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Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman

Titel: Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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beschenktes Kind.
    Eigentlich wollte ich nach Groningen zurück. Ich hatte zwar Urlaub bis zum 2. Januar genommen, aber ich wollte Silvester zu Hause sein, mich hineinfallen lassen in diese übervolle Matjestonne von feiernden Leuten. Doch irgendein Gefühl hielt mich zurück. Es sagte mir, daß der Fall noch nicht abgeschlossen sei.
    Dick organisierte zwei Fahrräder, und dann waren wir unterwegs zu dem kleinen Sielhafen, wo sein Schiff lag. Wir schwebten, denn wir hatten günstigen Wind schräg von hinten. Der Blick ging weit über flaches, grünes Land, das eigentlich nichts anderes war als grasbewachsene See.
    Dann standen wir auf dem Deich und sahen Dicks Boot mitten im Hafen liegen. Es sah nicht gut aus, mehr wie ein Wrack, rostig, mit eingeschlagenen Bullaugen.
    »Verdammte Hunde, sie sind fort, und sie haben die Liegegebühr nicht bezahlt«, sagte Dick. »Komm, wir müssen rüber.«
    Noch während ich mich fragte, wie er es anstellen wollte, war Dick auf einen der im Hafen liegenden Fischkutter geklettert und hatte ein Dingi aus den Davits gehoben. »Komm, faß mal mit an!« rief er herüber.
    Wir ließen das Boot zu Wasser und stiegen ein. Es war warm, ein feuchter Wind wehte, ein Meerwind aus Westen, Neufundlandwind, wie Dick sagte. Irgend etwas fehlte mir, war es der Talkessel? Es war schwer, sich mit so viel plötzlicher Weite abfinden zu müssen. Und es gab keine Fenstersterne mehr am Himmel für die Orientierung.
    Wir ruderten hinüber zu Dicks Schiff und kletterten an Bord. Drinnen sah es noch wüster aus als draußen, ein einziges Bild der Verwüstung, überall zerbrochenes Glas, die Spiegel hinter der Theke zerborsten, Barhocker aus der Verankerung gerissen, die Küste von Sumatra fleckig und verschimmelt, der Orang Utan ein Bild des Jammers. Ein Glasauge fehlte, der Pelz an mehreren Stellen zerrissen, Holzwolle quoll wie Gedärm aus seinem Bauch.
    Dick stand eine Weile reglos mitten im Raum und stierte vor sich hin. Dann begann er, sich zu bewegen. Zuerst langsam, dann immer schneller. Er nahm eine der zahllosen Scherben und trug sie zum Niedergang und warf sie in hohem Bogen hinaus. Ein kleiner symbolischer Akt offenbar, mit dem Herkules sich Mut machte, ehe er den Augiasstall aufzuräumen begann. Und Dick wurde wahrlich Herkules. Er arbeitete wie ein Halbgott. Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Menschen so arbeiten sehen. Wir lebten in diesem dunklen Laderaum, schliefen kaum, aßen aus Dosen, tranken Tee, den Dick auf einem kleinen Gaskocher bereitete. Einmal verschwand er und organisierte Geld, Nägel, Schrauben, Farbe, Holz. Auch ich arbeitete an diesen zwei Tagen wie besessen. Von Dick ging eine wütende Entschlossenheit aus, die mich fesselte.
    Als er den Affen flickte, lag der ihm in den Armen wie ein Riesenbaby, und Dicks Nadel fuhr wieder und wieder in den Pelz. Das fehlende Glasauge hatte er in einer Ecke des Laderaums gefunden und wieder eingesetzt.
    »Was tun wir eigentlich?« fragte ich einmal. Dick sah kurz auf. Dann sagte er: »Wenn du meine Leberwerte kennen würdest, dann würdest du nicht solche blöden Fragen stellen.«
    Jetzt erst fiel mir auf, daß wir die ganze Zeit nichts Alkoholisches tranken. Wir waren im Arbeitsrausch, und das genügte offenbar. Wir gingen dem Schiffsrumpf mit Drahtbürsten zu Leibe, wir verstrichen Unmengen an Rostschutzfarbe. Wir entlockten dem alten Diesel im Maschinenraum erste Lebenszeichen. Es war ein Stapellauf von innen.
    Am letzten Tag des Jahres sah man erste Ergebnisse. Wir standen im Laderaum an der Theke, und Dick genehmigte uns ein Bier und einen Genever. Es roch nach Farbe, die Lampen brannten. Der Generator lief. Eine leichte Vibration und ein Brummen täuschten Fahrgeräusche vor. Dick schaltete das verschimmelte Pleorama an. »Heute ist ein besonderer Tag«, sagte er. »Laß uns darauf anstoßen.«
    Mittags kam eine kalte Sonne durch. Der Wind blies heftig aus Ost. Dick lag an Deck und malte kopfüber einen Namen auf den Schiffsrumpf. »Willem 2« in weißer Farbe.
    Ich stand an Land und sah ihm bei der Arbeit zu. Er hatte eine sichere Hand, und der weiße Pinsel glitt ohne Zittern über die schwarze Bordwand. Nur die »2« malte er seitenverkehrt. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, lachte er. »Das ist Ansichtssache«, rief er. »Mein Tondi sieht es richtig herum.«
    »Soll das die Yacht des Kaisers sein?« rief ich. Dick lachte noch einmal.
    Am Nachmittag wurde er unruhig. Er sah immer wieder auf die Uhr. Wir standen an Deck und

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