Bleakhouse
Leicester Dedlock, Baronet.«
»Er ist ein armer betrogner Mann. Ich auf sein Haus spucken. Auf seinen Namen. Auf seine Einfalt.« Mademoiselle spuckt dabei drei Mal auf den Teppich. »O ja, er ist ein großer Mann. O ja, süperb !Mondieu! Fi!«
»Also, Sir Leicester Dedlock«, fährt Mr. Bucket fort, »auch diese unbändige Französin da bildete sich ein, einen Anspruch an den seligen Mr. Tulkinghorn zu haben, weil er sie bei der erwähnten Gelegenheit in seine Kanzlei bestellt hatte. Daß er sie für ihre Mühe und den Zeitverlust reichlich entschädigte, das...«
»Lüge!« ruft Mademoiselle. »Ich ihm habe geworfen sein Geld vor die Füße!«
»Wenn Sie parlühren wollen, nun gut, dann müssen Sie eben die Folgen auf sich nehmen. – Weiter, Sir Leicester Dedlock. Ob sie schon damals mit der vorgefaßten Absicht, die Tat zu begehen, zu mir zog, um mich sicher zu machen, darüber erlaube ich mir kein Urteil. Aber, kurz und gut, sie wohnte bei mir als Mieterin und hat den verstorbenen Mr. Tulkinghorn in seiner Kanzlei beständig mit ihren Besuchen belästigt, um sich mit ihm herumzuzanken, und gleichzeitig den unglückseligen Papierhändler fast zu Tode gepeinigt.«
»Lügen!« ruft Mademoiselle. »Alles Lügen!«
»Die Mordtat wurde begangen, Sir Leicester Dedlock, Baronet, und Sie kennen die näheren Umstände. Ich muß Sie jetzt bitten, mir ein paar Minuten Ihre angestrengteste Aufmerksamkeit zu schenken. Man ließ mich holen und vertraute mir den Fall an. Ich untersuchte die Wohnung, die Leiche, die Papiere und alles. Infolge eines Winkes von selten des Schreibers in Mr. Tulkinghorns Kanzlei verhaftete ich George, weil man ihn nachts, ungefähr in der Zeit, als der Mord geschah, im Hause gesehen hatte und außerdem wußte, daß er schon früher heftige Wortwechsel mit dem Verstorbenen gehabt und sogar Drohungen gegen ihn ausgestoßen hatte, was alles der Zeuge bestätigte. Wenn Sie mich fragen, Sir Leicester Dedlock, ob ich von Anfang an George für den Mörder gehalten habe, so sage ich ganz ruhig, nein, aber immerhin hätte er es doch sein können, und es sprach so viel gegen ihn, daß es meine Pflicht war, ihn zu verhaften. Jetzt merken Sie wohl auf!« – Wie sich Mr. Bucket mit ziemlicher Aufregung vorbeugt und seine Rede mit einem unheilschwangeren Hieb seines Zeigefingers durch die Luft einleitet, heftet Mademoiselle Hortense ihre schwarzen Augen mit finsterm Groll auf ihn und preßt ihre fieberhaft trocknen Lippen fest zusammen. –
»Ich ging abends nach Hause, Sir Leicester Dedlock, Baronet, und fand dieses junge Frauenzimmer beim Abendbrot bei meiner Frau, Mrs. Bucket. Von dem ersten Tag an, wo sie sich bei uns einmietete, zeigte sie sich mächtig zu meiner Frau hingezogen; aber an diesem Abend war es auffälliger als je. Sie übertrieb es geradezu. In ebenso übertriebnen Farben schilderte sie ihre Hochachtung und ihre Verehrung für den beklagenswerten Mr. Tulkinghorn. Beim lebendigen Gott, da fuhr es mir durch den Kopf, wie ich sie so mir gegenüber am Tisch mit dem Messer in der Hand dasitzen sah, sie müsse die Tat begangen haben.«
Mademoiselle zischt kaum hörbar durch die Zähne:
»Sie sind ein Teufel.«
»Wo war sie nun an dem Abend, wo der Mord begangen wurde, gewesen?« fährt Mr. Bucket fort. »Im Theater! Sie war auch wirklich dort gewesen, wie ich erfahren habe, sowohl vor wie nach der Tat. Ich war mir bewußt, daß ich es mit einer schlauen Person zu tun hatte und mir der Beweis sehr schwer fallen würde, und ich legte ihr eine Schlinge – eine Schlinge, wie ich sie noch nie gelegt habe. Es war ein Wagestück, wie ich es noch nie unternommen habe. Ich dachte mir die Sache aus, während ich mich mit ihr während des Abendessens unterhielt. Als ich hinauf zu Bett ging, stopfte ich, weil unser Haus klein ist und das Ohr dieses jungen Frauenzimmers scharf, Mrs. Bucket ein Tuch in den Mund, damit sie kein Wort der Überraschung hören ließe, während ich ihr die Geschichte erzählte... Mein Schätzchen, lassen Sie sich das nicht noch ein Mal einfallen, oder ich schließe Ihnen die Füße zusammen.«
– Mr. Bucket hat plötzlich inne gehalten, ganz geräuschlos Mademoiselle überfallen und sie in das Sofa zurückgedrückt. –
»Was haben Sie schon wieder?« fragt sie ihn.
»Lassen Sie sich das nicht noch ein Mal einfallen«, entgegnet Mr. Bucket mit warnendem Finger, »zum Fenster hinausspringen zu wollen. Das habe ich wieder. Geben Sie mir Ihren Arm. Sie brauchen nicht
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