Blätter treiben im Wind (German Edition)
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Tom sah aus dem Fenster in die sich dem Ende zu neigende Farbenpracht des Indian Summer. Es war ein schöner Herbst gewesen. Für ihn der erste, der ihn weiter an Vermont binden würde. Und die Liebe, ja die Liebe war ihm auch zugeflogen. Aber nur weil er einen Liebesbrief an eine Frau geschrieben hatte, die er für immer lieben wollte. Die am Ende aber sein Herz herausgerissen hat, als sie ihn so verließ.
Er war früh aufgestanden um für Cooper Holz zu hacken. Sie sprachen nur kurz miteinander. Er sagte ihm dabei nochmals, dass er in Donnas Augen etwas sah, das ihn sehr beunruhigte. Was, das wollte er nicht weiter ausführen, und Tom fragte nicht weiter nach. Er hatte sich verliebt. Da sind Worte von dritten oft nur wie Seifenblasen, die kurz nach dem sie ausgesprochen wurden, zerplatzen.
Am späten Vormittag lud er die Bilder von seiner Digitalkamera auf sein Notebook. Er betrachte die Bilder von Donnas schönem Rücken und dann die beiden mit ihrem Profil. Es machte ihn glücklich, sie „wiederzusehen“. Ihre Augen, ihre Haare, ihren Körper, aber vor allem ihre Seele und ihre Liebe, die Tom auch auf den Bildern sehen konnte.
Den Nachmittag verbrachte er damit, einige Werbezeilen zu verfassen. Er saß seit einigen Stunden über einer Werbezeile, die er für morgen dem Zapfsäulenbesitzer Louis Gustavsson aus Hardwick versprochen hatte. Der Geschäftsmann wollte sich positionieren. Dieses Wort hatte er von Tom gelernt. Eine interessante Werbebotschaft wäre da doch nicht falsch, sagte Gustavsson zu ihm. Obwohl er der einzige Inhaber einiger Zapfsäulen in Hardwick war, fand er die Idee von dem neu zugezogenen Fremden durchaus ansprechend. Tom dürfte für einen tollen Slogan, den der Zapfsäulenbesitzer auf Plakate drucken konnte, einen Monat umsonst tanken. Was soll‘s, dachte sich Tom, wegen des Geldes mache er es soundso nicht. Endlich hatte er den passenden Satz zusammen.
Wer sagt, dass Hardwick nur Louis Stop hat, der hat Recht. Doch wer möchte denn schon bei den Großen, Unpersönlichen tanken. Ist Ihr Auto denn auch etwas Unpersönliches für Sie?
Es war nicht die beste Idee, die ihm im Kopf herumschwirrte, aber Louis Gustavsson würde sich über diesen Slogan freuen. Er wird mit Garantie sagen, dass er da nie draufgekommen wäre. So gut kannte Tom ihn bereits.
Als Nächstes sollte er noch ein Plakat für ein Straßenfest in Morrisville entwerfen. Die Stadt war auf ihn aufmerksam geworden, weil Louis wieder mal zu viel geredete hatte. Er wollte das doch nicht professionell machen, sondern nur so zum Zeitvertreib. Aber nein wollte er auch nicht sagen. So machte er sich an den ersten Entwurf für dieses Plakat. Sie warteten dringend darauf, die Plakate für das Straßenfest drucken zu können. Doch ihm fiel die Headline nicht ein. Dieser Satz, der die Leute in Scharen zu dem Fest treiben würde. Seine Gedanken waren allein bei Donna. Er hätte ihr in diesen Minuten, in denen der Wind leise um sein Haus wehte, so viel zu sagen gehabt. Er musste raus in die Wildnis. Er konnte sich jetzt auf einfach nichts anderes mehr konzentrieren.
Es war Abend. Er war zwei Stunden in den Wäldern rund um Mackville spaziert und hatte seine Gedanken schweifen lassen. Als er dann wieder Zuhause war, musste er feststellen, dass Donna immer noch nicht angerufen hatte. Sein Anrufbeantworter zeigte keinen Anruf an. Sicher würde Donna im Hotel zu viel um die Ohren haben, um ihn anzurufen. Tom dachte nicht weiter darüber nach. Er holte aus einer Schublade des selbstgezimmerten Holzschreibtisches einige strahlend weiße Blätter Papier und den silbernen Kugelschreiber hervor. Er brauchte nicht lange zu überlegen. Seine Hand fing wie von Geisterhand selbst an zu schreiben.
Eine Hommage an einen Menschen, der meine Sinne und mein Herz verzauberte
Um Dir das alles zu sagen, was ich Dir in diesem Brief schreibe, zu dem würde ich die nächsten Tage nie kommen, wenn ich mit Dir telefoniere oder Dir gegenüber sitze, da Du alleine mit deiner Anwesenheit mir raubst, was ich brauche, um mit Dir zu sprechen.
Wo soll ich nur anfangen bei den vielen Eindrücken, die Du bei mir hinterlassen hast? Ich greife einfach mal ein Thema auf, um den Anfang zu finden.
Wie Du von Deiner Tochter schwärmtest, einfach wundervoll; und mir die Geschichte des kleinen Mädchens erzähltest, das ihren Ball in den Himmel warf und ihn nicht wieder zurück bekam, und daraufhin der Engel ihr Flügel
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