Blitz der schwarze Hengst
zu
vernehmen.
Müde zog sich Alec aus und legte sich zu Bett —
alle Glieder taten ihm weh.
Ein paar Stunden später rasselte der Wecker. Im
Halbschlaf streckte er die Rechte aus und stellte ihn ab. Ein stechender
Schmerz vertrieb ihm alle Schläfrigkeit. Er richtete sich auf und betrachtete
das blutbefleckte Taschentuch, das immer noch seine Hand umhüllte. Er ließ den
Kopf aufs Kissen zurückfallen. Er hatte also doch nicht geträumt! Er hatte
Blitz in der Nacht auf der Rennbahn geritten! Seine Augen blieben an dem Stuhl
neben dem Bett hängen, auf den er seine Kleider geworfen hatte. Über der Lehne
hing sein Hemd — in Fetzen gerissen.
Der ganze Körper tat ihm noch weh, als er die
Decke zurückwarf und aus dem Bett kletterte. Schnell zog er sich an und steckte
das zerrissene Hemd unter dem Arm — er wollte es wegwerfen, ehe seine Mutter es
sah. Er ging ins Badezimmer, wusch sich und behandelte seine zerschundenen
Hände. Er biß die Zähne zusammen, als er die Wunden mit Jod betupfte; aber im
Innern fühlte er große Freude, denn es kam ihm vor, als strebte er dem
Gipfelpunkt seines Lebens zu.
VIERZEHNTES KAPITEL
Zyklon
und Donnerkeil
In der übernächsten Nacht lenkte Alec seinen
Rappen wieder auf die Rennbahn. Blitz legte sich auf den Zügel, als Alec ihn im
Schritt gehen ließ. Henry und Jake lehnten am Zaun; Napoleon stand neben ihnen
und hielt die Augen auf Blitz gerichtet.
Alec trug einen enganliegenden schwarzen
Pullover; dicke Handschuhe bedeckten seine aufgeriebenen Hände. Um den Kopf
hatte er sich ein Taschentuch gebunden, damit ihm die Haare nicht in die Augen
fielen. Der Hengst bäumte sich halb und legte sich auf den Zügel — er wollte
galoppieren! Alec krümmte sich tiefer auf den Hals des Pferdes. Das Herz
klopfte ihm, denn auch er wollte den Wind wieder im Gesicht und den kraftvollen
Rappen in Bewegung fühlen.
Plötzlich hielt er den einen Zügel aus, und der
Hengst galoppierte an. In mächtiger Schrittweite gewann er Geschwindigkeit.
Immer schneller ging es, bis sich die Umgebung wieder verwischte und nur die
endlose Linie des weißen Zaunes eine Richtschnur bildete. Alec kürzte den
Galopp nicht ab. »Lauf, du Teufelskerl!« schrie er; aber der Wind verwehte die
Worte. Rings um die Bahn flitzten sie; Henry und Jake drückten auf ihre
Stoppuhren, als Blitz vorbeisauste. Eifrig lasen sie die Zeit ab und blickten
einander an. »Hätte ich niemals für möglich gehalten«, sagte Jake.
Ihre Augen gingen wieder zu dem schwarzen Fleck
auf der Rennbahn. »Schau nur, wie dieser Gaul rennen kann!« stieß Jake hervor.
»Ja, und schau nur, wie der Junge reiten kann!«
rief Henry.
Jake stützte den Kopf in seine Hände, die auf
dem Zaun ruhten. »Nie habe ich ein Pferd mit einer solchen Ausdauer gekannt«,
bemerkte er.
»Vergiß nicht, Blitz ist ein Araber.«
»Aber nicht nur Araber — dazu ist er zu groß und
zu schnell. In seinen Adern kreist das Blut vieler guter Pferde. Ja, und nur
die Liebe zu dem Jungen hält ihn jetzt auf der Bahn fest.«
Hoch in den Steigbügeln hing Alec dicht über dem
Hals des Hengstes — es war, als flöge er. Der Wind trieb ihm die Tränen in die
Augen. Als er sich Henry und Jake näherte, sah er die graue Gestalt Napoleons
plötzlich auf die Bahn laufen. Sie rasten an ihm vorbei. Aber Blitz hatte
Napoleon ebenfalls wahrgenommen, und er kürzte den Galopp ab.
Alec schaute über die Schulter und sah den alten
Grauschimmel hinter ihnen herlaufen. Allmählich wurde Blitz langsamer, und ohne
auf Alecs Hilfegebung zu warten, vollführte er eine Wendung und galoppierte
zurück zu dem trabenden Napoleon. Der alte Gaul wieherte, als sie zu ihm
gelangten, hielt aber den Kopf hoch. Er hob die Nase zu Blitz und setzte sich
dann in Trab, der Biegung zustrebend. Der Hengst sprang herum und war mit drei
mächtigen Sprüngen neben ihm. Napoleon brauchte drei Schritte für jeden
einzelnen des Rappen. Zusammen nahmen sie die Kurve. Napoleon trabte
nachdenklich; seine Augen wichen nicht von der vor ihm liegenden Bahn. Der
Hengst schüttelte den Kopf und schnappte spielerisch nach dem Grauschimmel.
Nachdem sie drei Viertel der Bahnlänge zurückgelegt hatten, wechselte Napoleons
Gangart zu einem sehr langsamen Trab.
Als sie bei Jake und Henry anlangten, war
Napoleon erschöpft; aber seine Augen verrieten freudige Erregung. Alec stieg ab
und sagte lachend: »Jetzt haben wir zwei Renner.«
»Ich weiß wirklich nicht, was in Napoleon
gefahren ist«,
Weitere Kostenlose Bücher