Der Trick der alten Tante
Der Trick der alten Tante
Hallo, liebe Freunde, hier spricht der Meisterdetektiv!
So was wäre natürlich, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen, eine alberne Einleitung. Deshalb mache ich es anders. Ich sage ganz einfach: Guten Tag, hier bin ich! Freut mich, daß ihr bei der seltsamen Geschichte mit der alten Tante dabei seid.
Eines sei allerdings schon jetzt verraten: Dieses ist kein Fall mit Knall. Eher ein Fällchen mit Knällchen. Aber trotzdem hat er es in sich! O ja! Es ist unglaublich, zum Kopfschütteln, zum Augen- und Ohrenaufreißen, wenn man erfährt, was einem alten Tantchen so alles einfallen kann.
Zunächst, liebe Freunde, werde ich als Chronist fungieren. Ich bleibe euer Erzähler, bis zum Augenblick meines Auftrittes...
Ich mußte lange recherchieren, bis ich alle Einzelheiten dieses haarsträubenden Abenteuers zusammengetragen hatte. Pinsel und ich, wir haben uns Blasen gelaufen dabei.
Pinsel!!! Pinsel, geh sofort aus meinem Hosenbein heraus! Das ist so eine dumme Angewohnheit von ihm. Immer, wenn ich meine Hose anziehen will, versteckt er sich im linken Bein. Gib her, zum wilden Samuel noch einmal! Ich kann schließlich kein Abenteuer in der Unterhose zum besten geben. Loslassen! Na, also...
Jetzt ist der Meisterdetektiv fertig angezogen, hehehe. Mit Hose spricht’s sich gleich viel leichter. Es geht los!
Schleichen wir uns mitten hinein in ein Telefongespräch mit äußerst raffiniertem Inhalt...
„Hach, war das ein Leben. Warum nur muß man erst neunundfünfzig Jahre alt werden, um so ein schönes, fröhliches Leben führen zu können?“
Alwine Stengel setzte die Kaffeetasse von vorgestern (Erbstück Großmutter!) ab, nickte kurz im Takt der Radiomusik, die Melodien von gestern spielte, und wandte sich linksohrig wieder der Gegenwart zu, die ungeduldig wissen wollte:
„Bist du noch da, Tantchen?“
„Natürlich bin ich noch da!“ nickte Alwine mit den grauen Haaren. Mit schelmisch-verschmitztem Augenaufschlag erklärte sie: „Ich hab’ nur einen Schluck Kaffee genommen.“
Die Stimme am anderen Leitungsende klang neugierig:
„Also, wie ist das nun mit dem Geheimnis deines Nebenverdienstes?“
„Ich vermiete, Roswitha!“ Das klang wie „ich züchte Schweine mit Pudelschwänzen“ oder aber wie „ich verkaufe rotgefärbte Abgase“.
„Ach Gott, Tantchen“, seufzte es durch den Draht, „du vermietest. Und ich habe wunder gedacht, was dir Geniales eingefallen ist. Du hast doch schon immer vermietet. Was ist daran Neues?“
„Ich vermiete jetzt mit Trick, mein Täubchen!“
Pause. Dann verständnislos: „Wie soll ich das verstehen?“
„Ich habe einen Dreh gefunden, wie ich in einem (sie dehnte das ,einem’ auf zwölfmeterachtzig!) Monat gleich mehrere Male vermieten kann.“
„Mehrere Male???“
„Mehrere Male!!!“
„Dasselbe Zimmer???“
„Dasselbe Zimmer!!!“
„Das ist doch nicht möglich, das gibt’s nicht, Tantchen.“
„Ich sagte doch, daß ich jetzt mit Trick vermiete.“
„Das mußt du mir erklären, Tantchen!“
Alwine überhörte das Mißtrauen ihrer Nichte. O ja, sie hatte es deutlich klingeln hören. Aber sie würde sich den Spaß nicht verderben lassen. Auch nicht von ihrer Lieblingsnichte! Und so klang ihre Stimme frei von bösem Gewissen, kein bißchen schuldbewußt.
„Paß auf, was sich dein Tantchen hat einfallen lassen. Laut Paragraph 1 des Mietvertrages muß mir jeder Mieter bei seinem Einzug eine Monatsmiete im voraus zahlen. So steht es schwarz auf weiß geschrieben. Und wenn er vor Ablauf von vier Wochen auszieht, dann verfällt die geleistete Miete.“ Alwine kicherte belustigt, als sie sich jetzt erkundigte: „Na, mein Täubchen, ist das nicht ein toller Einfall von mir?“
Noch war das „Täubchen“ ahnungslos.
„Ich weiß nicht, was daran so besonders einfallsreich sein soll. Der Mieter wäre ja dumm, würde er vor dem Ablauf der vier Wochen ausziehen.“
Alwine lachte glucksend, und es klang gleichermaßen triumphierend wie stolz, als sie verkündete: „Sie ziehen aus, mein Täubchen, sie ziehen! Im April waren es drei, und in diesem Monat bin ich auch schon auf zwei gekommen. Dabei haben wir erst den Siebzehnten.“ Man merkte es Roswitha an, wie sie bemüht war, eine plausible Erklärung zu finden.
„Und warum ziehen sie aus? Das Zimmer ist doch schön…“
„Ich nörgle so lange an ihnen herum, bis sie von allein gehen!“
Durch den Draht pfiff ein Geräusch der Empörung. „Nein, aber nein,
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