Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi
hysterisch zu lachen. »Werft das Arschgesicht aus dem Fenster«, stieß er zwischen schallendem Gelächter hervor, wobei er jeweils einen Arm um die Schultern seiner Henker legte. »Werft das Arschgesicht aus dem Fenster!«
Seine Augen tränten vor Lachen, und er wischte sie mit einem Ärmel trocken, während er zurück in den Wohnraum taumelte. »Okay, Marco, wen haben wir als nächstes?«
Ein Mann in einem pfirsichfarbenen Anzug löste sich von der Tür, die in eins der Schlafzimmer führte. »Diesen Vogel, der in der Gegend von South Beach nach dir gefragt hat. Wir haben ihn im Strumpet's aufgegriffen.«
Das Lächeln verschwand von Ventannas Gesicht. »In einem Schwulentreff?«
Marco zuckte mit den Schultern.
»Du willst mir sagen, daß dieser Vogel in einem Schwulentreff nach Vincente Ventanna gesucht hat?«
Marco nickte.
Ventanna begann wieder zu lachen. »Ich werde das Arschgesicht ebenfalls aus dem Fenster werfen.«
Fast hysterisch ließ sich Ventanna in seinen Sessel fallen und bedeutete durch eine Bewegung, daß der Mann in den Wohnraum gebracht werden sollte. Er tauchte zwischen zwei Muskelbergen auf, die Zwillingsbrüder von Jesús und Luis hätten sein können. Maschinenpistolen hingen an ihren Schultern. Der Kerl selbst war ziemlich groß, sein Oberkörper formte ein muskulöses V. Er hatte einen schmuddeligen, kurzgeschnittenen Bart, lockige Haare und die dunkelsten Augen, die Ventanna jemals gesehen hatte. Seine Arme waren vor ihm zusammengebunden, und die hochgerollten Ärmel enthüllten kräftige, sehnige Unterarme. Der Kerl hatte ein hartes Gesicht, das keinen unnötigen Ausdruck verschenkte. Es war schmal und knochig, dünne Linien zerfurchten seine Stirn, und zahllose Schatten verbargen seine Geheimnisse. Für Ventanna war der Mann so gut wie tot, doch wenn er ihn ansah, hatte er den Eindruck, als habe der andere ihn in der Hand.
Ventanna machte es sich in seinem Sessel bequem und nippte von seinem riesigen Wodkaglas mit Eiswürfeln. »He, amigo, warum suchst du mich in einem Schwulentreff?«
Die schwarzen Augen blinzelten nicht einmal. »Schien mir der beste Ort zu sein, um das größte Arschloch in Miami zu finden.«
Ventanna spie den Wodka wieder aus, den er noch im Mund gehabt hatte. »He, du hast echt Humor. Du bist ein komischer Vogel.« Er schob sich wieder auf die Füße und bemerkte eine unregelmäßige Narbe, die sich über die linke Augenbraue des großen Mannes zog. »Ich mag das. Du weißt also auch, was ich tun werde.«
»Ich kann kaum erwarten, es zu hören.«
»Ich werde dich Arschgesicht aus dem Fenster werfen.«
Ventanna hatte den Satz kaum beendet, als ihn auch schon wieder ein Lachanfall schüttelte. Er sah hoch und bemerkte zu seiner Überraschung, daß der bärtige Mann mit ihm lachte.
»Du findest das lustig, amigo!«
»Nein, ich finde dich lustig.«
Jesús und Luis berührten die Neun-Millimeter-Pistolen der Marke Glock, die in ihren Gürteln festgeklemmt waren. Ventanna winkte ab.
»Du hast Mut, wie? Du bist ein ääächt harter Kerl.«
»Nur ein paar Fragen, dann gehe ich.« Die dunklen Augen des Mannes sahen ohne jeden sichtbaren Ausdruck zum Balkon hinüber. Vielleicht spannten sich die Muskeln in seinen Unterarmen ein wenig. Die Schatten in seinem Gesicht schienen sich auszudehnen, drohten, es zu verschlingen. »Ich werde sogar den unplanmäßigen Flieger namens Hector vergessen.«
Ventanna trat torkelnd einen Schritt vor. »He, ich bin dir ja so dankbar, Mann. Ich glaube, das werde ich dir nie vergessen.«
»Du hast die Wahl, Ventanna. Die sanfte oder die harte Tour.«
Ventanna trommelte mit einem Finger gegen eine unsichtbare Wand. »Weißt du, ich hätte dich vielleicht gehen lassen, wenn du nicht ausgerechnet in einem Schwulentreff nach mir gefragt hättest. Ich könnte über alles hinwegsehen, aber darüber nicht. Du weißt also, was ich jetzt tun werde?«
»Mich Arschgesicht aus dem Fenster werfen?«
»Du kapierst schnell, amigo.« Er schaffte es nicht, seine drogenvernebelten Augen auf die schwarzen Augen des großen Mannes gerichtet zu halten. »Jesús, Luis!«
Die beiden Monster traten vor und ergriffen den Gefangenen von beiden Seiten. Die beiden, die ihn bisher gehalten hatten, traten unterwürfig zurück.
»Werft das Arschgesicht aus dem Fenster!«
Jesús schlug dem großen Kerl in den Magen, brachte ihn zum Taumeln. Luis tat es ihm mit einem Schlag des Ellbogens gegen den Hinterkopf gleich, der ihn auf den Marmorboden
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