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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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jetzt wirklich die Wahrheit, oder der erste der Leute, die hereinkommen, ist plötzlich verrückt geworden, denn wie er hinaufblickt zur Decke und dem ausgestreckten Finger folgt, schreit er auf und läuft davon. Die andern blicken ins Zimmer, so wie der erste hineinblickte, und auch sie schreien auf und laufen davon. Alarm entsteht in den Straßen.
    Was hat das zu bedeuten? Man läßt kein Licht in das verfinsterte Zimmer, und Leute, die sonst nie hineinkommen, treten auf den Fußspitzen ein und kommen schweren Tritts wieder heraus, tragen etwas in das Schlafzimmer und legen es hin. Den ganzen Tag geht ein Flüstern der Verwunderung durch die Straßen. Nachforschung wird gehalten in jeder Ecke, Fußstapfen auf Fußstapfen aufmerksam verfolgt und sorgfältig die Stellung jedes Stücks Hausrat betrachtet. Aller Augen blicken hinauf zu dem Römer, und Stimmen murmeln: Wenn der reden könnte!
    Er deutet beharrlich auf einen Tisch mit einer fast noch vollen Flasche Wein und einem Glas darauf und zwei Kerzen, die kurz nach dem Anbrennen ausgeblasen worden sein müssen. Er deutet auf einen leeren Stuhl und auf einen Fleck auf dem Fußboden davor, den man mit einer Hand bedecken kann. Eine aufgeregte Phantasie könnte sich einreden, es läge darin etwas so Schreckliches, daß das ganze Deckengemälde samt den dickbeinigen Amoretten, samt Wolken, Blumen und Pfeilern, kurz, die ganze Allegorie an Leib und Seele, verrückt werden müßte. Jeder, der in das verdunkelte Zimmer tritt und sich diese Sachen ansieht, blickt auch hinauf zu dem Römer, der jetzt in aller Augen etwas Geheimnisvolles und Schauerliches hat und aussieht wie ein vom Schlag getroffner stummer Zeuge.
    Viele Jahre lang noch werden Schauergeschichten von dem Fleck auf dem Fußboden erzählt werden, der so leicht zu bedecken und so schwer wegzuwaschen war; und der Römer wird, solange Staub und Feuchtigkeit und Spinnen ihn verschonen, mit viel größerer Bedeutung als jemals zu Mr. Tulkinghorns Lebzeiten, vom Tode berichtend, herunterdeuten.
    Mr. Tulkinghorns Zeit ist vorüber für immer, und der Römer deutete auf die Mörderhand, die sich gegen das Leben erhoben, und deutete rastlos auf den, der den Abend bis Morgen mit dem Gesicht auf dem Fußboden dagelegen hat, mitten durch das Herz geschossen.

49. Kapitel
Hie Pflicht, hie Freundschaft!
    Ein großer Jahrestag ist in der Familie Mr. Matthew Bagnets, alias Lignum vitae, ehemaligen Artilleristen und gegenwärtigen Fagottbläsers. Ein Tag der Lustbarkeit und Freude. Die Feier eines Geburtstags in der Familie.
    Natürlich nicht der des Familienoberhaupts, denn Mr. Bagnet ehrt diesen Zeitabschnitt in seinem Instrumentengeschäft immer dadurch, daß er den Kindern vor dem Frühstück einen Extraschmatz gibt, eine Pfeife mehr nach dem Mittagessen raucht und sich gegen Abend Grübeleien hingibt, was jetzt seine alte arme Mutter wohl denken möge – eine ungemein schwierig zu lösende Aufgabe, die dadurch nicht leichter wird, daß die Dame schon vor zwanzig Jahren gestorben ist. Manche Menschen erinnern sich selten an ihre Väter und scheinen in den Bankbüchern ihres Gedächtnisses ihr ganzes Kapital Kindesliebe auf den Namen der Mutter überschrieben zu haben. Mr. Bagnet ist einer von diesen Leuten. Vielleicht bestätigt das Verdienst seiner Gattin ihn in der Ansicht, daß das Hauptwort »Verdienst« eigentlich weiblichen Geschlechts sein solle. Der Geburtstag eines der drei Kinder ist es auch nicht. Derlei Tage erhalten natürlich ihre Auszeichnung, aber sie übersteigt selten die Grenzen herzlicher Glückwünsche und eines Puddings.
    Es kann also nur der Geburtstag seiner Alten sein, und das ist der größte Festtag und der am rötesten angestrichne Tag in Mr. Bagnets Kalender. Das glückliche Ereignis wird stets streng nach gewissen Normen gefeiert, die Mr. Bagnet schon vor einigen Jahren ein für alle Mal ausgearbeitet und festgelegt hat. Er ist fest überzeugt, daß ein paar Hühner auf dem Mittagstisch den Gipfelpunkt eines geradezu kaiserlichen Luxus bilden, und geht daher regelmäßig schon sehr zeitig an diesem Tag aus, um ein paar zu kaufen, wird ebenso regelmäßig von dem Geflügelhändler übers Ohr gehauen und ersteht jedes Mal die beiden ältesten Hühner von ganz Europa. Dann bindet er diese Triumphe von Zähigkeit in ein reines, blauweiß gestreiftes Taschentuch, – ein wesentliches Requisit der Feier –, kehrt nach Hause zurück und fordert Mrs. Bagnet beim Frühstück gelegentlich auf, zu

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