Castle Hill - Stuermische Ueberraschung
KAPITEL 1
Der Antrag
S chnell, aber leise flogen meine Finger über die Tasten des Laptops. Die Bildschirmbeleuchtung hatte ich so eingestellt, dass sie nicht blendete. Ich war mitten in der Nacht mit dem dringenden Bedürfnis aufgewacht, an meinem Manuskript weiterzuarbeiten. Ich wollte unbedingt das Kapitel zu Ende schreiben, in dem mein Vater endlich Fortschritte in der Beziehung zu meiner Mutter macht. Das meiste war pure Spekulation, weil ich die Liebesgeschichte meiner Eltern nur in Grundzügen kannte. Trotzdem hatte mir ihre Welt beziehungsweise die Welt, die ich für sie geschaffen hatte, in den letzten Monaten sehr geholfen. Noch nie hatte mir das Schreiben so viel Spaß gemacht.
Eine Folge davon war der eine oder andere nächtliche Tippmarathon, und obwohl ich dabei immer ganz in meiner Geschichte versank, war ich mir dennoch meines verständnisvollen Bettgenossen bewusst und versuchte, mich so zu verhalten, dass er nicht wach wurde.
Ich hatte etwas mehr als eine Stunde gearbeitet, und jetzt war das Kapitel endlich fertig. Ich sicherte die Datei, schaltete meinen Laptop aus und starrte ihn danach noch eine Weile an. Ich atmete langsam und gleichmäßig und spürte dem Schmerz in meinem Innern nach. Tief in meiner Brust gab es eine Wunde, und wann immer ich an den Tod meiner Eltern und meiner kleinen Schwester Beth dachte, riss diese Wunde auf. Bevor besagter verständnisvoller Bettgenosse in mein Leben getreten war, hätte ich die Wunde einfach zugenäht und mir ein örtliches Betäubungsmittel gespritzt. Jetzt erlaubte ich mir wieder, sie zu fühlen, ich ließ nur nicht zu, dass sie zu einem klaffenden Loch aufriss und mich der Schmerz vollständig überwältigte.
Braden hatte mir dabei sehr geholfen.
Mein verständnisvoller Bettgenosse.
Unter anderem.
Ich drehte mich lächelnd auf meinem Stuhl herum und betrachtete ihn im dunklen Zimmer. Sein Rücken war nackt. Die Bettdecke war ihm bis zur Hüfte heruntergerutscht und hatte sich um seine Beine gewickelt, die er quer über die Matratze ausgestreckt hatte. Wir hatten keine festen Bettseiten. Braden kuschelte gern – er fand feste Bettseiten überflüssig.
Gestern hatte er einen sehr anstrengenden Tag gehabt. Er hatte spätabends angerufen und erklärt, dass er von einem Meeting zum nächsten gehetzt war, und dann musste er auch noch zu einem Notfall in seinen Nachtclub Fire fahren, der sich hinterher allerdings weniger als Notfall, sondern mehr als ein Fall von hundsmiserablem Management entpuppt hatte. Als er schließlich nach Hause gekommen war, schlief ich schon, aber ich war nicht überrascht gewesen, als ich später in seinen Armen aufgewacht war. Auch nicht darüber, dass er keinen Mucks von sich gab, als ich mich aus seiner Umarmung gelöst hatte, um aufzustehen.
Jetzt betrachtete ich voller Sehnsucht seinen muskulösen Rücken und seine starken Arme. Am liebsten wäre ich sofort zurück ins Bett gekrochen und hätte mich an ihn gekuschelt. Doch er schlief so friedlich, und ich besann mich eines Besseren. Ich sollte ihn wirklich nicht stören. Ganz offensichtlich brauchte er den Schlaf dringend.
Ich stand ganz vorsichtig auf, damit mein Stuhl nicht knarrte, schlich auf Zehenspitzen zum Bett und schlüpfte hinein, wobei ich mich mehrmals vergewisserte, dass ich ihn nicht aufgeweckt hatte. Ich zog die Decke hoch, drehte mich auf die Seite, die Hand unter der Wange, und schaute ihn an.
Er war so wunderschön.
Bei seinem Anblick machte sich ein ganz anderer Schmerz in meinem Innern bemerkbar.
Dies war ein Mann, der lange und hart um mich gekämpft hatte, selbst als ich wild entschlossen gewesen war, alles, was zwischen uns war, zu zerstören. Ein Mann, der verstand, dass ich schwierig und stur und ein bisschen irrational (na schön, vielleicht sehr irrational) sein konnte, und der mich trotzdem liebte. Ich war nicht gerade sehr talentiert, wenn es darum ging, meine Gefühle auszudrücken. Ich hatte sie lange unter Verschluss gehalten, um mich vor Verletzungen zu schützen, und war noch immer keine vor Emotionen übersprudelnde Frau, die ihrem Freund jeden Tag sagte, dass sie ihn liebte.
Aber Braden wusste es auch so.
Allerdings fragte ich mich manchmal, ob er wusste, wie sehr ich ihn liebte. Ich fragte mich, ob er wusste, dass ich ihm nur beim Schlafen zuzusehen brauchte, um dieses beängstigende Glück zu empfinden, das mich schier atemlos machte. Ich fragte mich, ob er wusste, dass er alles, absolut alles für mich war.
Normalerweise
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