Blaues Blut und heiße Küsse (German Edition)
Ferienauftakt
Eigentlich hätte ich echt schlecht drauf sein müssen, als ich die Autobahn vom Ruhrgebiet hoch Richtung Ostsee fuhr. Einen Grund hatte ich auf jeden Fall: Eine Virusinfektion hatte mich wochenlang erwischt. Nicht nur, dass ich einige Kilo verloren hatte, nein ich fühlte mich auch immer noch schlapp und müde. Außerdem war ich super blass. Vielleicht saß mir auch noch die Trennung von meinem Lover, gleich nach Karneval, in den Knochen.
Wie auch immer, jedenfalls lagen nun fast acht Wochen in einem verschlafenen Dorf an der Ostsee vor mir. Zum einen Urlaub, zum anderen ein Sonderurlaub meiner Firma. Als Controller hatte ich unseren Verlag vor einer großen Kostenexplosion und zwei Fehlentscheidungen gewarnt. Eher Zufall, aber meine Vorgesetzten waren von der Leistung so begeistert, dass ich einen Bonus und vier Wochen Sonderurlaub bekam, die meinen Doc dazu veranlassten, mich an die Ostsee zu schicken.
Dort sollte ich wieder zu Kräften kommen. Ausgelaugt wie ich war, stimmte ich zu. Lebendig begraben, nannte Stefan, mein bester Kumpel, das.
Immerhin, er hatte mir geholfen, eine schwule Reiterpension direkt an der Ostsee zu finden. Nicht dass ich jemals auf einem Gaul gesessen hatte, aber der Internetauftritt sagte mir zu. Außerdem würde sich vielleicht der ein oder andere scharfe Kerl dorthin verirren. Denn acht Wochen ganz ohne Sex … na ja, ich bin ja auch kein Mönch.
Ricky Martin, frisch geoutet, klang aus dem Radio, als mein Handy ging.
„Hey, Tom. Bist du schon auf dem Weg?“
„Hallo, Stefan. Sicher. Seit sieben Uhr. Hannover liegt bereits hinter mir.“
„Huah. Echt? Ich bin grade erst auf. Meinst du wirklich, du hältst es solange da oben aus?“
„Warum nicht? So müde wie ich immer noch bin.“
„Na dann. Du, wenn es dir zu langweilig wird, meld dich. Dann komme ich Ende August für ein paar Tage hoch.“
„Super gerne. Aber ich dachte, du willst nach Ibiza?“
„Will ich. Danach. Aber vorher ein paar ruhige Tage sind vielleicht auch nicht verkehrt. Wenn du bis dann nicht längst zurück bist.“
„Wir werden sehen. Ich halte dich auf dem Laufenden.“
„Da bitte ich auch drum. OK. Alter, dann gute Fahrt und meld dich.“
„Mach ich.“
„Bis dann.“
„Ciao.“
Ich musste lachen. Stefan war echt voll in Ordnung. Zwar hatte er nur Spaß und Jungs im Kopf, aber ansonsten war echt Verlass auf ihn. Schon fünf Jahre waren wir nun befreundet. Und das, obwohl er in Köln lebte. Ein altes Vorurteil, aber wir Düsseldorfer haben echt eine fast natürliche Abneigung gegen unsere Nachbarn. Wobei Düsseldorf längst auch nicht mehr das ist, was es einmal war. Oder lag das an meinem Ex? Seit der Trennung vor sechs Monaten war ich fast mehr in Köln als Düsseldorf unterwegs gewesen.
Wie auch immer. Die nächsten Wochen würde ich jedenfalls weder in der einen noch in der anderen Stadt verbringen. Landleben war angesagt.
Immerhin eine Gay Pension und direkt an der Ostsee.
Wenige Stunden später konnte ich schon an der Luft riechen, dass ich mich meinem Ziel näherte. Durch einen kleinen Ort, über einen Deich fahrend, erreichte ich gegen 16 Uhr ein lang gestrecktes Backsteinhaus.
Idyllisch, verzog ich den Mund, als ich auf den dahinter liegenden Koppeln Pferde grasen sah. Es war echt die Kulisse für einen perfekten Rosamunde Pilcher Film. Nichts aber für einen jungen Schwulen, der Großstadtleben und Aktion brauchte. Ich parkte meinen schwarzen Golf neben einigen anderen Autos vor den Pferdeställen, stieg aus und atmete tief durch. Mich meinem Schicksal ergebend, betrat ich, nachdem ich vergeblich angeklopft hatte, das Haupthaus.
Ein gemütlich eingerichteter Gastraum empfing mich. Typisch norddeutsch, aber er gefiel mir.
Ich schaute mich um, als eine weitere Tür aufging. Ein mitvierziger Kerl mit dunkelblonden Locken stand plötzlich vor mir.
„Hallo“, schaute er mich mit gewinnendem Lächeln an.
„Hallo. Thomas Brücker. Ich hab mich per Mail angemeldet.“
„Grüß dich. Carsten. Wir haben gemailt. Herzlich willkommen. Magst du was trinken? Toilette? Erst mal aufs Zimmer?“
Er blieb bei dem gewinnenden Lächeln.
Da ich echt pissen musste, führte er mich durchs ganze Haus. Immerhin, modern.
Renoviert. Als ich zurückkam, stand Carsten an einer Theke und schüttelte Cola in zwei Gläser. Binnen zehn Minuten erfuhr ich, dass er mit Ludger, seinem Lebensgefährten, seit fünf Jahren die Pension und gleichzeitig die Pferdeställe betrieb.
Wobei
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