Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
verwandelte sich sein Gesicht. Die Grimmigkeit, die ich so sehr mit ihm verband, wich, sein Gesicht wurde weicher, und er strahlte förmlich. »Nein, nein. Du rufst nie zum falschen Zeitpunkt an, Roza.« Wie immer die Antwort am anderen Ende auch lautete, sie entlockte ihm ein Lächeln.
»Rose«, sagte Sonya zu mir und stand auf. »Lassen wir ihm ein wenig Privatsphäre. Möchten Sie einen Spaziergang machen?«
»Gern«, antwortete ich und erhob mich ebenfalls. Draußen senkte sich der Abend herab. »Einige Häuserblocks entfernt gibt es ein Kostümgeschäft, das ich mir ansehen möchte – falls es noch geöffnet ist.«
Sonya sah zu Dimitri hinüber. »Treffen wir uns dort?«, flüsterte sie. Er nickte schnell. Sobald wir draußen in der warmen Abendluft waren, lachte sie. »Ah, diese beiden. In einem Kampf sind sie tödlich. Sind sie aber zusammen, schmelzen sie dahin.«
»Ist es auch bei Ihnen und Mikhail so?«, fragte ich und dachte, dass Brayden und ich nicht sonderlich dahinschmolzen, so sehr ich die Zeit mit ihm auch genoss.
Sie lachte wieder und sah zum Himmel auf, der in Orange- und Blautönen gezeichnet war. »Nicht ganz. Jede Beziehung ist anders. Jeder liebt anders.« Eine lange Pause folgte, während der sie über ihre nächsten Worte nachdachte. »Das war sehr nett, was Sie da für Adrian getan haben.«
»Da gab es nicht viel zu überlegen«, erwiderte ich. Wir kamen auf eine belebtere Straße, voller hell erleuchteter Läden mit Wasserzerstäubern draußen, die Kunden abkühlen sollten, denen heiß geworden war. Bei dem Gedanken daran, was dieser Nebel mit meinem Haar anstellte, zuckte ich zusammen. »Ich musste helfen. Eine solche Behandlung hat er nicht verdient. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Adrian dieses ganze Leben erträgt. Und würden Sie glauben, dass es seine größte Sorge war, ich könnte schlechter von ihm denken?«
»Tatsächlich«, sagte Sonya leise, »kann ich das voll und ganz glauben.«
Das Kostümgeschäft hatte noch geöffnet, dank Halloween, würde jedoch in zehn Minuten schließen. Sonya schlenderte ohne echtes Ziel durch die Gänge, aber ich machte mich sofort auf den Weg zur historischen Abteilung. Sie hatten noch genau ein Kleid im griechischen Stil übrig, ein schlichtes, weißes Gewand mit einem goldenen Plastikgürtel. Ich kniete mich hin, um es mir genauer anzusehen. Dann öffnete ich die Verpackung und befühlte den Stoff. Er war billig und wahrscheinlich leicht entflammbar. Außerdem war es ein Kleid in Größe XL , und ich fragte mich, ob Jill im Nähklub genug gelernt hatte, um es für mich zu ändern. Es war nur noch eine knappe Woche bis zum Ball, daher drängte die Zeit.
»Ist es denn die Möglichkeit?«, ertönte eine Stimme neben mir. »Haben Sie mich nicht schon genug beleidigt, auch ohne auf diesen Müll zurückzugreifen?«
Über mir stand Lia DiStefano. Sie trug einen leuchtend roten Schal über ihrem gelockten Haar und eine voluminöse Bauernbluse, mit der ihr zierlicher Körper aussah, als hätte er Flügel. Lia sah mit kohlstiftumrandeten Augen missbilligend auf mich herab.
»Verfolgen Sie mich etwa?«, fragte ich und stand auf. »Jedes Mal, wenn ich in der Stadt bin, sind Sie auch da.«
»Wenn ich Sie verfolgen würde, hätte ich Ihnen nicht erlaubt, einen Fuß in diesen Laden zu setzen.« Sie zeigte auf das Kostüm. »Was ist das denn ?«
»Mein Outfit für Halloween«, antwortete ich. »Ich gehe als Griechin.«
»Es hat nicht mal die richtige Größe.«
»Ich werde es enger machen lassen.«
Sie schnalzte mit der Zunge. »Ich bin so entsetzt, dass ich nicht mal weiß, wo ich anfangen soll. Sie wollen ein griechisches Kleid? Ich werde Ihnen eins machen. Aber ein gutes. Nicht diese Monstrosität. Mein Gott! Die Leute wissen doch, dass Sie mich kennen. Wenn man Sie in diesem Ding sieht, wird das meine Karriere ruinieren.«
»Ja, weil das, was ich zu einem Highschool-Ball anziehe, wirklich über Ihre Karriere entscheiden wird.«
»Wann findet Ihr Ball denn statt?«, erkundigte sie sich.
»Samstag.«
»Das ist einfach«, erklärte sie, unterzog mich einer kurzen Musterung und nickte befriedigt. »Außerdem einfache Maße. Kleidet sich Ihre Schwester genauso schlicht?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, gab ich zu. »Sie hat davon gesprochen, im Nähklub ein Elfenkleid machen zu wollen. Ein blaues, glaube ich.«
Lia erbleichte. »Noch schlimmer. Ich werde ihr auch ein Kleid machen. Ihre Maße habe ich ja schon.«
Ich seufzte. »Lia, ich
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