0267 - Dämon der sieben Meere
So wie jetzt auch wieder! Er spürte das nahende Unheil und sah die schwarzen Segel draußen auf dem Atlantik. Ein anderes Schiff! Das hatte ihm gerade noch gefehlt! So, wie er den anderen Segler sehen konnte, sah der auch ihn. Die naheliegende Küste an Backbord gab keinen Schutz. An dieser Stelle konnte die LUCKY MARY nicht untertauchen.
»He, was ist das für ein Pott?« schrie er zur Brücke hinauf, wo Pierre Tugout am Ruder stand. »Kannst du was sehen?«
»In dem Halblicht? Ich sehe nur, daß es ein Segler ist! Gibt’s denn so was heute noch, Skipper?«
Clarkton hastete die Eisenstufen zur Brücke hinauf. Dort lag das Nachtglas. Er riß es vor sein Gesicht, sah hindurch. Die Vergrößerung ließ den Segler förmlich auf ihn zuschnellen. Jetzt sah er ihn deutlicher als zuvor.
Ein Dreimaster, ein riesiges Ding, das der Bugwelle nach die See ziemlich rasch durchpflügte. Schwarz die Segel, schwarz die Decks und die Außenplanken! Unheimlich sah der Dreimaster aus mit seinen Geschützluken, und die waren alle offen! Ein Schiff aus dem Mittelalter…
Clarkton wirbelte herum, sah zur Küste. Aber die war hier flach und glatt. Keine verschwiegenen Buchten, nichts. Clarkton wurde es heiß, als er an die Fracht dachte, die mittschiffs ruhte und die ihm über eine Million Francs brachte, wenn er sie in der Nähe von Carnac ausschiffte.. Aber wieder einmal schien etwas dazwischenzukommen.
Dieser verflixte Segler…
Der Eigner des Seglers mußte eine merkwürdige Type sein. Heute fuhr doch keiner mehr so ein vorsintflutliches Schiff, und dann noch der pechschwarze Anstrich…
»Wie ein Dämonenschiff, nicht?« brummte Pierre Tugout und drehte ein wenig am Ruder. Die beiden Motoren tuckerten beängstigend laut. Eine hohe Welle ließ das kleine Schiff krängen. Clarkton glich die Bewegung auf den Zehenspitzen aus. Er murmelte erneut einen Fluch. »Spinn nicht herum. Denk dir lieber etwas aus, wie wir dem Burschen am besten aus dem Weg gehen. Wenn der durchfunkt, daß er uns hier gesehen hat… und die Küstenwache unseren Kurs mit dem tatsächlichen vergleicht… dann haben sie uns doch sofort!«
»Warum sollte er funken?« fragte Tugout gemächlich. »Vielleicht hat er ja nicht mal Funk an Bord…«
»Aber er trägt die Begegnung im Logbuch ein, und dann packen sie uns ein paar Wochen später, verdammt!« zischte. Clarkton nervös. »Wenn es doch wenigstens schon richtig dunkel wäre! Die Dämmerung…«
Er unterbrach sich. »Sag mal, spinne ich, oder hält der direkt auf uns zu?«
Tugout nickte. »Tatsächlich. Das sieht nach Kollisionskurs aus. Frag mal den Radar, Skipper.«
Clarkton nickte mit zusammengepreßten Lippen. Er trat in die Kommandokabine hinter dem offenen Brückenteil. Dort befand sich die kleine Funk- und Meßanlage. Sie war nicht besonders leistungsstark und auch recht störanfällig, aber dafür preiswert gewesen.
Der Radarschirm glomm grün. Clarkton studierte die Lichtreflexe und schüttelte den Kopf. Er sah die Küstenlinie und sonst nichts. Kein anderes Schiff im Erfassungsbereich!
Clarkton stieß die Tür mit dem Fuß auf. »Pierre, ist der Schwarze noch draußen? Versuch mal Richtung und Entfernung zu schätzen…«
»Bei meinem Augenmaß…?« Aber dann gab Pierre Tugout doch seine Beobachtung durch. Zwischendurch waren drei weitere Männer der zehnköpfigen Besatzung an Deck erschienen. Clarkton registrierte es mit leisem Unbehagen. Er verglich Tugouts Angaben mit seinem Gedächtnis und tippte auf eine Stelle des Radarschirms. Hier etwa hätte der Reflex sein müssen. War er aber nicht.
Aber das Gerät konnte nicht defekt sein. Die Küste mit ihren weit hinter dem flachen, geraden Strand liegenden Felsenformationen wurde exakt angemessen. Clarkton schluckte. Warum ließ dieser schwarze Segler sich nicht anmessen?
Der Skipper trat wieder in die Abenddämmerung hinaus. Unten hörte er die Männer aufeinander einreden.
»Bleibt unverändert auf Kollisionskurs«, sagte Tugout jetzt doch beunruhigt. »Der will etwas von uns.«
»Ein Küstenwachschiff ist es nicht, auch kein Mariner. Aber wenn er ein Zivilist ist, warum zum Teufel läßt er uns dann nicht in Frieden, verdammt? Was will er von uns?«
Das fremde Segelschiff wurde immer deutlicher, war jetzt schon so nah, daß man mit dem bloßen Auge Einzelheiten erkennen konnte.
»Schau dir mal die Galionsfigur an, Skipper«, sagte Tugout leise. »Hast du so etwas schon mal gesehen?«
Clarkton schüttelte sich. Die Galionsfigur
Weitere Kostenlose Bücher