Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Morgen habe ich noch mal angerufen, und war das Paket immer noch nicht da. Du sollst es von dort aus reklamieren, sagten sie mir, aber darauf können wir verzichten, die 20 M, die wir höchstens bekommen, können sie sich auch noch schenken. Aber eigentlich müßten doch wenigstens die Frachtbriefe da sein. Meinst Du nicht auch? Im Allgemeinen mach Dir aber keine Sorgen, und ärgere Dich nicht, und können wir es nicht ändern. Dann bin ich noch mal zu Schramms. Tante Anna hatte sich doch einfach einen ganzen Käse geholt, und von den anderen hatte ich ein Pfund und Mutter dreiviertel. Von der Wohnung hat sie nichts wieder gesagt, und wollen Mutti und Papa ja sowieso nicht, und ist es da auch besser so. Eigentlich hatte ich gedacht, daß heute oder gestern von Dir Post kommen sollte. Leider war das nicht der Fall. Nun macht man sich Sorgen, denn im Wehrmachtsbericht wurde am Sonnabend von einer Vorbereitung der Invasion durch die Bomber gesprochen. Gib uns doch immer Bescheid kleiner Mann, sonst hat man doch keine Ruhe. Trotzdem habe ich weiter die feste Überzeugung, daß wir alle gesund aus diesem Krieg herauskommen. Beim Angriff am Freitag ist übrigens auch Böhlen und Leuna angegriffen worden. In Leipzig selbst ist nichts, es fehlte nur zwei Stunden der Strom, da Kulkwitz mit getroffen ist. Heute bin ich nach zwei Uhr wieder in Leipzig weg, Mutti hat mich an die Bahn gebracht, Papa war früh nach Oschatz gefahren. Bis Plauen war es gut, aber ab Plauen war es wieder eine Katastrophe, und nun bin ich also wieder hier und steige morgen früh 7 Uhr wieder ins Bad. Und nun gehe ich ins Bett heute, kleiner Mann, hoffentlich kommt von Dir morgen Post. Behalt und lieb und nimm 1000 liebe Grüße und Süße und mal drücken von
Deiner Leni und Heidi.
Wann bekommst Du Urlaub?
Elster, den 19.5.44
Mein lieber alter Strolch!
Nun ist es schon wieder abends ½ 9 Uhr, und ich will nun sehen, daß ich den Dir versprochenen Brief schreiben kann. ...Eigentlich hätte ich schon heute Mittag an Dich schreiben können, aber da das Wetter so sehr schön war, habe ich mich im Lehnstuhl in der Sonne geaalt. Ist das recht egoistisch von mir? Heute Nachmittag habe ich einmal, nein wir alle zusammen einen Ausflug nach Mühlhausen gemacht und dabei auch Frau Rank besucht. Wir sind ganz auf unsere Kosten gekommen, denn es gab für Heidi eine wunderbare süße Quarkspeise und für uns echtes Bienenhonigbrot und Wurstbrot. Hat sie von ihrem Mann aus Dänemark. Die Verpflegung soll dort ganz wunderbar sein, so gut, daß ihr Mann und Kameraden nicht mehr essen gehen, da sie sonst zu dick werden und sich deshalb selbst versorgen. Kannst Du Dir so was noch vorstellen? Das klingt doch wie im Märchen. Morgen früh will ich nun endlich meine Reise nach Saaz antreten, denn sonst komme ich vielleicht nicht in den Besitz meiner Kleider. Lust habe ich überhaupt keine, denn das geht mir alles von meinen schönen Urlaubstagen ab, aber es bleibt mir ja nichts weiter übrig. Von Leipzig aus möchte ich nicht fahren, denn ich möchte unser Heidikind dort nicht allein lassen.
Gestern Abend waren wir dreimal wieder im Konzert, denn die Plauener Kapelle spielt jetzt hier. Es ist wirklich eine wunderbare Kapelle, und besonders schön ist es, dem Dirigenten zuzuschauen, denn er holt wirklich das Letzte aus seinen Leuten heraus.
Gestern habe ich Muttis Muttertagsbrief geschrieben. Helenchen ist ja nun ganz allein an diesem Tag, denn auch Papa ist gerade weg, Mutti und Mutter werden nun ganz allein sein an diesem Tag, und ist es leider nicht zu ändern, denn bei mir sind es die einzigen zwei Tage, wo ich kein Bad habe. Aber Mutter hat ja unser Heidikind da, und Mutti hat an dem Tag Lotte M. ihre Heidi da, also ist es vielleicht für alle beide ein kleiner Ersatz. Mit Lotte M. ist es sehr schlimm, sie wollte doch wieder nach München, und nun nehmen sie ihre Schwiegereltern wegen ihrer Krankheit nicht wieder auf. Wo soll sie denn nun mit ihrem Kind hin. Ist das nicht traurig? Hier haben wir wirklich sehr großes Glück gehabt mit den Bädern, denn alle die, welche jetzt gerade ihre Kur machen, bekommen noch ihr Moorbad und nachher sind sie gesperrt. Ich sage ja, Glück muß der Mensch haben. Nach der Hälfte Moorbad habe ich bis jetzt 700 Gramm abgenommen und wird es wohl am Schluß noch mal so viel sein. Aber Du brauchst nicht zu erschrecken, denn das ist eine natürliche Folge und nimmt jeder bei Moorbädern ab. Mit allen Klamotten und Schuhen
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