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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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rechtzeitig in unseren Besitz. Das nächste Weihnachten wirst Du hoffentlich daheim sein und hoffentlich unter etwas günstigeren Verhältnissen wie heute. Wenn ich so daran denke, ich hatte schon immer schwarz gesehen, aber daß es einmal so kommt, daß wir noch einmal verhungern müssen, d.h. so allmählich hinsiechen, nein das hätte ich mir nicht träumen lassen. Und nun werden wir geimpft. Ich bin bereits zweimal geimpft, Leni und Erika gehen am Mittwoch privat zu Frau Dr. Weise. Es geht vom zweiten Lebensjahr an bis zum 65. Jahre. Ich kann mir auch nicht denken, daß es besser wird, es ist keine Regierung da und auch keine Organisation.
    Wirst Du nun im Frühjahr entlassen oder willst Du nur auf Urlaub kommen? Letzteres wäre nach wie vor riskant. ...Hoffentlich kannst Du, wenn Du kommst, etwas von den Bauern mitbringen für Deine Familie, vor allem etwas Fettigkeiten und Leni möchte gern mal Quarkkuchen essen, aber Du dürftest auch nicht erst in Quarantäne kommen. Da wäre es auch umsonst.
    Im Garten ist der Vater fertig, nun geht aber die viele Arbeit wieder los. Skaten tun die Männer jede Woche einmal freitags, und zwar hier im Hause. Vier Mann stark und immer abwechselnd bei einem jeden. Da kommen auch die Frauen mit. Dann spielen wir einmal in der Woche Doppelkopf mit einem Ehepaar im Hause, das ist ganz nett, ab und zu gehen wir auch einmal ins Kino, die übrigen Abende liest der Vater. Ich komme leider nicht dazu, habe zu schreiben, zu nähen, Federn zu schließen usw. Auch sind wir eine Woche um die andere von ½ 5 - ½ 8 Uhr ohne Strom. Um 10 Uhr ist man trotzdem müde und geht ins Bett. Früh stehen wir erst um 8 Uhr auf, schlürfen unsere Wassermehlsuppe, die muß ausreichen bis zu Mittag, der einzige Luxus, den ich mir seit Wochen geleistet habe, ist eine Tasse, sagen wir zwei Tassen Kaffee nach dem Essen, das ist Medizin für mich und hatten wir welchen eingetauscht. Wenn er alle ist, hört es natürlich auf. Die Karte, wo Du bei Heinz warst, haben wir auch erhalten. Daß Heinz Stellung gefunden hat, ist auch für uns eine Beruhigung. Hoffentlich ändert sich die politische Lage dort nicht. Wir wollen für ihn das beste hoffen. Wenn es nur mit Erika klappt. Wenn alle Stränge reißen, muß sie eben ohne Möbel hinüber. Es ist auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand. Sie hat kein Geld hier, er lebt dort keinen schlechten Tag, wer garantiert da für des Mannes ––– daß Heinz schlecht wieder zurückgekommen ist, weißt Du ja und wollen wir alle bloß froh sein, daß er sich nicht eine Lungenentzündung an den Hals geholt hat. Er will jedenfalls Holtensen nicht wieder verlassen.
    Ob denn nur die Grenzen einmal aufgemacht werden? Man weiß so gar nichts. Die Füller hat sich Heinz nun leider auch abnehmen lassen. Schade! Aber nicht zu ändern. Es wäre schön, wenn Du Dich mit Heinz gut verstehen lernst. Heinz und Martin haben wohl keine Fühlung miteinander bekommen. Martin ist nun fort. So hat man nun seine Sorgen. Man sagt mit Recht: Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.
    Nun lieber Hans, laß es Dir recht gut gehen und grüße Heinz, wenn Du hinkommst.
    Sei recht herzlich gegrüßt von uns Beiden
    Deine Schwiegereltern
    Bitte Hans, schreib nicht immer Meester, das tut mir etwas weh, mich kannst Du gut weiter so nennen, das freut mich. D.O.
     
     
     
Anmerkungen 1945/46
     
    1) Am 27. Februar 1945 flog die 8. US-Luftflotte, die bisher meist Punktziele angegriffen hatte, von 12:50 Uhr bis 14:15 Uhr einen Flächenangriff auf das gesamte Stadtgebiet, dem 677 Menschen zum Opfer fielen. Am 6. April griff der Verband erneut Leipzig an, wobei 733 Menschen ums Leben kamen. In der Nacht vom 10. auf den 11. April erfolgte nochmals ein britischer Doppelangriff. In den letzten zehn Tagen des am 15. April 1945 offiziell eingestellten westalliierten Bombenkrieges gegen Deutschland starben dadurch nochmals über 700 Menschen.
     
    2) POW: Prisoner of War, Kriegsgefangener
     
    3) PG: Parteigenosse, ehemaliges Mitglied der NSDAP
     
    4) Der Satz bezieht sich wohl darauf, dass Opa Paul Helm in dieser Zeit sich immer mal heimlich bei Lenis Vorräten bedient hat.
     
    5) A.T.G.: Die Allgemeine Transportanlagen-Gesellschaft mbH, abgekürzt ATG, bedeutender Betrieb der Luftrüstung, die Produktionsanlagen wurden 1945 demontiert und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion verbracht, verbliebene bauliche Anlagen wurden gesprengt
     

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