Blitz und Vulkan
brennenden Wald herausbrachtest — und daß dir das gelang, ist das einzige, was wirklich zählt. Aber als ich euch plötzlich sah — dich auf Blitz und die anderen Pferde vor dir — , fiel mir auf einmal ein, daß das große Rennen um den Internationalen Pokal auf diese Weise und allem zum Trotz nun sozusagen doch noch gelaufen wurde...“ Henry machte tief aufatmend eine Pause. „Ob das stimmt, weißt nur du. Willst du es mir nicht sagen?“
Alec blieb stumm, während Blitz drinnen im Wagen ungeduldig mit den Hufen gegen die Wände schlug und Napoleon wieherte.
„Du brauchst selbstverständlich nicht darüber zu reden, wenn es dir widerstrebt“, schloß der alte Trainer leise.
Alec wandte sich zu dem kleinen Fenster um, durch das man ins Innere des Wagens sehen konnte, streckte seine verbundene Hand hindurch und streichelte Blitz. „Gut, Henry“, sagte er dann. „Was möchtest du wissen?“ Sein Freund drehte sich zu ihm um; Alec sah die kleinen Lichter in Henrys grauen Augen tanzen. „Vulkan galoppierte hinter den anderen her, als ich den flüchtigen Blick auf euch erhaschte..., hat er einige von ihnen überholt?“
„Ja, das hat er, Henry!“
„Glaubst du demnach, daß er sie in einem Rennen geschlagen haben würde?“
„Er hat sie geschlagen, Henry!“
„Willst du damit sagen, daß er den ganzen großen Vorsprung, den sie hatten, wettgemacht hat?“
Alec nickte.
„Ich war überzeugt, daß er dazu imstande sein würde“, sagte der Trainer mit großem Stolz. Gleich darauf trübte sich jedoch sein Gesicht, und gedankenverloren blickte er in den Rückspiegel nach dem Transporter mit Vulkan.
Alec beobachtete ihn und wußte genau, woran er dachte, nämlich: ob Blitz imstande gewesen war, Vulkan einzuholen? Und wenn: ob Blitz seinen Sohn etwa geschlagen hatte? Der Junge verstand des alten Mannes Freude und Stolz auf Vulkan, den er soweit gebracht hatte und über alles liebte. Die Furcht, er könnte unterlegen sein, stand deutlich in seinem gefurchten Gesicht geschrieben.
Nach langer Zeit wagte Henry die zögernde Frage: „Ist es Blitz ebenfalls gelungen, die anderen zu überholen?“ Er preßte die Lippen fest aufeinander vor Spannung. „Ja, auch Blitz hat alle anderen überholt.“
Wiederum leuchtete Henrys Gesicht auf, als er sagte: „Donnerwetter! Das war eine Leistung! Er hatte ja schließlich noch dein Gewicht zu tragen!“ Hastig fügte er hinzu: „Ein viel zu großes Handicap für ihn, als daß er auch Vulkan noch hätte überholen können...“, er sah Alec fast flehend an, „... nicht wahr?“
„Nein, Henry“, antwortete Alec ohne zu zögern, „nein, Vulkan hat er nicht überholt, das war unmöglich.“ Henry seufzte tief auf; sein Gesicht strahlte. „Wir haben tatsächlich die besten Pferde der Welt, Alec!“ sagte er feierlich. „Es wird nie bessere geben als diese zwei, das wissen wir jetzt!“
Während sie Herrn Ramsays Wagen zur Kuppe des Hügels folgten, plauderte Henry froh erregt von ihren Zukunftsplänen und den Pferden, die sie züchten wollten. Alec lehnte sich in seinen Sitz zurück, zufrieden in dem Bewußtsein, daß nur er allein von Blitz’ überlegener Schnelligkeit wußte. Tatsächlich! Kein Mensch hätte es für möglich halten können, daß sich Blitz trotz eines solchen Handicaps Vulkan überlegen gezeigt und ihn hinter sich gelassen hatte — aber es war ihm geglückt! Blitz hatte seinen Sohn mit einer Länge geschlagen. Er war das schnellste Pferd der Welt, Sieger im heimlich ausgetragenen Rennen um den Internationalen Pokal! Seine Schnelligkeit hatte ihrer aller Leben gerettet.
Von der Kuppe des Hügels aus konnten sie kurze Zeit ihr Tal mit der Farm unten liegen sehen wie einen Edelstein in der sich weit hinstreckenden wellenförmigen Landschaft. Beim Abwärtsfahren nahmen ihnen die Tannen und Fichten zu Seiten des Weges wieder die Sicht. Am Fuße des Hügels führte der Weg durch fruchtbare Felder. Ein breiter Fluß floß durch das Tal; sie überquerten ihn auf einer überdachten Holzbrücke. Auf der anderen Seite fuhren sie nach rechts am Flußufer entlang.
„Und jetzt heißt es erstklassige Stuten beschaffen“, sagte Henry ohne Übergang. „Sie sind ebenso wichtig wie ein guter Deckhengst, den wir ja mit Blitz haben. Denn der Hengst bedeutet ja nur die eine Hälfte der Erbmasse; daran muß man immer denken.“
„Wir werden mit größter Vorsicht zu Werke gehen, Henry“, antwortete Alec. „Erst wenn wir sicher sind, die richtigen
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