Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
begeistert, daß sie mit uns im nächsten Jahr dahin fahren möchte. Na, bis dahin fließt noch viel Wasser in die Elbe. Ich hatte Dir wohl schon geschrieben, daß dort für uns kein Unterkommen ist. Bis September alles belegt. Ein Bett wäre frei, und das nur ganz primitiv, wäre höchstens was für Vater. ... Salzburg hat auch abgeschrieben. Bis jetzt nur lauter Absagen. Ich habe an Frau Klemm nach Ostrau geschrieben, und ist dies nun meine letzte Hoffnung. Vater hat an Frau Rank geschrieben und sie um ihre Vermittlung gebeten. Mir hat das gar nicht gepaßt, aber er war nicht davon abzubringen. In
Schmannewitz war er noch nicht, will erst abwarten, was für Antworten von dort eintreffen. Vergangenen Freitag war Hanna da und war sie sehr niedergeschlagen. Am Morgen hatte sie Nachricht von ihrem Mann bekommen daß er schwer verwundet ist. Dazu erwarten sie nun noch ein Baby. Es ist das alles keine Leichtigkeit in der Jetztzeit und gehört schon sehr viel Mut dazu. Trotzdem ist sie eine sehr tapfere Frau. Von Gretel kam ein Brief und liegt sie jetzt im Bett und ist krankgeschrieben. Sie möchte nicht mehr im Café arbeiten, na vielleicht kommt sie dadurch frei.
72 Stunden in der Woche zu arbeiten ist ja auch keine Kleinigkeit. Sie hat Sehnsucht nach Heidi und bat mich sehr, doch mal über sie zu schreiben und ihr ein Bildchen zu schicken. Am 1. September hat sie nun Geburtstag, da will ich ihr mal ausführlich schreiben. Vielleicht kannst Du ihr auch gratulieren, sie freut sich bestimmt sehr darüber. Zumal wenn man im Bett liegt, wartet man mehr denn sonst. Bogengasse 1039/10. Unser kleiner Stromer war eigentlich wieder auf der Höhe. Nur hatten wir es leider wieder sehr heiß und hat sie dadurch sehr schlecht geschlafen. Das ging noch um 12 Uhr “Mama, Papa, Oma, Dieter, Peter, Rein, Wauwau beiß ” und steckte ihre zwei Beinchen in die Luft. Dazu kugelte sie sich in Deinem Bett rum. Dann hatte ich es satt und habe sie wieder in ihr Bettchen verfrachtet. Heute hat sie mir aber gar nicht besonders gefallen, sie war so ruhig und teilnahmslos, wie man es bei ihr gar nicht gewöhnt war. Hoffentlich wird unser Kerlchen nicht krank. Vielleicht macht es auch bloß, weil sie Würmer hat. Will mal Frau Dr. Weise um Rat fragen. Möhren sollen da ja sehr gut tun, nur leider sind sie völlig von unserem Markt verschwunden. Heute Nachmittag war ich mal wieder bei Frau Leonhard. Hatte jetzt von ihrer Schwester Nachricht bekommen, und war das Päckchen noch nicht eingetroffen. In der Zwischenzeit muß es aber hingekommen sein. Du, für Deinen Heidegruß danke ich Dir herzlich, Du hast mir wirklich eine Freude damit gemacht, und liegt es nun immer hier im Schreibschrank als ein Gruß von Dir. Habt Ihr denn nun Euren Sonntagsausflug in die Heide hinter Euch und war es schön? Wenn Du es nicht wärst, so könnte ich Dich beneiden, denn ich liebe Heide sehr. Aber alles was recht ist, ich glaube aber bestimmt, Euer Oberfeldwebel hat einen Stich ins Grüne, was Du so von ihm schreibst. Am Sonnabend bin ich früh mal in den Garten gegangen. Dort habe ich über eine Stunde gegossen, und dann habe ich harte Birnen abgenommen. Weil es so unverschämt warm war, habe ich mir eine Gießkanne genommen, mich nackig ausgezogen und habe ein wunderbares Brausebad genommen. Es kam aber wirklich niemand, kleiner Mann. Dann bin ich in die Nürnberger und habe acht Gläser Birnen für Mutti eingekocht. War eine ganz schöne Arbeit. Dann habe ich noch Plätzchen für Dich gebacken. Sind aber nicht gut gebacken und darfst Du mich deshalb nicht auslachen. Denn ich werde nun das zweite Paket morgen fertigmachen. Dein Zigarettenetui habe ich auch gefunden, es trieb sich auf dem Schrank in unserer Schlafstube herum, dafür ist aber der Siegesthaler wie vom Erdboden verschwunden. Der muß unter allen Umständen wieder her. Hat ihn doch schon mein Großvater 70/71 getragen und dann Papa von 1914-18 und Du gehst so liederlich damit um. Wo Elli hingekommen ist, haben wir noch keine Ahnung, Mutter kam eigentlich ziemlich geschafft wieder, und war es gut, daß sie gefahren ist, denn ich glaube jetzt, nachdem sie Elli wiedergesehen hat, käme ihr ein schnelles Ende nicht mehr so furchtbar vor. Mutter läßt Dich schön grüßen und schickt Dir hier 2 M mit, Du sollst Dir ein bissel Wein dafür kaufen. Denke beim Essen mal mit an mich, und laß mich in Gedanken mit essen, denn so was Gutes werden wir wohl kaum zu sehen bekommen. Aber laß es Dir recht gut
Weitere Kostenlose Bücher