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Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman

Titel: Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Bergwerk. Mir hat es gereicht. Ich fühle mich nicht wohl in engen, dunklen Geburtskanälen.«
    »Zieh den Helm auf und komm. Dein Freund, der Holländer, war auch schon drin. Er hat auch gesucht. Aber keiner kennt das Labyrinth so gut wie ich und Heinz. Außerdem willst du doch wissen, was auf dem Schloß so alles passiert.«
    »Auf dem Schloß?«
    »Es führt ein Gang dorthin. Komm jetzt. Es ist ziemlich weit.«
    Er verschwand in der schmalen Öffnung. Mir blieb nichts anderes übrig, als meine Ängste zu überwinden.
    Ich blieb ihm dicht auf den Fersen. Die Luft war trocken und gleichmäßig temperiert. Das helle Gestein reflektierte das Licht. Nachdem wir einige hundert Meter schweigend ausgeschritten waren, legte sich meine Ängstlichkeit und machte einem Unbehagen Platz. Diese glatten Wände strahlten die Unmenschlichkeit von Behördenfluren aus. Der Maulwurf Tod war ein penibler Innenarchitekt.
    Irgendwann - ich hatte mein Zeitgefühl verloren - blieb Schläfti stehen und legte den Finger an den Mund. In der Grabesstille hörte ich ein fernes Rauschen, das an- und abschwoll. War es das Blut in meinen Ohren? Ich hatte ein ähnliches Geräusch vor kurzem gehört, in Derbachers Badezimmer.
    »Die Grüne Grotte«, flüsterte Schläfti. »Jetzt müssen wir vorsichtig sein.«
    Wir schlichen weiter. Schläfti löschte die Lampe und faßte mich an der Hand. Mit den freien Händen hielten wir Kontakt zur Wand des Ganges.
    Dann ein knirschendes Geräusch. Ich war mit dem Helm gegen die Decke geschrammt. »Runter«, flüsterte Schläfti. Er zog mich an der Hand herab. Wir krochen weiter in eine Dunkelheit, die zäh wie Pech zu sein schien. Wieder ein Tunnel in die Zeit, in die Vergangenheit, wie ich bald erfahren sollte.
    Überall lagen Steine. Es war schwierig, Geräusche zu vermeiden. Das Rauschen war lauter geworden. Ich meinte auch, Stimmen zu hören. Dann war die Dunkelheit nicht mehr so tief. Feine Schlieren bewegten sich in ihr. Schläfti bewegte sich schneller vorwärts. Ein Stein polterte zur Seite. Mein Freund sagte: »Wir haben Glück, sie machen so viel Lärm, daß sie uns nicht hören.«
    Mehr und mehr nahmen meine in der Finsternis empfindlich gewordenen Augen von der Umgebung wahr. Der Gang erweiterte sich wieder. Wir konnten uns erheben. Dann erreichten wir einen kuppelförmigen Raum. Er lag in einem grünen Licht, das aus Öffnungen in den Wänden fiel. Schläfti setzte den Helm ab, tauchte die Hände in Kalkstaub, der überall herumlag, und puderte sich Haare und Gesicht. Ich machte es ihm nach. Wir sahen wie groteske Harlekine aus.
    Wir steckten die Köpfe in die Öffnungen. Der Blick fiel schräg von oben in einen großen, langgestreckten Raum. Es war eine Art Salon mit holzverkleideten Wänden, Bullaugen, durch die grünes Licht fiel. Der Salon war von einer Gruppe von Menschen bevölkert. Sie saßen entspannt in Sesseln, rauchten und tranken. Jemand redete die ganze Zeit. Ein mittelgroßer Mann in weißer Tropenuniform, mit hochgezwirbeltem Schnauzer, eine Zigarettenspitze in der Hand. Er sprach mit unangenehm hoher, schnarrender Stimme: »Für mich sind diese Leute, gleichgültig ob sie sich Sozialdemokraten oder Sozialisten nennen, eine Rotte von Menschen, die es nicht wert sind, den Namen Deutscher zu tragen. Es ist eine Pest, die ausgerottet werden muß bis zum letzten Stumpf.«
    Hinter den Bullaugen rauschte Wasser vorbei. In der Ferne sah man die Silhouette einer bergigen Küste. Sie schien sich zu bewegen. Wind heulte, und Gischtspritzer flogen gegen die Scheiben. Ich hörte deutlich ein Maschinengeräusch, dumpfes Stampfen, wie es nur die langen Pleuelstangen und Kolben einer Dampfmaschine zu erzeugen vermögen. Die Illusion, auf See zu sein, war perfekt.
    Der Mann in der Tropenuniform erhob sich und trat an ein Rednerpult.
    »Ich komme jetzt, meine Herren, zum eigentlichen Thema unseres Treffens. Wir sind zwar auf einer Lustpartie und genießen die Schönheiten der nordischen Natur, wir haben jedoch angesichts der herrschenden Weltlage keinerlei Recht, uns verweichlichen zu lassen. Große Aufgaben stehen ins Haus unserer Nation. Wir müssen gerüstet sein für die überragende Rolle, die unser Land in der Weltgeschichte zu spielen hat. Seien Sie, meine Herren, also aufmerksam, spitzen Sie die Ohren, und seien Sie von jener germanischen Gelassenheit, die schon immer das beste Erbteil unserer Rasse gewesen ist.«
    Der Redner schien seine eigenen Worte Lügen zu strafen, denn er machte einen

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