Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
vorläufig haben sie ja welche, vorausgesetzt, dass sie dieselben auch bekommen. An Geld habe ich nun M 226.– da, am Montag war ich in der Stadt, da hatte der Laden mit den Fuss-Säcken geschlossen, aber es gibt noch welche und diese Woche hole ich sie bestimmt noch. Heute habe ich einem Kameraden ein Paket mit 2 Broten mitgegeben, entweder gibt er es in Dessau oder in Leipzig auf. Vielleicht schicke ich Ende der Woche nochmals zwei, so dass Ihr Euch etwas Mehl zurücklegen könnt. Seit vier Tagen regnet es hier in Strömen und hatte ich das Glück, gestern eine Fernsprechleitung mit zwei Mann legen zu müssen und war ich durch bis aufs Hemd. Und heute musste ich früh wieder zu unserem zweiten Zug, quer über die Heide und sah ich bei der Rückkehr schlimmer als ein Schwein aus. Dabei war ich auf dem Rückweg mitten unter einem Luftkampf, was äusserst spannend war, es waren acht Maschinen, die wie wild herumkurvten und habe ich doch den Kopf etwas eingezogen. Ungefähr einen Kilometer von mir kamen dann die Maschinen herunter, als ich näher kam, waren aber schon Kameraden von uns da.
Wir hatten hier auch eine kleine Adventsfeier und habe ich Zither gespielt, da habe ich gleich ein Anliegen an Dich. Würdest Du mal zu Peter Renk reingehen und mir zwei Erzgebirgsliedkarten von ‘S‘ist Feierabend’ und ‘Der Vugelbeerbaum’ kaufen, aber es eilt sehr und müsstest Du es postwendend besorgen. Du kannst ja Renk sagen, dass es für ein Kompanieweihnachtsfest ist. Ich hoffe bestimmt, dass wir wenigstens einen Advent zusammen feiern können und wollen wir es uns da recht gemütlich machen. Ich hatte immer auf einen Brief von Mutter gewartet, werde ihr heute paar Zeilen schreiben. Von Elli kam heute ein Brief, worüber ich mich sehr gefreut habe. Es ist allerdings noch etwas durcheinander geschrieben, aber besser, als seinerzeit die Karte, ich werde Elli auch noch diese Woche schreiben, überhaupt habe ich noch allerhand zu beantworten. Hatte ich Dir schon geschrieben, dass auch ein Brief von der Nürnberger gekommen ist? Ja, Du hast wirklich recht, mein Orientierungssinn lässt mich hier in der verdammten Heide oft im Stich, heute wollte ich über die Heide wieder mal abkürzen und hat es zwar räumlich auch klappen können, bloss dass ich vor Schlamm nicht fahren konnte, sondern das fiets 11) weit schieben musste. Morgen muss ich wieder über die Heide und geht allemal ein ganzer Tag verloren und muss ich jetzt mächtig spurten, damit ich bis zum Urlaub alles aufgearbeitet habe, denn mit dem Lehrgang habe ich wieder zusätzlich mehr Arbeit. Seid nur bei Alarmen recht vorsichtig und lieber etwas früher als zu spät in den Keller, so schwer es auch wegen der Kinder ist. Auch hier wird man schon vorsichtiger, als ich vorige Woche in Arnheim mal war, gab es auch Alarm und hättest Du mal sehen sollen, wie die Holländer rannten, damit sie in Deckung kamen, früher blieben sie nur interessiert auf der Strasse stehen. Ich glaube, wenn ich nach Hause komme, muss ich Mutti und Tochter die Hosen mal straff ziehen, sonst hält der Diwan keine drei Jahre mehr, oh diese Erziehung! Du, hoffentlich kann ich Dein schlechtes Gewissen durch Kaffeekauf wieder etwas aufrichten, vorausgesetzt, dass Ihr mir Geld (auch für Tee für Frau Singer) schickt und es noch welchen gibt, aber die Preise, da werden uns wohl die Augen aufgehen.
So, morgen wird wohl wieder Post von Dir da sein und da werde ich Dir wieder schreiben und bis dahin sende ich Dir und Heidi viele Grüsse und Küsse und bin
Dein Dichliebender Hans.
Herzliche Grüsse an Helenchen und an den Meester, Brief wird bald beantwortet.
E.O., den 3.12. 43
Meine liebe kleine Lenifrau!
Heute kamen ja zwei dicke Briefe und zwar die vom 29. und 30.12. und danke ich Dir recht vielmals für Deine lieben Zeilen. Heute habe ich wieder mal U.v.D. und da kann ich Dir gleich antworten. Da habt Ihr ja eine schlimme Woche mit vielen Alarmen hinter Euch und bin ich immer froh, wenn ich Deinen Briefen entnehme, dass Ihr alle noch wohlauf seid. Es ist wirklich eine schlimme Zeit und habt Ihr allerhand durchzumachen, aber man kann wirklich nur hoffen, dass alles gut abläuft. Du kannst mir glauben, dass ich oft an Euch denke und bitte ich Dich, den Mut nicht zu verlieren und bin ich ja nun bald, wenn auch nur für kurze Zeit bei Dir. Und vor allem, geht nur immer beizeiten in den Keller, wenn es auch für die Kinder schlimm ist, aber es ist doch der beste Schutz und vorgesehen
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