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Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)

Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)

Titel: Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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Wesentlichen blieb die Tatsache, dass ich noch nie zuvor so dicht neben jemandem gesessen hatte – vielleicht in meinem ganzen Leben noch nicht. Ich war es nicht gewohnt, meine unmittelbare Umgebung derart zu teilen.
    All das vergaß ich jedoch schnell, als das Stück begann. Brayden mochte es nicht gefallen, wenn Shakespeare in moderner Kleidung aufgeführt wurde, aber ich fand, dass die Schauspieler ihre Aufgabe in bewundernswerter Weise erfüllten. Da wir mitlasen, fiel uns einige Male auf, dass sie ab und zu eine Zeile vermasselten. Heimlich warfen wir einander triumphierende Blicke zu, voller Freude darüber, dass wir etwas wussten, das andere nicht ahnten. Ich verfolgte auch Braydens Anmerkungen, nickte bei einigen und schüttelte bei anderen den Kopf. Ich konnte es gar nicht erwarten, all das auf der Rückfahrt zu besprechen.
    Während Kleopatras dramatischer Sterbeszene beugten wir uns alle aufmerksam vor, zutiefst konzentriert auf ihre letzten Zeilen. Neben mir hörte ich das Knistern von Papier. Ich ignorierte es und beugte mich noch weiter vor. Das Papier knisterte abermals, diesmal viel lauter. Als ich hinüberschaute, sah ich eine Gruppe von Jugendlichen in der Nähe sitzen, ungefähr im Collegealter. Die meisten sahen der Aufführung zu, aber einer hielt etwas in der Hand, das in eine braune Papiertüte gewickelt war. Die Tüte war zu groß für den Gegenstand und mehrmals umgeschlagen. Er blickte sich nervös um und versuchte, diskret zu sein, während er das Papier nach und nach zentimeterweise auffaltete. Es war offensichtlich, dass er dadurch mehr Lärm verursachte, als wenn er es in einem Rutsch gemacht hätte.
    Das ging noch eine ganze Minute so weiter, und mittlerweile sahen auch noch einige andere Leute in der Nähe zu ihm hinüber. Endlich hatte er die Tüte geöffnet und schob dann, immer noch in Zeitlupe, bedächtig die Hand hinein. Ich hörte das Plop eines Verschlusses, und der Junge strahlte triumphierend über das ganze Gesicht. Er hielt noch immer verborgen, was in der Tüte steckte, hob die ganze Tüte an den Mund und trank aus einer Flasche von etwas, das sehr offensichtlich Bier oder ein anderes alkoholisches Getränk war. Die Form der Tüte hatte es von Anfang an ziemlich klar angedeutet. Ich schlug mir eine Hand über den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. Er erinnerte mich so sehr an Adrian. Ich konnte mir gut vorstellen, wie Adrian zu einem solchen Ereignis Alkohol schmuggelte und dann alle möglichen Anstrengungen unternahm, nicht weiter aufzufallen; er würde davon ausgehen, dass ihn niemand erwischte, wenn er alles nur langsam genug machte. Und auch Adrian wäre wahrscheinlich das Missgeschick unterlaufen, die Flasche genau in der spannendsten Szene des Stückes zu öffnen. Ich konnte mir sogar einen ähnlich entzückten Ausdruck auf seinem Gesicht vorstellen, einen, der sagte: Niemand weiß, was ich tue! Obwohl wir es natürlich alle wussten. Ich hatte keine Ahnung, warum es mich jetzt zum Lachen brachte, aber das tat es.
    Brayden dagegen war zu sehr auf das Stück konzentriert, um etwas zu bemerken. »Ooh«, flüsterte er mir zu. »Das ist ein guter Teil, gleich – wenn ihre Zofen sich töten.«
    Wir hatten auf dem Rückweg nach Amberwood viel zu debattieren und zu analysieren. Ich war fast enttäuscht, als sein Wagen vor meinem Wohnheim vorfuhr. Wie wir dort so saßen, wurde mir bewusst, dass unser Date einen kritischen Punkt erreicht hatte. Wie war hier das korrekte Vorgehen? Sollte er mich küssen? Sollte ich es ihm erlauben? War das der wirkliche Preis für meinen Salat gewesen?
    Brayden wirkte ebenfalls nervös, und ich machte mich schon auf das Schlimmste gefasst. Als ich auf meine Hände in meinem Schoß hinabschaute, stellte ich fest, dass sie zitterten. Das schaffst du, sagte ich mir. Es ist ein Initiationsritus. Ich wollte die Augen schließen, aber als Brayden dann das Wort ergriff, öffnete ich sie schnell wieder.
    Wie sich herausstellte, hatte er sich nicht für einen Kuss gewappnet, sondern vielmehr für eine Frage.
    »Würdest du … würdest du gern noch einmal ausgehen?«, fragte er und schenkte mir ein schüchternes Lächeln.
    Ich war über die Mischung von Gefühlen, die diese Worte in mir auslösten, überrascht. Vorherrschend war natürlich Erleichterung. Jetzt hätte ich noch Zeit, Bücher über das Küssen zu lesen. Gleichzeitig empfand ich aber auch irgendwie Enttäuschung darüber, dass ihm die Prahlerei und das Selbstbewusstsein, die er bei der

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