntgenblick, oder kannst du auch deine Gestalt verändern?«
    Er setzte ein halbes Grinsen auf, aber ich konnte die Sorge in den tiefen Fältchen um seine Augen sehen. »Die Anwaltskanzlei braucht einen Vorschuss von zweihundertfünfzig. Du musst wohl eine zweite Hypothek auf dein Haus aufnehmen.«
    »Eine dritte.« Beim bloßen Gedanken an meine Finanzen begannen meine Schläfen zu pochen. Es gab noch ein bisschen bürokratisches Heckmeck, bis die Wache ein notarielles Siegel herausrückte, das nötig war, um die Handlungsvollmacht rechtsgültig zu machen. Noch so ein Leckerbissen aus dem wahren Leben, den ich auf den Seiten meiner – wie mir nun klar wurde jämmerlich unrealistischen – Romane übersehen hatte.
    Ich unterschrieb und schob das Dokument wieder zu Chic durch. Seine Augen blieben an dem Zettel hängen, den ich dazugelegt hatte. »Was ist das denn?«
    »Für Adeline.«
    »Genevièves Schwester? Glaubst du allen Ernstes, dass sie von dir hören will?« Er faltete das Papier auseinander, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen, und las meinen pubertären Brief.
    Ich habe Deine Schwester nicht umgebracht.
    Sag mir, wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann.
    Ich fühle Deinen Verlust aus ganzem Herzen mit.
    Er faltete den Zettel wieder zusammen und ließ ihn in seiner Tasche verschwinden. Sein Blick sprach Bände.
    »Man wird

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