Blonder Kugelfang
tief genug in
der Tinte«, sagte die Brünette wütend. »Wie kann Mr. Holman uns helfen, wenn du ihm nicht erzählst was passiert ist?«
»Ich weiß doch nicht, was
passiert ist, du Gans«, fuhr Samantha sie an. »Ich weiß nur noch, daß ich am Freitag abend zu Bett ging, und als ich aufwachte, war es Dienstag morgen , und du warst gerade aus New York
zurückgekehrt.«
»Wie fühlten Sie sich beim
Aufwachen?« erkundigte ich mich.
»Gut.« Begriffsstutzig starrte
sie mich an. »Wie hätte ich mich schon fühlen sollen?«
»Na ja, vielleicht besonders
müde? Oder unwohl? Etwa in dieser Art.«
»Es ging mir aber gut«,
antwortete sie. »Und zwar so lange, bis Tracy mir sagte, daß es Dienstag und
nicht Samstag morgen sei.«
»Sie wissen also nicht mehr,
was Ihnen während dieser drei Tage und Nächte geschehen ist?«
»Ich habe nicht die blässeste
Ahnung«, antwortete sie.
»Aber wir wissen einiges«,
ergänzte Tracy.
»Davon glaube ich kein Wort«,
sagte Samantha. »Die Leute lügen alle.«
»Reg’ dich nicht auf«, flehte
die Brünette. »Das hilft uns auch nicht weiter, Samantha.«
»Ich will euch aber nicht
helfen!« schrie die Blondine. »Ich kann es einfach nicht. Ich erinnere mich
auch nicht an eine einzige verdammte Minute in diesen drei Tagen, ich habe es
satt, von dir eine Lügnerin geschimpft zu werden, und mir die Lügen anhören zu
müssen, die diese anderen Schweine über mich erzählen.« Sie warf mir einen
mörderischen Blick zu. »Und vor allem will ich nicht, daß dieser Strolch in
meinem Privatleben herumschnüffelt und nur noch mehr Lügen über mich
verbreitet. Ist das klar?«
»Völlig klar«, nickte Tracy.
»Und jetzt zeig’s ihm.«
»Nein!« schrie die Blondine.
»Ich mache für den doch keinen Privatstrip!«
Tracy Nash hob die Hand und
versetzte Samantha eine Ohrfeige. »Zeig’s ihm«, sagte sie dann.
Die Blondine taumelte auf die
Couch und brach in hysterisches Weinen aus. Tracy rollte sie auf den Bauch, zog
ihr die Pyjamahose herunter und deutete mit dem Zeigefinger. »Da!« sagte sie.
Ich sah genauer hin. Tief unten
auf der hübsch gerundeten linken Backe saß ein winziger Skorpion.
»Es ist eine Tätowierung«,
erläuterte Tracy. »Und zwar ganz neu. Zum erstenmal habe ich ihn gesehen, als Samantha am Dienstag unter der Dusche stand.«
»Du gemeines Biest«, stöhnte
Samantha. »Dafür wirst du mir büßen.«
»Zieh’ dich wieder an, Süße.«
Tracy gab ihr einen spielerischen Klaps auf den Popo.
Samantha tastete nach dem
Gummiband ihrer Pyjamahose und zog sie mit einem Ruck wieder hoch. Dann
rappelte sie sich von der Couch auf und rannte aus dem Zimmer, wobei sie die
Tür hinter sich zuknallte.
»Sie ist wirklich ein bißchen
durcheinander«, sagte Tracy mit der Untertreibung des Jahres.
»Sie erinnert sich also an
nichts mehr, was während dieser Tage geschehen ist«, faßte ich zusammen. »Nicht
einmal daran, wie der Tätowierungskünstler sie hinten mit der Nadel gestochen
hat.«
»So behauptet sie.«
»Aber Sie glauben ihr nicht?«
»Ehrlich gesagt, ich weiß es
nicht.« Tracy ließ sich mir gegenüber auf der Couch nieder und verschränkte
nervös die Finger. »Vielleicht will sie sich nur nicht erinnern?«
»Ein Trauma?« überlegte ich.
»Da könnte ein Arzt ihr wahrscheinlich helfen.«
»Noch nicht«, sagte sie scharf.
»Ich habe das Gefühl, daß Samantha viel eher Schutz braucht.«
»Wovor?«
»Schutz vor allem, was ihr
während dieser drei Tage zugestoßen ist. Ehe wir das nicht geklärt haben,
können wir es nicht wagen, einen Arzt zu konsultieren.«
»Vorhin sprachen Sie davon, daß
andere Leute sie während dieser drei Tage gesehen haben.«
»Sie hat in dieser Zeit einen
Vertrag mit Sam Heiskell unterzeichnet, und um das zu
tun, muß sie wirklich nicht bei Sinnen gewesen sein.«
»Wer ist das?«
»Ich weiß nicht, ob ich die
richtigen Worte finde, um Sam zu beschreiben«, sagte sie rauh .
»Von allen Ganoven der Rockszene ist er der schlimmste. Und Samantha hat mit ihm
eine dreiwöchige Tournee vereinbart. Sie führt von einer miesen Spelunke in die
andere, und am Ende wird Sam seine Bücher so doktern, daß er mit Verlust
abschneidet.«
»Was noch?«
Tracy biß sich auf die Lippen.
» Heute morgen kam ein Anruf für sie. Ich nahm ihn
entgegen, weil Samantha nicht dazu imstande war. Es war die Stimme eines
Mannes. Ich sagte ihm, daß sie nicht ans Telefon kommen könne, da fragte er,
wer ich sei. Ihr Manager und ihre persönliche
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