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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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E INLEITUNG
    Meister Kit
    DER ABTRÜNNIGE, DER UNTER anderem auf den Namen Kitap rol Keshmet hörte, stand im sanften Regen der Stadt, vom Makel in seinem Blut gedrängt und getrieben, ohne ihm jedoch nachzugeben. Angst und Entsetzen stiegen in seiner Kehle empor.
    In jeder Stadt und jedem Dorf in der Keshet, in Borja oder Pût hätte der Tempel einen Platz im Mittelpunkt der Gemeinschaft gefunden, wäre ein Ort des Stolzes und der Ehre gewesen und die Achse, um die herum sich das ganze Leben drehte. Im überwältigenden Glanz von Camnipol, ehrfurchtgebietend durch ihre Größe, Schönheit und Erhabenheit, war er nur eines von tausenden Gebäuden und durch seine Umgebung zur Bedeutungslosigkeit verurteilt.
    Die Stadt war das Herz des imperialen Antea, genauso wie das imperiale Antea das Herz der Macht der Erstgeborenen in der Welt war, aber Camnipol war älter als das Königreich, über das es herrschte. Jedes Zeitalter hatte hier seine Spuren hinterlassen, jede Generation war auf den Ruinen der vorangegangenen gewachsen, bis der Boden unter den dunkel gepflasterten Straßen keine Erde mehr war, sondern der Schutt dessen, was zuvor gewesen war. Schwarz und golden war sie, eine Stadt des Reichtums und der verzweifelten Armut. Um sie herum erhoben sich ihre Mauern, als wollten sie mit ihrer Unverwundbarkeit prahlen, und ihre Adelsviertel stellten riesige Anwesen, Türme und den ein oder anderen Tempel zur Schau, als wäre die Pracht ganz belanglos, gewöhnlich und profan. Wäre Camnipol ein Ritter gewesen, hätte er eine schwarz glänzende Rüstung und einen Umhang aus feinster Wolle getragen. Wäre es eine Frau gewesen, dann wäre sie zu hübsch gewesen, um sich von ihr abzuwenden, und zu einschüchternd, um sie anzusprechen. Stattdessen war es eine Stadt, und es war Camnipol.
    Sanfter Regen ließ die Steinmauern und hohen Säulen dunkler erscheinen. Breite Stufen führten von der Straße zu einem Absatz hinauf und dann in den schattigen Säulengang. Das große Banner aus Spinnenseide – rot wie Blut und mitten darauf das achtfache Siegel der Göttin – war unter dem überhängenden Dach aufgespannt, in der Mitte vom Regen verdunkelt und oben von Schatten, und die Brise ließ es in leichten Wellen flattern. Die Kutschen und Sänften der höchsten Adelsfamilien von Antea füllten die schmale Straße, eine jede darauf bedacht, einen besonders prestigeträchtigen Platz auf dem glatten Straßenpflaster zu ergattern, und keine war willens, auch nur einen Schritt zurückzuweichen und dadurch womöglich einem Rivalen eine Gelegenheit zu verschaffen. Und seit dem ersten Tau waren erst wenige Tage vergangen. Wenn der Sommer und die Hofsaison näher rückten, würde dieser Platz nicht mehr befahrbar sein. Im Norden stand der riesige Turm der Königshöhe grau im Nebel, seine Spitze verhangen, so dass sie in die langsam anschwellenden Wolken hinaufzuwachsen schien: der Gespaltene Thron, der sich in alle Himmelsrichtungen erstreckte und die Welt niederdrückte.
    Der Abtrünnige zog sich die Kapuze seines Umhangs tief ins Gesicht, um seine Züge und sein Haar zu verbergen. Winzige Regentropfen hingen in seinem Bart wie Fliegen, die sich in einem Netz verfangen hatten. Er wartete.
    Am oberen Ende der Stufen stand der Held von Antea, um die wenigen Granden, die früh in die Stadt gekommen waren, anzulächeln und ihnen zuzuwinken, während sie in die Düsternis des Tempels traten. Geder Palliako, der frisch er nannte Baron von Ebbinwinkel und Beschützer von Prinz Aster – des einzigen Sohnes von König Simeon und Erben des Gespaltenen Throns. Geder Palliako, der das Königreich vor den Verschwörungen des Hofes von Asterilreich gerettet hatte. Ge der war nicht das Abbild eines Staatshelden. Sein Gesicht war rund und blass, sein öliges Haar zurückgestrichen. Der schwarze Ledermantel, den er trug, war für einen beleibteren Mann gefertigt und umfloss ihn wie ein dekorativer Umhang. Er stand unter dem riesigen roten Banner wie ein Schauspieler, der zum ersten Mal auf die Bühne trat. Der Abtrünnige konnte beinahe sehen, wie er im Geiste immer wieder seine Textzeilen wiederholte und die Ohren spitzte, um sein Stichwort zu hören.
    Dies war der Mann, der den lange vergessenen Kult der Göttin zurückgebracht hatte, um ihn mitten im größten Reich außerhalb von Fern-Syramis zu verbreiten. In einer gläubige ren Ära wäre es dem Tempel vielleicht schwergefallen, Wur zeln zu schlagen, aber die Priester von Antea waren schon lange

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