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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Konstablerstäbe und Polizeistationen nichts anhaben können.
    Die Leute reden miteinander über die Gasse hinweg aus den Fenstern, und barhäuptige Späher kommen aus Chancery-Lane herbeigelaufen, um zu sehen, was es gibt. Die allgemeine Ansicht scheint zu sein, es sei ein Glück, daß wider Erwarten die Reihe nicht an Mr. Krook zuerst kam, aber es mischt sich ein wenig natürliche Enttäuschung hinein.
    Inmitten dieser Aufregung erscheint der Kirchspieldiener.
    Der Kirchspieldiener, obgleich allgemein in der Nachbarschaft für eine lächerliche Institution gehalten, genießt für den Augenblick eine gewisse Popularität, wenn auch nur als Person, die die Leiche ansehen darf. Der Polizeidiener sieht in ihm einen schwachsinnigen Zivilisten, ein Überbleibsel aus dem barbarischen Zeitalter der Nachtwächter, aber er läßt ihn ein wie etwas, das geduldet werden muß, bis die Regierung es abschafft. Die allgemeine Aufregung erreicht ihren Höhepunkt, als das Gerücht von Mund zu Mund geht, der Kirchspieldiener sei eingetroffen und hineingegangen.
    Bald darauf kommt der Kirchspieldiener wieder heraus, und wieder steigt die Aufregung, die mittlerweile ein wenig abgeflaut war. Man vernimmt, daß er für die morgige Totenschau Zeugen sucht, die dem Beamten und den Geschwornen Auskunft über den Verstorbenen geben können. Er wird auf der Stelle an unzählige Leute gewiesen, die ihm nicht das mindeste zu sagen imstande sind. Er wird dadurch noch dümmer gemacht, daß man ihm beständig wiederholt, Mrs. Greens Sohn sei selbst Advokatenschreiber gewesen und habe den Toten besser gekannt als irgend jemand sonst.
    Der Sohn von Mrs. Green befindet sich jedoch, wie sich bei näherer Nachfrage herausstellt, gegenwärtig an Bord eines Schiffes, das vor drei Monaten nach China unter Segel ging, das man aber vermutlich nach einer Eingabe an die Admiralitätschaft telegraphisch erreichen könnte.
    Freund Kirchspieldiener geht in die verschiednen Läden und Gassenzimmer, fragt die Einwohner aus, schließt vor allen Dingen jedes Mal die Tür und erbittert durch langes Wartenlassen und alles umfassende Blödheit das Publikum. Der Polizeidiener lächelt den Schankkellner an. Das Publikum verliert das Interesse, und allgemeine Teilnahmslosigkeit fängt an einzutreten. Es verhöhnt den Kirchspieldiener, und schrille jugendliche Stimmen werfen ihm vor, einen Knaben gekocht zu haben; Chöre singen Fragmente eines Gassenliedes, das ebenfalls davon handelt und besagt, daß sie aus dem Knaben Suppe für das Armenhaus gekocht hätten. Der Polizeidiener sieht sich zuletzt genötigt, dem Gesetz zu Hilfe zu kommen und einen der Sänger zu ergreifen. Da die übrigen ausreißen, läßt er ihn unter der Bedingung, sofort aufzuhören und zu verduften – sonst! –, wieder los. Der Sänger kommt der Aufforderung augenblicklich nach. So legt sich die Aufregung, und der unerschütterliche Polizeimann, den ein wenig Opium mehr oder weniger kalt läßt, mit dem lackierten hohen Hut, der hohen Halsbinde, dem steifen Überrock, dem ledernen Gürtel und Armband und seiner ganzen übrigen Kriegsausrüstung schreitet langsam seines Weges mit schwerem Tritt. Er schlägt die Flächen seiner weißen Handschuhe gegeneinander und bleibt dann und wann an einer Straßenecke stehen, um sich nach Unglücksfällen umzusehen: Vom verlorenen Sohn aufwärts bis zum Mord.
    Unter dem Schutze der Nacht flattert der schwachsinnige Kirchspieldiener in Chancery-Lane mit seinen Vorladungen herum, in denen der Name jedes Geschwornen falsch und nur sein eigner, den aber niemand lesen kann oder will, richtig geschrieben ist.
    Nachdem die Vorladungen verteilt und die Zeugen benachrichtigt sind, begibt sich der Kirchspieldiener zu Mr. Krook, um hier einige Armenhausbewohner, die er bestellt hat, zu erwarten. Sie erscheinen bald darauf; er führt sie die Treppe hinauf, wo sie für die großen Augen in den Fensterläden etwas Neues zum Anstarren hinsetzen: Die letzte irdische Behausung für »Niemand«, – die letzte Behausung für jeden Sterblichen. Und die ganze Nacht hindurch steht der Sarg neben dem alten Mantelsack; und die einsame Gestalt auf dem Bett, die fünfundvierzig Jahre auf dem Pfad des Lebens gewandelt, liegt dort und hat nicht mehr Spur, die zu einer Entdeckung führen könnte, hinterlassen als ein ausgesetztes Kind.
    Am nächsten Tag ist alles lebendig im Hof. Es ist wie ein Jahrmarkt, wie Mrs. Perkins in dickster Freundschaft mit Mrs. Piper in vertraulichem Gespräch

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