Blitz der schwarze Hengst
sagte Henry. »Er brach einfach aus und sprang in die Bahn, als
er Blitz kommen sah.« Jake streichelte den Grauschimmel. »Das spricht Bände«,
erwiderte er. »Vielleicht war er in seiner Jugend auch einmal ein Renner.«
Henry warf Blitz die Decke über. »Tony wird sich
wahrscheinlich wundern, wenn sein Zugpferd die Arbeit morgen recht gemütlich
nimmt.«
»Vielleicht wird es temperamentvoller sein denn
je«, lachte Alec. »Tony kann sich glücklich schätzen, wenn sich Napoleon zügeln
läßt!«
Jake warf auch Napoleon eine Decke über. »Da,
das hast du verdient, Alterchen.«
»Du solltest beide ein bißchen bewegen, Alec«,
sagte Henry.
Alec führte die Pferde weg. Napoleon hob den
Kopf so hoch, wie er nur konnte; offenbar wollte er Blitz nachahmen. Sorgsam
stieg er mit den zitternden Beinen und versuchte sich trotz Alecs festem Griff
an der Halfter zu bäumen.
Henry und Jake standen beim Wagen, als Alec mit
den beiden Pferden zurückkehrte. Die Männer betrachteten den Hengst. »Ich gäbe
viel darum, wenn wir ihn bei einem großen Rennen laufen lassen könnten«, sagte
Henry. »Menschenskind, das wäre sehenswert!«
Alec sah Henry an. »Wir geben die Hoffnung doch
noch nicht auf?« Henry gab den Blick des Knaben zurück. »Nein, mein Junge,
dieses Pferd soll gesehen werden, und wenn ich das Rennen selbst veranstalten
müßte!« Er zündete sich seine Pfeife an. Im Schein des brennenden Streichholzes
gewahrte Alec seinen entschlossenen Gesichtsausdruck. Seine Wangenmuskeln
zuckten, als er an der Pfeife zog; der dicke Rauch stieg in die Luft und wurde
von der warmen Frühlingsbrise davongetragen. Henry nahm die Pfeife aus dem Mund
und wandte sich an Jake: »Hast du irgend welche Vorschläge, was wir tun
könnten, Jake?«
Der alte Mann dachte eine Weile nach und
erwiderte dann: »Nein, Henry. Am besten wäre es wohl, ihn irgendwie einen
Zeitrekord aufstellen zu lassen, damit man von ihm spricht. Aber vorläufig
würde ich noch auf die Antwort der europäischen Rennvereine warten.«
Der Hengst spitzte die Ohren, da aus einem Stall
in der Ferne ein Wiehern ertönte.
»So würde ich auch vorgehen, Henry«, sagte Alec.
»Wir wollen noch eine Weile warten; aber Blitz gehört in die erste Reihe, und
irgendwie müssen wir das beweisen, Stammbaum hin oder her!«
Es vergingen Wochen, und Alec und Henry
trainierten Blitz gewissenhaft. Auf Henrys Briefe war immer noch keine Antwort
gekommen, und allmählich hatten sie die Hoffnung verloren, jemals Auskunft zu
erhalten. Dann kam eines schönen Tages ein Brief aus Paris. Henry eilte mit dem
ungeöffneten Umschlag in den Stall, wo Alec gerade Blitz striegelte.
»Alec, die Antwort ist da!« rief Henry aufgeregt
und schwenkte den Brief in der Hand. Erregt riß er den Umschlag auf und ließ
ihn zu Boden flattern.
Alec sah ihn die Zeilen überfliegen, und dann
malte sich auf Henrys Gesicht Enttäuschung. Er reichte Alex den Brief, der nur
ein paar kurze Zeilen enthielt. Trotzdem las Alec nicht alles. Die ersten Sätze
genügten schon. »Leider können wir erst heute auf Ihre Anfrage antworten, weil
ausgedehnte Nachforschungen nötig waren. Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen
mitteilen, daß in den von uns kontrollierten Gestütbüchern kein Pferd
eingetragen ist, das Ihrer Beschreibung entspricht...« Alec gab Henry den Brief
zurück, der ihn zerknüllte und zu Boden warf.
In den folgenden Tagen konnte Alec seine
Enttäuschung nicht verbergen. Die nächtlichen Ritte auf Blitz freuten ihn in
gleicher Weise wie bisher; aber es verlangte ihn danach, auf Blitz gegen die
berühmten Pferde des Tages zu reiten, gegen Pferde wie Donnerkeil und Zyklon,
die augenblicklich in den Staaten die Spitze hielten.
Er las alle Berichte, welche die Zeitungen über
sie veröffentlichten, und lauschte allen Radio-Reportagen über die großen
Rennen, in denen die beiden um den Sieg kämpften. Es waren die besten Pferde —
sagten die Fachleute — , die jemals eine Rennbahn betreten hatten. Donnerkeil,
der Preisträger der Westküste, Sieger im Santa Anita-Handikap, sei das
schnellste Rennpferd der Welt, behaupteten die Berichte aus dem Westen. Zyklon,
der Stolz des Ostens, in Kentucky geboren und trainiert, Preisträger im Derby
und bei anderen großen Rennen, vollbringe Leistungen, die man noch nie auf der
Rennbahn gesehen habe, hieß es anderseits.
Alle Sport-Berichterstatter schrieben lange
Artikel über die beiden Pferde und weissagten, was geschehen würde, wenn sich
die zwei
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