Blinde Verführung (German Edition)
können. „Weil ich für das Essen hier zuständig bin. Heidi kann genauso guten Kaffee machen und Wasser einschenken wie ich, aber Sandwichs und Kuchen machen, das ist mein Bereich.“
„Sie kommen sich nie in die Quere?“
„Nein, gar nicht. Sie hasst es, Brote zu schmieren. Nach einer Kindheit als ältestes von drei Geschwistern ist das kein Wunder, denke ich.“
Darüber musste Patrick lachen. „Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Kennen Sie sich aus der Schulzeit?“
Marlene schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben uns vor ein paar Jahren auf einem Berufsbildungsseminar kennen gelernt. Wir waren damals beide schon retro unterwegs … Kleider, Frisuren, dieses ganze fünfziger Jahre-Zeug eben.“
„Oh lala.“ Er lächelte breit.
Sie schmunzelte. „Danke. Es hat auch sofort zwischen uns gefunkt, sozusagen, aber nicht nur deshalb. Heidi wollte schon immer in den Service gehen und ich wollte ein Café eröffnen und habe dafür BWL studiert. Wir haben uns so gut ergänzt, dass es schon gruselig war. Und bei ein paar Cocktails zu viel haben wir unseren Plan geschmiedet, ein hochwertiges Café zu eröffnen.“
„Sie backen alle Torten hier selbst, nicht wahr?“, fragte Patrick unvermittelt. „Sie sind eine sehr charmante Bedienung, verstehen Sie mich nicht falsch, aber Sie gehen nicht so auf Menschen zu wie Ihre Freundin. Aber der Kuchen … einfach himmlisch. So etwas bekommt eine Fabrik nicht hin.“
„Sie haben mit beidem Recht“, murmelte Marlene. „Ich bin … schüchtern. Aber dafür backe ich wirklich alles selbst. Meine Mutter war Konditorin und hat mir fast alles beigebracht, was ich übers Backen weiß. Den Rest haben Abendkurse und Schnupperpraktika erledigt.“
„Der Erdbeerkuchen ist auch von Ihnen?“ Patrick spießte eine Erdbeere auf und aß sie mit einem genussvollen Seufzen. „Ich wusste es. Er ist ein Gedicht, wirklich. Aber ich möchte wetten, dass Sie inzwischen mit dem Backen nicht mehr hinterherkommen, wenn Sie gleichzeitig noch als Bedienung mitarbeiten. Dazu schmeckt es den Gästen sicher viel zu gut.“
Marlene errötete schon wieder. So viele Komplimente an einem Tag war sie nicht gewöhnt, schon gar nicht von einem gutaussehenden Mann. Meistens waren es die Frauen, die ihr etwas Nettes sagten.
„Vielen Dank, es freut mich, wenn es schmeckt. Ich werde wohl bald noch jemanden einstellen müssen“, gab sie seufzend zu. „Eigentlich müsste ich froh darüber sein. Ich weiß, dass das undankbar klingt, aber mir wäre es fast lieber, wenn es nicht so wäre. Ich mag es, einen kleinen, gemütlichen Laden zu führen und eine Handvoll Stammgäste zu haben. Wir haben inzwischen etliche und sie sind wie gute Freunde, aber wir verlieren jetzt schon fast den Überblick. Das ist ihnen gegenüber irgendwie unfair, oder?“
„Ich verstehe, was Sie meinen“, erwiderte Patrick leicht lächelnd. „Es ging mir damals genauso, als plötzlich jemand meine Arbeit entdeckte und entschied, dass sie gut genug für ein breites Publikum sei. Irgendwann ist einfach ein Punkt erreicht, an dem man sich entscheiden muss, wie es beruflich weitergehen soll.“
„Das klingt ominös. Was arbeiten Sie denn?“, fragte Marlene neugierig. „Sind Sie Maler?“
„Nicht ganz. Bildhauer.“ Patrick lächelte leicht. „Das war mein Glück. Ich kann immer noch blind arbeiten, auch wenn es jetzt etwas aufwändiger ist. Als Maler wäre ich jetzt weiß Gott wie lange arbeitslos.“ Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht findet man meine „blinde Phase“ ja irgendwann interessant.“
„Blinde Phase?“
„Mit etwas Glück ist es nur eine Phase, ja.“ Patrick vertilgte den letzten Rest Torte und tupfte sich mit seiner Serviette die Lippen ab. „Aber das ist kein Thema für ein erstes Date, hm?“
Marlene stockte. Er betrachtete das hier tatsächlich als Date? Prompt schoss ihr das Blut ins Gesicht und ihre Zunge verweigerte einfach den Dienst. Dabei wollte sie ihm unbedingt widersprechen, schließlich war sie neugierig, aber sie respektierte seinen Wunsch auch. Falls er nach diesem Abend nicht genug von ihr hatte, gab es bestimmt noch genug Gelegenheiten, die ganze Geschichte zu hören.
„Erzählen Sie mir lieber, wie Sie an eine so gut gelegene Ladenfläche gekommen sind“, forderte Patrick sie auf, als wüsste er genau, wie sprachlos er sie machte. „Hoffentlich halten Sie mich nicht für unhöflich, aber die Miete muss ein kleines Vermögen kosten.“
„Tut sie auch. Mein
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