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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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der vornehmsten Gesellschaft fast wie gleichberechtigt.«
    Plötzlich fahren alle auf. Dicht vor den Fenstern ist ein Schuß gefallen.
    »O Gott, was ist das!« schreit Volumnia mit ihrem dünnen verwelkten Kreischen.
    »Eine Ratte«, sagt Mylady. »Sie haben sie totgeschossen.«
    Mr. Tulkinghorn tritt ein, gefolgt von einigen Merkuren mit Lampen und Lichtern.
    »Nein, nein, noch kein Licht«, sagt Sir Leicester. »Ich glaube wenigstens. Ist Mylady die Dämmerstunde unangenehm?«
    Im Gegenteil, Mylady hat sie gern.
    »Und Ihnen, Volumnia?«
    O, nichts erscheint Volumnia so köstlich, als im Dunkeln zu sitzen und zu plaudern.
    »Tragen Sie alles wieder hinaus«, befiehlt Sir Leicester. »Tulkinghorn, ich bitte um Verzeihung. Wie geht es Ihnen?«
    Mr. Tulkinghorn ist mit seiner gewohnten gemessenen Ruhe eingetreten, hat im Vorübergehen Mylady seine Huldigung dargebracht, schüttelt Sir Leicester jetzt die Hand und setzt sich in einen Stuhl an der andern Seite des kleinen Zeitungstisches, der neben dem Baronet steht. Sir Leicester fürchtet, Mylady könne sich, da sie sich noch nicht ganz wohl befinde, an dem offnen Fenster erkälten. Mylady dankt ihm, möchte aber der frischen Luft wegen lieber dort sitzen bleiben. Sir Leicester steht auf, richtet ihr den Umhang zurecht und kehrt auf seinen Platz zurück. Mr. Tulkinghorn hat unterdessen eine Prise genommen.
    »Nun«, fragt Sir Leicester, »wie ist die Wahl verlaufen?«
    »Ach, faul von Anfang an. Aussichtslos. Sie haben ihre beiden Kandidaten durchgebracht. Sie sind aussichtslos geschlagen. Drei zu eins!«
    Es liegt in Mr. Tulkinghorns System, nie Meinungen zu haben, geschweige denn gar politische. Deshalb sagt er: »Sie« sind geschlagen, und nicht: »Wir«.
    Sir Leicesters Zorn ist majestätisch. Volumnia traut ihren Ohren nicht. Der hinfällig aussehende Vetter ist der Meinung, daß so etwas stets jeschehen müsse, solange Pöbel, äh, Stimmrecht.
    »Es ist der Distrikt, Sie wissen, wo man Mrs. Rouncewells Sohn als Kandidaten aufstellen wollte«, erklärt Mr. Tulkinghorn, als die andern wieder schweigen.
    – Die Dunkelheit nimmt rasch zu. –
    »Ein Vorschlag, den zurückzuweisen er Takt und Schicklichkeitsgefühl genug hatte, wie Sie damals ganz richtig sagten«, bemerkt Sir Leicester. »Ich kann nicht sagen, daß ich die Meinungen, die Mr. Rouncewell einmal während eines halbstündigen Besuches hier aussprach, irgendwie billige, aber in seinem Vorgehen bewies er ein Schicklichkeitsgefühl, das ich gern anerkenne.«
    »Na!« sagt Mr. Tulkinghorn. »Es hielt ihn aber doch nicht ab, bei der Wahl sehr tätig einzugreifen.«
    Sir Leicester schnappt deutlich nach Luft. Er kann kaum Worte finden.
    »Verstehe ich Sie recht? Sagten Sie, Mr. Rouncewell habe bei der Wahl tätig eingegriffen?«
    »Ungemein tätig.«
    »Gegen...«
    »Natürlich gegen Sie! Er ist ein vorzüglicher Redner. Er spricht einfach und mit Nachdruck, Seine Rede wirkte vernichtend, und er hat großen Einfluß. In der Auseinandersetzung des geschäftlichen Teils der Sache schlug er alle aus dem Felde.«
    Die ganze Gesellschaft weiß genau, wenn sie es auch nicht sehen kann, daß Sir Leicester flammende Augen macht.
    »Und sein Sohn leistete ihm vielen Beistand«, setzt Mr. Tulkinghorn als Schlußeffekt hinzu.
    »Sein Sohn, Sir?« wiederholt Sir Leicester mit Bangen erregender Höflichkeit.
    »Sein Sohn.«
    »Der Sohn, der Myladys Kammerjungfer heiraten wollte?«
    »Derselbe. Er hat bloß einen.«
    »Dann, auf Ehre«, sagt Sir Leicester nach einer beängstigenden Pause, während der man ihn schnauben hörte, »dann, auf Ehre, bei meinem Leben, bei meinem Ruf, bei meinen Grundsätzen, dann sind wirklich die Dämme der Gesellschaft gebrochen, und die Wogen haben – uff – den Fuß des Gerüstes, das die Welt zusammenhält, unterspült.«
    Allgemeiner Entrüstungsausbruch bei den Vettern. Volumnia meint, es sei denn doch wahrhaftig höchste Zeit, daß jemand, der die Gewalt in der Hand habe, eingreife und etwas Entscheidendes tue. Der hinfällig aussehende Vetter meint –, Vaterland, jehe, zum Deubel – mit Flachrennenjeschwindichkeit.
    »Nur kein Kommentar gefälligst«, verbittet sich Sir Leicester noch ganz atemlos. »Nur kein weiterer Kommentar über diesen Vorfall! Kommentar ist überflüssig. Mylady, erlauben Sie mir, in bezug auf die Kammerjungfer zu sagen...«
    »Ich beabsichtige nicht, mich von ihr zu trennen«, kommt ihm Mylady von ihrem Fenster her in leisem, aber entschiednem Ton

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