Bleakhouse
geneigt zeigte, ihm zu widersprechen, kaum daß er angefangen hatte, denn ich wußte, daß über keinen Punkt von »Jarndyce kontra Jarndyce« zwei Personen miteinander einig sein konnten. Aber er schien doch gegen Mr. Kenge in einem Gespräch recht zu behalten, das, soweit man einzelne Worte verstehen konnte, nur aus Ausdrücken wie Generalkasse, Generalrechnungsführer, Kostgeld, Konkursmasse und Spesen bestand. Als sie fertig waren, traten sie wieder an Mr. Kenges Tisch und sprachen laut.
»Nun, das ist doch gewiß ein sehr bemerkenswertes Dokument, Mr. Vholes?« sagte Mr. Kenge.
»Ein sehr bemerkenswertes Dokument«, bestätigte Mr. Vholes.
»Und ein sehr wichtiges Dokument, nicht wahr, Mr. Vholes?«
Abermals wiederholte Mr. Vholes: »Ein sehr wichtiges Dokument.«
»Und wie Sie sehr richtig sagen, Mr. Vholes, wird diese Entdeckung, wenn die Sache in der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung kommt, eine unerwartete und interessante Wendung in den Prozeß bringen«, sagte Mr. Kenge und warf meinem Vormund einen stolzen Blick zu.
Mr. Vholes fühlte sich als kleiner aufstrebender Advokat geschmeichelt, seine Meinung von einem so angesehenen Kollegen bestätigt zu hören.
»Und wann findet die nächste Tagfahrt statt?« fragte mein Vormund nach einer Pause, während der Mr. Kenge in der Tasche mit losem Geld geklimpert und Mr. Vholes an seinen Pickeln gezupft hatte, und stand auf.
»Die nächste Session ist nächsten Monat, Mr. Jarndyce. Natürlich werden wir auf der Stelle alles Nötige hinsichtlich dieses Dokumentes veranlassen und die erforderlichen Evidenzen zusammenstellen und Ihnen ordnungsgemäß über den Stand der Sache berichten.«
»Welcher Nachricht ich natürlich meine gewohnte Aufmerksamkeit angedeihen lassen werde, Mr. Kenge.«
»Also immer noch, mein verehrter Herr, selbst mit Ihrem aufgeklärten Geist, in den Vorurteilen der großen Menge befangen?« sagte Mr. Kenge, während er uns durch die Kanzlei zur Türe begleitete. »Wir sind ein aufblühender Staat, Mr. Jarndyce! Wir sind ein großes Land, Mr. Jarndyce, ein sehr großes Land! Unser System ist ein groß angelegtes System, Mr. Jarndyce, und wünschen Sie etwa, daß ein großes Land ein kleines System haben solle? Doch gewiß nicht!«
Er sagte dies oben an der Treppe und bewegte dabei seine Hand wie eine silberne Kelle, wie um den Zement seiner Worte an das Gebäude des Systems zu werfen und es für tausend Generationen gegen Verwitterung zu schützen.
63. Kapitel
Stahl und Eisen
Georges Schießgalerie steht zu vermieten, und die Utensilien werden verkauft, und George selbst ist nach Chesney Wold übergesiedelt, wo er Sir Leicester auf seinen Spazierritten begleiten und dicht neben ihm reiten muß, weil der alte Herr sein Pferd nur mit unsicherer Hand leiten kann.
Aber heute ist George anders beschäftigt. Heute reist er weiter nördlich in die Eisendistrikte, um sich umzusehen.
Und je weiter nördlich in die Eisendistrikte er kommt, desto weniger frische grüne Wälder sind zu sehen, und Kohlengruben und Schlackenberge, hohe Essen und rote Ziegelmauern, verdorrtes Grün, sengende Feuer und eine schwere, unveränderliche Rauchwolke zieren die Landschaft. In einer solchen Umgebung reitet der Kavallerist die Straße entlang und sieht sich häufig um, wie jemand, der etwas sucht.
Endlich, an der berußten Kanalbrücke einer geschäftigen Stadt, in der alles klingt wie Eisen und mehr Feuer und Rauch zu sehen ist, als ihm bis jetzt vor Augen gekommen ist, hält er, geschwärzt von dem Staube der Kohlenstraßen, sein Pferd an und fragt einen Arbeiter, ob ihm der Name Rouncewell bekannt sei.
»Da könnte ich gerade so gut meinen eignen vergessen haben«, meint der Arbeiter.
»So bekannt ist er hier, Kamerad?«
»Rouncewell? Das will ich meinen!«
»Und wo könnte ich ihn wohl finden?« fragt der Kavallerist und blickt suchend umher.
»Das Lager, die Fabrik oder das Haus?« wünscht der Arbeiter zu wissen.
»Hm! Die Rouncewells sind allem Anscheine nach so groß«, brummt der Kavallerist vor sich hin und streicht sich das Kinn, »daß ich fast Lust hätte, wieder umzukehren. Hm, ich weiß eigentlich nicht, wohin ich gehen soll. Meinen Sie wohl, daß ich Mr. Rouncewell in der Fabrik finde?«
»Nicht leicht zu sagen, wo Sie ihn finden. – Um diese Zeit des Tages werden Sie entweder ihn oder seinen Sohn dort finden, wenn er in der Stadt ist; aber er ist oft auf Geschäftsreisen.«
»Und wo ist die Fabrik?«
Ob er die
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