Blind Date mit der Lust
Fenster. Die dünnen Vorhänge flatterten nach draußen. Die Luft, die hereindrang, war eiskalt. Wortlos nahm er Mia bei der Hand und zog sie mit sich. Der Abend hatte nicht den romantischen Verlauf genommen, den er sich vorgestellt hatte.
In diesem Moment traf ein wuchtiger Schlag die Badezimmertür. Das Schloss war nicht besonders solide und würde nicht lange standhalten. Das nächste Krachen. Diesmal offensichtlich ein Fußtritt. Jack hob Mia hoch und schob sie aus dem Fenster. Sie winkelte ein Bein an, dann war sie verschwunden. Jack hielt den Atem an und hoffte, dass sie nicht in den Innenhof gestürzt war.
„Etwa zwei Meter unter dem Fenster ist ein Sims„, hörte er sie sagen. „Worauf wartest du?„
Sie hatte recht. Jack schwang die Beine aus dem Fenster und ließ sich herunter. Er hatte Höhenangst, und dass es dunkel war und schneite und er eine Kugel in der Schulter hatte, machte die Sache nicht besser.
Mia nahm seine Hand, als er neben ihr auf dem schmalen, schneebedeckten Sims landete. „Guck nicht nach unten.„
Kein Problem .
Ihre Finger umkrallten ihn so fest, dass sie ihm beinahe die Blutzufuhr abschnitt, aber sie fühlten sich warm und stark an. Gut.
„Etwa drei Meter links von uns ist ein Balkon„, erklärte sie mit klappernden Zähnen. „Wenn wir da hochklettern …„
Plötzlich bröckelte direkt neben Jacks Ohr ein Stück Putz von der Fassade. Jemand schoss auf sie. Wenigstens konnte ihr Gegner sie auch nicht besser sehen als sie ihn.
Aber er stand in einem warmen Zimmer. Er balancierte nicht auf Zehenspitzen auf einem dreißig Zentimeter schmalen schneebedeckten Sims.
Es war stockduster. Jack fiel der Schnee in dicken Flocken ins Gesicht. Er presste sich gegen die Mauer und setzte erst einen Fuß sicher auf, bevor er den anderen nachzog. Mia dagegen bewegte sich schier in Lichtgeschwindigkeit den Sims entlang.
„Du hast wohl keine Höhenangst, oder?„, flüsterte Jack ihr zu, als sie gemeinsam an der Wand entlangglitten.
„Nein. Du etwa?„
Er schluckte. Leider doch. Es gelang ihm, ganz entspannt zu klingen. „Kannst du den Balkon schon sehen?„
„Nein, aber ich erinnere mich vom letzten Mal daran, dass er da ist. Was macht die Wunde?„
Schön warm . „Okay.„
„Okay, ich verblute, oder okay, es hat aufgehört?„
„Okay. Können wir jetzt diesen Balkon finden und ins Haus klettern?„
„Sag mir Bescheid, wenn es schlimmer wird, Jack. Und lüg mich nie wieder an.„
„In Ordnung.„
„Versprochen?„
„Ja.„
Schweigend schoben sie sich weiter, nur das Scharren ihrer Füße und ihr Atmen waren zu hören. „Warst du wirklich im Kinderheim?„, fragte Mia abrupt.
„Ja.„
„Warum hast du mir das nie vorher gesagt, Jack?„
„Weil du dabei warst, dich in den Mann zu verlieben, von dem du glaubtest, das wäre ich. Das wollte ich nicht gefährden.„
„Du hattest Angst, dass ich dich nicht akzeptieren würde, so wie du bist?„ Sie seufzte. „Oh Jack.„
„Mia?„
„Was?„
„So gerne ich unsere Unterhaltung weiterführen würde … Ist dir aufgefallen, dass wir in absoluter Dunkelheit auf einem sehr schmalen Sims in etwa sieben Meter Höhe balancieren?„
Es folgte eine lange Pause. „Hier ist kein Balkon.„
„Was? Du hast doch gesagt …„
„Ich glaube, er ist auf der Ostseite des Gebäudes. Das hier muss die Südseite sein.„
Jack schloss für einen Moment die Augen. „Das heißt, wir müssen noch um die Ecke.„ Es war eine Feststellung, keine Frage.
Ein Stück Putz landete mit einem dumpfen Geräusch auf der Erde tief unter ihnen. Jack erstarrte. Schritte. Schweres Atmen. Er hielt die Luft an. Nein. Das war nicht sein Atem.
Verdammt.
Jemand war mit ihnen auf dem Sims.
9. KAPITEL
Mias Füße, die nur von den halterlosen Strümpfen umhüllt wurden, waren taub vor Kälte, aber ihre möglichen Erfrierungen interessierten sie im Moment nicht. Sie warf einen besorgten Blick zu Jack, den sie allerdings nicht sehen konnte. Er bewegte sich angestrengt, mit unsicheren Schritten.
Das war doch alles Irrsinn. Was hatten sie sich nur dabei gedacht, einfach aus dem Fenster zu klettern? Jack blutete wie ein angestochenes Schwein, und keiner von ihnen trug angemessene Kleidung für eine Fassadenkletterei.
Das Schneetreiben wurde immer dichter. Die dicken schweren Flocken wirbelten immer schneller um sie herum.
Und noch dazu war jetzt noch mindestens eine Person auf dem Sims mit ihnen. Mia stützte sich mit der linken Hand an der
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