Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
der Herzchirurg da und hat uns alles erklärt. Dodge hat die Operation zwar überstanden, aber der Arzt hat von Infarkt und völlig hinüber gesprochen und keine allzu rosige Prognose gegeben.«
»Und zwar?«
»Seine Überlebenschancen stehen bei fünfzig zu fünfzig. Und das sei noch optimistisch, meinte er. Es besteht das Risiko, dass er einen zweiten Infarkt oder einen Schlaganfall erleidet. Erst wenn Dodge die nächsten achtundvierzig Stunden überlebt hätte, sei er zuversichtlicher, dass er es schaffen würde.«
Einen Moment lang herrschte betroffene Stille. Ski konnte Derek Mitchells Sorge förmlich spüren. Er musste sich zweimal räuspern, ehe er etwas sagen konnte. »Sie sprachen von ›uns‹.«
»Inwieweit sind Sie über die Lage hier informiert, Mr Mitchell?«
»Ich weiß nur, dass Dodge weggeflogen ist, um seiner Tochter zu helfen, die er seit dem Tag ihrer Geburt nicht mehr gesehen hat. Ich habe heute Vormittag noch mit ihm telefoniert, aber er wollte mir nicht mehr sagen, als dass es ihm gut gehe. Er war ziemlich mies gelaunt und ausweichend, aber das ist ja nichts Neues bei ihm.«
Ski musste grinsen. »Ja, das kenne ich inzwischen auch.« Er schilderte dem Anwalt mit knappen Worten, was während der letzten Stunden vorgefallen war, und erklärte ihm, Dodge habe darauf bestanden, ins Haus zu gehen und mit Starks zu verhandeln. »Er wollte sich nicht davon abbringen lassen und meinte, er würde so oder so reingehen, ob nun mit meiner Erlaubnis oder ohne. Keine zehn Pferde könnten ihn davon abbringen. Er würde diese beiden Frauen retten oder beim Versuch notfalls draufgehen.«
Die Ironie seines Schwurs war Ski nicht entgangen. »Berry war geistesgegenwärtig genug, Starks zu beschäftigen, indem sie mit ihm geredet hat, während Dodge und ich draußen wertvolle Zeit mit Diskussionen vergeudet haben, ob er nun in dieses Haus gehen soll oder nicht. Am Ende habe ich mich breitschlagen lassen. Er war überzeugt, dass er Starks dazu bringen konnte, Berry und Caroline freizulassen und sich anschließend zu ergeben. Er hätte es beinahe geschafft. Er hat ihm ein Riesentheater vorgespielt, nur der Herzinfarkt war leider echt. Als ich gesehen habe, wie ihm die Pistole aus der Hand gefallen und er nach vorn gekippt ist, hätte ich beinahe selber einen Herzinfarkt bekommen. Ich dachte, das sei das Ende. Was es für Starks auch war. Dodge hatte mir nicht erzählt, dass er eine zweite Waffe bei sich trug.« Er hielt einen Moment inne, ehe er trocken hinzufügte: »Wie es aussieht, hat er auch mich hinters Licht geführt.«
»Knöchelholster?«
»Ja. Woher wissen Sie das?«
»Er geht nie ohne das Ding aus dem Haus.«
»Das weiß ich jetzt auch.«
Ski sah zu Berry hinüber, die mit Caroline an einem Tisch in der Krankenhauscafeteria saß. Der Chirurg hatte gemeint, es würde wohl noch eine Weile dauern, bis jemand zu ihm dürfe, deshalb waren sie hergekommen, um einen Kaffee zu trinken. Doch ihre Tassen waren unberührt. Sie saßen nebeneinander, die Hände fest ineinander verschlungen, als helfe ihnen die Berührung, Kraft zu schöpfen und sie an den anderen abzugeben.
Die beiden Männer verabschiedeten sich. »Was hat er gesagt?«, fragte Berry, als er an den Tisch zurückkehrte.
»Er hat sich von ganzem Herzen bedankt, dass ich ihn angerufen habe. Er wird eine Privatmaschine chartern und heute Abend noch mit seiner Frau herfliegen. Ich schicke jemanden, der die beiden abholt und herbringt. Wahrscheinlich werden sie erst in den frühen Morgenstunden ankommen, aber er wollte nicht bis morgen früh warten.«
Keiner der drei fragte genauer nach, weshalb Derek Mitchell es so eilig hatte.
»Dodge wird bestimmt froh sein, wenn sie kommen. Er redet ständig von ihnen. Er liebt die beiden«, bemerkte Berry.
»Es hörte sich ganz danach an, als beruhe es auf Gegenseitigkeit.«
»Dodge glaubt, er verdiene es nicht, geliebt zu werden«, sagte Caroline mit leiser Stimme, die vom Weinen noch rauer war als sonst. Bis zu diesem Moment war Ski sich nicht einmal sicher gewesen, ob sie der Unterhaltung gefolgt war. Berry beugte sich über den Tisch. »Wie kommst du denn darauf, Mutter?«
»Das hat ihm sein Vater gesagt. Wenn nicht mit Worten, dann zumindest mit der Art und Weise, wie er ihn behandelt hat. Und Dodge hat ihm geglaubt. Bis zu dem Tag deiner Geburt, als ich ihn aus unserem Leben verbannt habe, hat er darum gekämpft, von allen Menschen akzeptiert und respektiert zu werden. Und geliebt.« Sie blickte
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