Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Mittag und Abendbrot so gut getroffen haben. Vater macht auch keine großen Touren mehr, aber er wandert jeden Tag nach Elster, dreimal zum Baden und die anderen zum Brunnentrinken. Leni und ich beherrschen uns mit dem Laufen, man braucht ja auch gar nicht weit zu gehen, überall hast du herrlichen Wald. Doppelkopf haben wir noch nicht gespielt, wir sind meistens müde oder schreiben. Ich hatte von Deiner Butter eineinhalb Pfund mitgenommen, ein Pfund habe ich ausgelassen und aufgehoben und das restliche halbe Pfund haben wir gegessen, ehe wir fort sind. Du siehst, die erste Woche haben wir recht fett gelebt.
Sollte der Film ‘Drei schöne Tage’ nach Leipzig kommen, so werden wir uns ihn bestimmt ansehen.
Siehst Du mein lieber Junge, Du fehlst mir doch sehr. Denn wegen Elli möchte ich doch nicht immer mit Vater reden, er versteht mich da nicht und es geht mir doch so im Kopf herum. Ich würde ihr ja so gern eine Karte von hier schreiben, denke aber, es könnte sie kränken, wenn sie weiß, daß wir verreisen und sie ist dort eingesperrt. Sie hat doch so wenig von ihrem Leben gehabt.
Ich bin bloß neugierig, wenn Du mal ins Revier gehst. Ich glaube, wenn Du wieder auf Urlaub kommst, ist es die alte Leier. Was sagt Ihr denn über Italien, wie ist die Stimmung in Holland?
Wegen des Geldes brauchst Du Dich wirklich nicht zu bedanken, wir können Dir ja von hier nichts schicken. Da kannst Du Dir doch dort etwas Obst kaufen. Du plagst Dich ja so oft mit uns darum. Mir persönlich hat Frau Rank gut gefallen. Wir haben uns in der Schule einige Bücher geliehen. Frau Rank wollte uns auch mal zum Kaffee einladen, mal sehen, ob es was wird. Tante Anna hatte schon Drasch wegen Butter und Käse, als wir noch in Leipzig waren. Sie meinte, Du könntest ja die Pakete an sie adressieren, sie brauchten doch nicht erst hierher zu gehen. Schreib ihr nur mal, daß es momentan nicht paßt. Leni frißt schon wieder und damit ich nicht heule, hat sie mir auch eine Scheibe hingeworfen, aber mit Käse und Butter. ‘Schreibsen’, sagte sie eben.
Aber nun will ich Schluß machen. Bleib mir recht gesund. Dir von Vater und mir herzliche Grüße.
In aller Liebe Mutter
E.O., den 10.9. 43
Meine liebe Mutter!
Recht vielen Dank für Deinen lieben langen Brief, über den ich mich wirklich sehr gefreut habe. Es freut mich wirklich, dass Ihr es mit der Verpflegung und der Unterkunft so gut getroffen habt, ersteres ist ja in der heutigen Zeit mehr als wünschenswert und das letztere ist bei dem zeitigeren Dunkelwerden nicht zu verachten. Es ist nur gut, dass Heidi immer solchen Appetit hat und dass ihr alles schmeckt, ein Zeichen, dass sie auf dem Posten ist. Nach Bad Elster habt ihr wohl einen nicht zu langen Weg und schön wird es doch wohl landschaftlich auch sein, sodass Ihr Euch wie in Ferien vorkommt. Dass die Schaukelei Heidi gefällt, glaube ich gern, da ist sie ja ganz nach ihrer Mutter geraten, aber die Oma wird ihr beim Durchprobieren auch geholfen haben. Aalt Euch nur recht und macht nicht gar zu grosse Spaziergänge. An die Eisenbahn habt Ihr Euch nun wohl gewöhnt, so viel Betrieb wird da ja auch nicht mehr sein. Nehmt Ihr in Elster auch Bäder oder ist es nur ein gewöhnliches Bad, aber mit Stufen zum Hinuntersteigen! Wie war es denn im ‘Vetter aus Dingsda’? Ist ja eigentlich allerhand, was dort geboten wird, aber es sind wohl auch viele Verwundete dort. In was für einem Konzert war denn Leni und hat es ihr gefallen? Momentan höre ich auch Radio, jetzt sind gerade Millöckermelodien an der Reihe. Dass es Euch gefällt, freut mich und brauchst Du Dir keine Vorwürfe zu machen, Ihr alle habt die Erholung sehr notwendig. Um mich brauchst Du keine Sorgen zu haben, denn ich wurstele eben so hin, aber das bisschen Interesse, das man noch hatte, das ist ganz futsch, jedenfalls so dumm wie früher bin ich nicht mehr, um drauflos zu wühlen und es geht auch so.
Jetzt bin ich bloss froh, dass das Kaffeepaket angekommen ist und nicht wieder verschwunden war. Nun könnt Ihr dann Euren Kuchen backen und wünsche ich Euch recht guten Appetit. Auf Geld warte ich schon, damit ich was Äpfel, Birnen und eventl. Zwiebeln schicken kann. Kann man die drei in einem Paket schicken? In 14 Tagen fahre ich dann nach Zwolle, wollt Ihr wieder Käse haben? Habt Ihr denn nun Genaueres von dem Angriff auf Leipzig gehört? Der Postbahnhof liegt ja an der Brandenburger Brücke, in der Nähe von Lieberoths. Es ist wirklich gut, dass Ihr
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