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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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seinem Mund nach zu urteilen, hatte jedoch das Gefühl, dass er zu jenen Männern gehörte, die mit zunehmendem Alter nur noch besser aussahen. Ihr Kind wäre wunderschön geworden, und ich empfand tiefes Mitleid mit den beiden.
    Er kam auf mich zu, die braune lederne Bomberjacke hing über seinem Arm, ein Rucksack über der Schulter.
    »Wie geht es ihr? Fragt sie nach mir?« Seine Stimme brach beim letzten Wort.
    »Lassen Sie uns irgendwo hingehen, wo wir uns ungestört unterhalten können, Mr Simeon.« Ich führte ihn den Korridor entlang in eines der Behandlungszimmer, wobei wir dem Hausmeister auswichen, der gerade den Boden wischte.
    Stirnrunzelnd stellte ich fest, dass die Tür zum Abstellraum hinter ihm weit offen stand, und machte mir im Geiste eine Notiz, es dem Pflegepersonal gegenüber zu erwähnen.
    »Nennen Sie mich bitte Daniel. Geht es ihr gut?«
    »Ich denke schon, in Anbetracht der Umstände. Sie hat einiges durchgemacht, aber wir tun alles in unserer Macht Stehende, um ihr zu helfen. Im Moment ist hier der beste Ort für sie.«
    »Da war so viel Blut …«
    Er tat mir leid, und ich wusste, was er wahrscheinlich dachte: Was, wenn ich nur zehn Minuten später gekommen wäre? Warum habe ich die Anzeichen nicht erkannt? Familienangehörige teilen sich in zwei Kategorien auf: diejenigen, die sich selbst die Schuld geben, und diejenigen, die den Patienten verantwortlich machen. Aber irgendjemandem müssen sie immer die Schuld geben.
    »Es muss Sie sehr erschreckt haben, sie so aufzufinden«, sagte ich. »Gibt es jemanden, mit dem Sie darüber reden können? Andernfalls kann ich Ihnen gerne jemanden empfehlen.«
    Ein rasches Kopfschütteln. »Mir geht’s gut. Ich will nur, dass Heather nichts zustößt.«
    Ich dachte an das, was Heather mir gerade erzählt hatte. Wurde sie tatsächlich von jemandem belästigt? Oder bezog sich seine Angst lediglich auf das, was sie getan hatte?
    »Das wollen wir ebenfalls.« Ich schloss die schwere Metalltür zum Behandlungszimmer auf und bedeutete Daniel, auf einem Stuhl Platz zu nehmen.
    Er setzte sich mir gegenüber. Man könnte vielleicht erwarten, dass die Station in beruhigenden Farben eingerichtet sein müsste, um eine herzliche, angenehme Umgebung zu schaffen, doch diese Stühle hier boten ein Potpourri aus Pink, Blau und Rotbraun und standen schon seit den siebziger Jahren hier. Der beschichtete Tisch war an den Ecken angeschlagen, die Platte bröckelig. An einer Wand stand ein Holzregal mit ein paar einsamen, wahllos zusammengestellten Büchern. Selbst der Wartebereich, in dem Daniel so viele Stunden gesessen hatte, bestand lediglich aus ein paar Stühlen neben den Aufzügen. Es war ein altes Krankenhaus, die Gelder waren knapp, und die Leute kamen schließlich nicht zum Urlaub hierher.
    »Hat sie erzählt, warum sie …« Daniel stockte und holte hastig Luft. »Warum sie versucht hat, sich umzubringen?«
    »Ohne Heathers Erlaubnis darf ich nichts von dem sagen, was sie mir erzählt hat. Aber ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«
    »Klar, fragen Sie.«
    »Wussten Sie, wie stark ihre Depressionen waren?«
    Niedergeschlagen rieb er sich das Kinn. »Seit wir das Baby verloren haben, hat sie nichts mehr gegessen und ist nicht mehr aufgestanden. An den meisten Tagen hat sie nicht einmal geduscht. Ich dachte, es wäre so eine postpartale Störung, oder wie man das nennt, und dass sie einfach nur etwas Zeit braucht … Ich muss die ganze Zeit daran denken, wie still sie gestern Abend war, als ich gegangen bin. Ich war spät dran – ich habe noch einen Nebenjob angenommen, um etwas hinzuzuverdienen – und hatte es ziemlich eilig.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich bei ihr geblieben wäre …«
    Er gehörte also zu denen, die sich selbst die Schuld gaben. Ich beugte mich vor.
    »Es ist nicht Ihre Schuld, Daniel. Wenn Sie geblieben wären, hätte sie gewartet, bis Sie fortgehen, und es dann versucht. Menschen, die so verstört sind wie Heather, finden immer einen Weg.«
    Er sah mich an – lange genug, wie ich hoffte, damit meine Worte auf ihn wirken konnten –, dann verdüsterte sich seine Miene.
    »Ihre Eltern wird es hart treffen.«
    »Sie wissen es noch nicht?«
    »Sie sind auf einer Wohnmobiltour durch den Norden von British Columbia. Ich habe versucht, sie anzurufen, aber sie müssen irgendwo sein, wo sie keinen Empfang haben. Heather hat schon eine ganze Weile nicht mit ihnen geredet.«
    »Was ist mit ihren Freunden?«
    »Sie wollte nie irgendetwas

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